Länderspiegel Frontmann der Airport-Gegner zieht sich zurück

Von Paul Winterer
Frontmann der Airport-Gegner zieht sich zurück Quelle: Unbekannt

Hartmut Binner ist das Gesicht des Kampfs gegen die dritte Startbahn. Über ein Jahrzehnt arbeitete er daran. Jetzt macht ihm die Gesundheit einen Strich durch die Rechnung.

 
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Freising - Das Urteil war gerade gesprochen, der Vorsitzende Richter hielt seine Kurzbegründung, als Hartmut Binner zu singen begann. "Gott mit dir, du Land der Bayern" stimmte er im Sitzungssaal an, und 200 Zuhörer sangen im Chor mit. Das hatte es noch nie gegeben, dass bei einer Urteilsverkündung die Bayernhymne gesungen wird. Ein sichtlich verärgerter Vorsitzender ließ den Saal räumen, doch Binner hatte auf seine Weise die gerichtliche Niederlage der Gegner einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen besungen.

Das war am 19. Februar 2014. Der gebürtige Freisinger war zu dem Zeitpunkt schon acht Jahre lang Sprecher des Aktionsbündnisses "AufgeMUCkt", in dem mehr als 80 Bürgerinitiativen gegen das umstrittene Milliardenprojekt im Erdinger Moos kämpfen. Jetzt zieht sich der mittlerweile 78-Jährige aus der ersten Reihe des Protestes zurück. Gesundheitliche Probleme zwingen Binner dazu, bei der Mitgliederversammlung des Aktionsbündnisses heute nicht mehr als Sprecher zu kandidieren.

Binner erinnert sich noch genau, wie 2006 an die 10 000 Demonstranten durch seine Heimatstadt zogen und der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser, CSU, von "ein paar Krakeelern" sprach, die nicht weiter beachtet werden müssten. Bei einer Kundgebung im Jahr darauf in München waren es schon doppelt so viele Teilnehmer - immer an vorderster Front mit der Armbinde und der Aufschrift "Ordner" dabei: Hartmut Binner als Gesicht der Startbahngegner.

Der mehrmalige Deutsche Meister im Faustball und frühere Leistungssportler war auch maßgeblich an der Organisation des Bürgerentscheids in der bayerischen Landeshauptstadt zur dritten Startbahn beteiligt. Die Projektgegner gewannen die Abstimmung vom Juni 2012 mit 54,3 Prozent. "Dafür danken wir den Münchnern noch heute", sagt Binner im Rückblick. Das ablehnende Votum sieht er als Faustpfand zur Verhinderung der dritten Startbahn.

Wo immer in den vergangenen Jahren CSU-Politiker auftraten, war Hartmut Binner schon vor ihnen da. Egal, ob beim Politischen Aschermittwoch oder den CSU-Winterklausuren im tief verschneiten Wildbad Kreuth - der Hüne mit dem weißen Vollbart und seine Mitstreiter hielten Transparente mit der Aufschrift "Nein zur dritten Startbahn" in die Höhe. Oder sie vermittelten Abgeordneten vor deren eigener Haustür mit dem Fluglärmgenerator den Krach einer dritten Startbahn.

Binner war 42 Jahre Polizeibeamter, lange Zeit davon als Ausbilder und zuletzt im Landeskriminalamt. "Ich war Schandi mit Leib und Seele", bekennt der 78-Jährige. "Ich bin stolz, dass ich als Staatsdiener gegen diesen Staat vorgehen darf, ohne Repressalien befürchten zu müssen." Er habe aber erst lernen müssen, vom loyalen Staatsdiener zum kritischen Demonstranten zu werden, "der nur noch wenigen Politikern Glaubwürdigkeit bescheinigt". Auch von Morddrohungen und Beschimpfungen ließ sich Binner nicht einschüchtern. Viel wichtiger war dem Ex-Polizisten, dass der Startbahn-Protest stets gewaltfrei blieb.

Erst einmal will er sich jetzt aber seiner Familie widmen, "die in all den Jahren des Widerstandes zu kurz gekommen ist". Und doch: "Der Kampf gegen die dritte Startbahn ist mein Lebenswerk, das ich nie aufgeben werde."

Der Kampf gegen die dritte Startbahn ist mein Lebenswerk, das ich nie aufgeben werde.

Hartmut Binner, scheidender

Sprecher des Aktionsbündnisses "AufgeMUCkt"


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