Kulmbach Cooles Image für die Mensa

Stefan Linß

Statt zu Pizza, Pommes und Leberkäs sollen Schüler zu gesünderen Speisen greifen. Damit das klappt, setzen Ernährungsforscher auf "Nudging".

 
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Kulmbach - Der Koch kann noch so ein Genie sein und der Geschmack der Speisen vortrefflich - wenn das Essen nicht cool genug rüberkommt, dann hat es keine Chance bei jungen Leuten. Was bei den Schülern auf dem Teller landet, hat nicht allein mit Qualität zu tun. Essen werde dann akzeptiert, wenn es zur jugendlichen Esskultur passt, sagt Ann-Katrin Hillenbrand vom Kompetenzzentrum für Ernährung ("Kern") in Kulmbach. "Deshalb wollen wir das Image der Schulmensa aufwerten", erklärt die Expertin.

Die neuen Mensa-Leitlinien

Die neuen bayerischen Leitlinien für die Schulverpflegung sollen die Mensa zu einem Genussort machen. Das Kompetenzzentrum für Ernährung ("Kern") in Kulmbach hat vier Leitgedanken für eine gute Verpflegung ausgearbeitet:

Gesundheit

Damit sich Kinder und Jugendliche gut entwickeln können, sind ausgewogene und gesunde Mahlzeiten von großer Bedeutung. Ziel soll es sein, dass jeder Schüler gerne zum gesunden Lebensmittel greift. Die Leitlinien dafür basieren auf dem Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung.

Wertschätzung

Schule und Speisenanbieter wollen mit gutem Essen begeistern. Sie gestalten mehr als nur den Speiseplan. Denn ein attraktives Schulessen schafft Wertschätzung für eine gesunde, regionale und nachhaltige Verpflegung. Das Thema bietet Anknüpfungspunkte für fächerübergreifendes Lernen.

Nachhaltigkeit

Eine nachhaltige Verpflegung stärkt die heimische Ernährungs- und Landwirtschaft. Sie schließt die Aspekte regional, saisonal, ökologisch, Fairtrade und Tierwohl ein. In jede Schulküche gehören Bio-Lebensmittel, idealerweise aus der Region.

Ökonomie

Preis und Qualitätsansprüche müssen im Einklang stehen. Wer hochwertige Lebensmittel einkauft und diese sorgfältig zubereitet, kann dies nicht zu Billigpreisen tun.

Der bayerische Ernährungsminister Helmut Brunner teilt mit, dass im Freistaat täglich fast 250 000 Kinder und Jugendliche in den Schulen zu Mittag essen. Die neuen Leitlinien für die Schulverpflegung sollen nun landesweit im Detail allen Verantwortlichen erläutert werden.

Das "Kern" hat im Auftrag des bayerischen Staatsministeriums für Ernährung und Landwirtschaft neue Leitlinien für die Schulverpflegung ausgearbeitet. Demnach kommt es auf Gesundheit, Genuss und Qualität sowie auf regionale und saisonale Herkunft an. Soweit zur Theorie. Doch damit das Mensa-Essen auch den Praxistest besteht, braucht es pfiffige Ideen.

Der Dönerimbiss, die Bratwurstbude oder der Pizzastand üben besonders auf die älteren Jahrgänge der weiterführenden Schulen oftmals eine größere Anziehungskraft aus als das Mittagsangebot in der Mensa. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung Bayern am Kulmbacher "Kern" hat schon mehreren Bildungseinrichtungen in der Region dabei geholfen, das Kantinenessen entscheidend aufzupeppen. Der Trick dabei heißt "Nudging".

Der englische Begriff "Nudging", abgeleitet aus "to nudge", bedeute so viel wie "anstupsen". Mit recht einfachen Mitteln werde eine clevere Essenswahl angestoßen und der Jugendliche dazu animiert, zur gesunden Speise zu greifen. "Dabei geht es um die Frage, wie ich dem Schüler Lust darauf mache, ohne seine Wahlfreiheit einzuschränken oder ihn zu bevormunden", sagt Ann-Katrin Hillenbrand.

Beispielsweise wird bei der Ausgabe am Buffet und auf der Tageskarte die gesündere Alternative in der Reihenfolge zuerst platziert. Der Laufweg der Mensa-Besucher geht immer an der Salattheke vorbei, und statt Süßigkeiten rücken Obst und selbst gemachte Nachspeisen stärker ins Blickfeld.

"Ein schönes Ambiente trägt dazu bei, dass die Mensa generell besser angenommen wird", sagt die "Kern"-Mitarbeiterin. Eine peppige Bestuhlung und Dekoration können helfen, dass die Akzeptanz steigt. "Wobei verschiedene Altersgruppen unterschiedliche Ansprüche haben", erklärt Ann-Katrin Hillenbrand. Ältere Schüler bevorzugen Stehtische und Barhocker, abgetrennte Bereiche und eine Lounge-Atmosphäre.

Weil es um ihre Mensa geht, sollten die Schüler auch mitbestimmen dürfen. Das Thema kann fächerübergreifend bearbeitet und mit dem pädagogischen Konzept in Einklang gebracht werden, schlägt Ann-Katrin Hillenbrand vor. Die Schüler basteln im Kunstunterricht ihre Mensa-Dekoration, sie werfen einen Blick hinter die Kulissen und lernen, wo die Lebensmittel herkommen.

"In den vergangenen Jahren hat sich in diesem Bereich viel getan", sagt die Expertin. Die Vernetzungsstelle des Kompetenzzentrums hat zahlreiche Schulen in der Region dabei begleitet, Kindern und Jugendlichen zu einer gesünderen Ernährung zu verhelfen.

Das Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium in Kulmbach nahm bereits im Schuljahr 2015/2016 als eine von 50 Bildungseinrichtungen teil. Schüler drehten unter dem Titel "Food TV" einen Beitrag über die eigene Mensa und thematisierten die Verpflegungssituation. Das Filmprojekt war ein Anstoß, der bis heute nachwirkt.

Prinzipiell ist den meisten klar, wie gesunde Ernährung funktioniert. Um den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung zu folgen, müssten viele mehr Gemüse und dafür weniger Fleisch essen. Auch den neuen Leitlinien für die Schulverpflegung stimmen wohl alle Sachaufwandsträger, Schulleitungen und Speisenanbieter zu. Und dennoch ist auch die beste Mensa nicht davor gefeit, dass sich die Schüler mittags in der Innenstadt lieber den schnellen und ungesunden Snack kaufen.

"Es gibt viele Stellschrauben, an denen man drehen kann", sagt Ann-Katrin Hillenbrand. Künftig wird Mensa-Marketing immer breiteren Raum einnehmen. Um einen beliebten Trend aufzugreifen, könnten in der Kantine Selbstbedienungstheken aufgebaut werden. Dort dürfen sich die Jugendlichen belegte Baguettes mit gesunden Zutaten selbst zusammenstellen. Nur wenn das Image passt, wird die Kantine der jugendlichen Esskultur auch gerecht.

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