Hof Poesie für die Asylothek

Claudia Schmidt war zu Besuch bei der vielfach preisgekrönten Asylothek in Nürnberg. In Hof gründete die 23-Jährige eine Zweigstelle. Foto: -rai Quelle: Unbekannt

Claudia Schmidt gründet in Hof eine Zweigstelle des preisgekrönten Nürnberger Flüchtlings-Projekts. Sprachkurse und Bildung stehen im Vordergrund.

 
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Hof - Einen offiziellen Deutschkurs dürfen Menschen erst besuchen, wenn ihr Asylverfahren abgeschlossen ist. Das kann Wochen oder Monate dauern, vielleicht sogar Jahre. Die Flüchtlinge in der Neustädter Turnhalle hätten keine Chance auf Unterricht, gäbe es nicht ein paar Hofer, die nicht lange fackeln, sondern sich kümmern. "Die Menschen wollen lernen", sagt Claudia Schmidt: "Und das möglichst schnell. Sie wissen genau, dass die Sprache das Mittel dafür ist, sich zu integrieren und unsere Kultur kennenzulernen." Als bekannt wurde, dass die Regierung den Notfallplan aktiviert und Menschen in Turnhallen einquartiert werden, war der 23-jährigen Hoferin klar, dass sie helfen will. Ihre Eltern sind als sogenannte Aussiedler aus Polen nach Deutschland gekommen. "Das war für meine Eltern nicht immer leicht. Deshalb will ich es anderen Menschen leichter machen." Den richtigen Partner für ihr Engagement hat die junge Mutter und gelernte Ergotherapeutin in der preisgekrönten Nürnberger Asylothek gefunden. "Das ist etwas, in das ich mein Herzblut stecken kann." Kurzerhand gründete sie eine Hofer Zweigstelle.

Wie berichtet, geht die Initiative auf den Architekten Günter Reichert zurück. Er eröffnete vor drei Jahren auf eigene Faust in einer Nürnberger Gemeinschaftsunterkunft eine Asylothek. Was als kleine Bibliothek für Asylbewerber gedacht war, hat sich heute zu einem - rein ehrenamtlich geführten - Bildungszentrum entwickelt: Flüchtlinge können Deutsch lernen, es gibt eine Hausaufgabenbetreuung und weitere Bildungsangebote. Für sein Engagement bekommt Günter Reichert heuer den Bürgerpreis des bayerischen Landtags, er wurde zudem als "Deutscher Engagement-Botschafter" geehrt und ist bei Bundespräsident Joachim Gauck eingeladen.

Claudia Schmidt steckt mit der Hofer Asylothek noch in den Anfängen. Seit Kurzem gibt sie mit einer Mitstreiterin Deutschunterricht in der Neustädter Turnhalle. Damit ergänzt die Asylothek das private Engagement von Stefan Klein, Deutschlehrer und stellvertretender Schulleiter des Jean-Paul-Gymnasiums, der die Flüchtlinge schon seit drei Wochen unterrichtet.

Zu den Zielen der Hofer Asylothek gehören der Aufbau einer kleinen "Asyl-Bibliothek" mit Wörter- und Grammatikbüchern sowie das Ausweiten der Deutschkurse auf mehrere Gruppen. Claudia Schmidt sucht noch nach einem Raum, den sie für den Unterricht und die Bibliothek nutzen darf. Elf Helfer hat sie bereits gefunden, darunter Studenten, Erzieher, Mütter und Senioren. "Niemand von uns ist Lehrer für Deutsch als Fremdsprache." Das sei zunächst aber nicht wichtig, sagt sie - auch wenn einige der Flüchtlinge, darunter etliche Akademiker, so flink beim Lernen sind, dass sie den Helfern mit detaillierten Grammatik-Fragen schon mal Schweißperlen auf die Stirn treiben: "Sie fragen unheimlich viel. Sie saugen alles auf, und wollen konkrete Antworten", sagt Claudia Schmidt. Doch gehe es der Asylothek in erster Linie darum, die Flüchtlinge fit für den Alltag zu machen: "Dass sie einkaufen gehen und richtig grüßen können." Diese Woche nimmt die 23-Jährige einige zum Üben mit auf den Wochenmarkt.

Berührungsängste hatte die junge Frau nicht: "Die Leute sind unendlich dankbar", sagt sie: "Wenn man den Raum betritt und einen 20 Leute anstrahlen wie Honigkuchenpferde... - man bekommt so viel zurück." Dieser Tage haben sich die Männer, die vor fünf Wochen in Hof ankamen, mit einem kleinen Gedicht in - noch etwas holprigem - Deutsch
bedankt. Andrea Hofmann

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