Hof - Der Krimi boomt. Autoren verpacken längst nicht nur Mord und Totschlag in diese literarische Gattung, sondern auch Historie, Lust und Liebe, Gesellschaftskritik und vor allem Lokalkolorit. Aber der "kriminelle Freizeitplaner" ist denn doch ein Novum. Sechs Autoren aus dem bayerischen und sächsischen Vogtland haben sich daran versucht und eine Form gefunden, wie sie Krimi-Liebhaber dazu bringen können, sich in der Heimat etwas näher umzusehen. Die bayerische Premiere der diesjährigen Krimi-Literaturtage nutzten sie jetzt, um eine Anthologie von elf Kurzkrimis zu präsentieren, die allesamt in ländlicher Idylle spielen - in Hof, Plauen, Rehau und anderen Gegenden der Region. "Wer mordet schon im Vogtland?" lautet der Titel des Buches, das im Galeriehaus Hof vorgestellt wurde.

Überschattet war die Veranstaltung vom Tod des Hofer Autors Thanos Kießling. Sein Bild stand dem Publikum den ganzen Abend über vor Augen. Er, der sich vor allem als Lyriker sah, hatte durchaus auch ein Faible für Action und war selbst häufig Gast am Stammtisch der Krimiautoren. "Er war ein toller Kollege, wir wollten noch gemeinsam ein Buch machen", erzählt traurig Petra Steps, Autorin, Journalistin, Initiatorin der Krimi-Literaturtage und Herausgeberin des kriminellen Freizeitplaners. Der Hofer Roland Spranger verzichtete auf die Lesung aus seinem eigenen Kurzkrimi und trug stattdessen einige Gedichte Kießlings aus dessen letztem Buch "Zungenblut" vor. Um Liebe und Schmerz geht es da, "... denn die Kindheit ist immer der Beginn einer einsamen Tapferkeit". Und: "Vielleicht ist ja ein kurzes Lächeln in seiner Gegenwart das Einzige, das der Tod nicht verträgt."

Musikalisch stimmten Werner Weinelt und Gerhard Plietsch mit elektronischen Klängen und präpariertem Klavier auf die Lesung ein. Der "Klang-Thriller in zwei Kapiteln" hatte Hörspielqualität: Schlösser schnappen, Schlüssel klingeln, Schritte entfernen sich - spannende Musik, die Lust macht auf Krimi.

Als Erster enterte Gunnar Schuberth - ein Hofer, der in Nürnberg lebt - das Podium. Ein VW-Golf steht im Mittelpunkt seines Kurzkrimis "Der Kilometermillionär". Sein Besitzer fiebert dem Fest entgegen, mit dem der millionste gefahrene Kilometer gefeiert werden soll. Eine von ihm verehrte Schlagersängerin soll Ehrengast sein. Es fehlen aber ein paar Kilometer, die der Golf-Besitzer während einer Spritztour durchs Vogtland noch abfahren will. Doch ein entlaufener Sträfling macht ihm einen Strich durch die Rechnung.

Appetit auf mehr wollten die Autoren machen. Die skurrilen Charaktere, die sie entworfen haben, ein tüchtiger Schuss Humor und nicht zu dick aufgetragene Heimatliebe sind dazu durchaus angetan. Schließlich handelt es sich um versierte Erzähler, die schon mit so manchem Buch auf sich aufmerksam gemacht haben.

Manfred Köhler aus Lichtenberg etwa hat sich zu den Recherchen für seine Kurzkrimis "Snuff-Mobbing" und "Flutopfer" nach Hof und Greiz begeben. Ein Wärschtlamo wird von seinem Platz in der Hofer Altstadt vertrieben und zum Opfer eines Komplotts. Es geht um ein neues Tourismus-Magazin. Der zweite Krimi spielt in den Schlössern der Stadt Greiz. Er sei Schlösser-Fan, bekannte Köhler und legte vor allem jüngeren Leuten einen Besuch ans Herz - oder auch einen Blick in Köhlers Homepage, auf der eine ganze Reihe von Freizeittipps zu finden ist. Die gibt es auch im kriminellen Freizeitplaner: Im Anschluss an jeden Kurzkrimi werden die Besonderheiten der "Tatorte" beschrieben und dem Leser für eine Visite schmackhaft gemacht - rein zur Erbauung natürlich.

"Büchsenfieber" und "Plauener Spitzel" sind die Kurzkrimis von Christoph Krummbiegel aus Treuen betitelt. An diesem Abend amüsierte sich das Publikum über drei traurige Gestalten, die sich dem Geo-Caching verschrieben haben. Auf der Suche nach verborgenen Blechdosen kommen ihnen immer andere zuvor, ob sie nun am Wendelstein, im Schloss-turm von Auerbach oder an der Geigenbach-Talsperre zugange sind. Langsam geraten sie "in eine milde Form von Wahnsinn".

Petra Steps aus Zwickau war für die Recherche zu "Rosa muss weg" am Kornberg unterwegs. Es geht in dieser Geschichte um das Verschwinden einer Kartoffelkönigin. "Die Kartoffel verbindet die bayerischen mit den sächsischen Vogtländern in besonderem Maße", betonte sie.

Ganz offensichtlich gilt das auch für die Lust am Schreiben. Die Bücher, die Steps und ihr Team mitgebracht hatten, gingen jedenfalls weg wie warme Semmeln. 33 Aktivitäten stehen im Rahmen der Krimi-Literaturtage im Angebot - alle im sächsischen Vogtland, von dem Abend im Galeriehaus Hof abgesehen. Das könnte sich ändern, ist der Ruf dieser literarischen Veranstaltung erst einmal auch in Bayern weiter durchgedrungen. Die Autoren haben die Grenzen längst überschritten.

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Mehr unter www.krimi-literatur-tage.de

Snuff-Mobbing, Flutopfer.

Kurzkrimis von Manfred Köhler