Eigener Inhalt Die Smartphone-Eltern

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Haben Sie heute schon mit ihrem Kind gesprochen? Wie Kindergärten wegen Online-Mamas und Online-Papas auf die Barrikaden gehen.

 
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Ob im Wartezimmer, an der Bushaltestelle, vor dem Postschalter oder im Restaurant: Überall sieht man Menschen, die vertieft auf Displays blicken. Rund 88 Mal greift der Durchschnittsdeutsche täglich zum Smartphone. Und bevorzugt tut er das, wenn gerade nichts ansteht, wenn er warten muss. Oft haben diese Menschen dabei auch Kinder um sich. Meist ihre eigenen. Manche sind so jung, dass sie noch im Kinderwagen sitzen. Andere sind schon alt genug, um selbst zu laufen. Und ganz häufig sieht man diese Kinder dann auch drei, vier Meter weiter hinten langsam hinter Mama oder Papa hertraben.

Während Eltern E-Mails checken, telefonieren oder noch schnell eine WhatsApp-Nachricht versenden, blickt sich der Nachwuchs in der Gegend um, entdeckt einen besonders schönen Stein auf dem Gehweg und erzählt Geschichten. Reaktionen erhält er darauf jedoch immer seltener. Die Erwachsenen sind ja abgelenkt. Und zwar so sehr, dass nun auch schon Erzieher in Kindergärten Alarm schlagen.

Eine Kita in Hessen sorgt derzeit im Netz für Aufsehen, weil die Leitung dort ein Handyverbot ausgesprochen hat. Und zwar für Eltern. "Im Interesse einer guten Kommunikation in unserem Haus bitten wir Sie darum, Ihre Handys während des Bringens und Abholens nicht zu benutzen. Ihr Kind hatte einen erlebnisreichen Tag und möchte Ihnen gerne zeitnah davon berichten", steht auf einem Aushang am Eingang der Einrichtung.

Die Initiative der hessischen Leitung ist nicht die einzige Kampagne in diese Richtung. In Augsburg hat das Amt für Jugend und Familie 5000 Postkarten und mehr als 1000 Plakate mit der Aufschrift "Sprechen Sie lieber mit Ihrem Kind" drucken und verteilen lassen. Auch hier ist das Ziel, Eltern zu einem bewussteren Umgang mit dem Smartphone zu erziehen. Denn durch die Dauerpräsenz von Medien wachse die Gefahr, dass Mama und Papa das Bedürfnis ihrer Kinder nach Aufmerksamkeit, Blickkontakt und Zuwendung aus den Augen verlieren.

Gerade kleinere Kinder könnten laut Experten nicht einschätzen, mit wem Eltern am Telefon sprechen, warum sie dabei lachen, weinen oder Streit haben. In den ersten Lebensjahren vermittle außerdem einzig der Blickkontakt und die ungeteilte Aufmerksamkeit die dringend benötigte Sicherheit. Und dann ist da auch noch die Vorbildfunktion. Angesichts 300 000 Jugendlicher, die laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schon jetzt als internetsüchtig gelten, erlebe die noch jüngere Generation das Daueronline-Sein der Eltern immer häufig als Normalzustand, wachse regelrecht damit auf. Im Schulalter könne das dann sinkende Konzentrationsfähigkeit bei den Kindern zur Folge haben.


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