TREBGAST – „Ja, schönen Abend“, begrüßt Wolfgang Niedecken das Publikum. Da steht er schon über zweieinhalb Stunden auf der Bühne des Trebgaster Festival-Zelts. Doch Niedecken, einer der prominentesten deutschen Rock-Sänger und Chef der seit Jahrzehnten erfolgreichen Kölner Band „BAP“, hat sich in der Zeit davor komplett zurückgenommen. Er ist, wie er sagt, an diesem Sonntagabend zuallererst „im Auftrag des Herrn unterwegs“.

Überlebensgroß schaut ihm dieser von der Projektions-Leinwand über die Schulter: Bob Dylan. Aus Dylans Lebenserinnerungen liest Niedecken, Dylans Lieder singt Niedecken. Ganz nah am Original, nur mit Akustik-Gitarre und Mundharmonika, gefühlvoll und doch mit unbändiger musikalischer Kraft. Eine Verneigung in Respekt, ja, Ehrfurcht fast, vor der amerikanischen Songwriter-Legende, aber mit genügend Drive, um die Stücke nicht nur im Kopf, sondern auch im Bauch ankommen zu lassen.

Das Publikum feiert beide: den Autor und seinen Interpreten. Viele sind wegen Dylan gekommen, quittieren die ersten Zeilen eines jeden Songs mit erkennendem Kopfnicken. Viele wollen aber vor allem auch Niedecken sehen. Mitten in „Like A Rolling Stone“ branden Jubelschreie auf, als der „BAP“-Frontmann endlich ins Kölsch wechselt und den Song als „Wie ‘Ne Stein“ zu Ende bringt.

Lächelnd und dankbar nimmt Niedecken die stehenden Ovationen der über 400 Besucher entgegen. Nach gut zweieinhalb Jahren geht seine Dylan-Hommage-Tour am Ufer des Trebgaster Badesees zu Ende. Wohl ein emotionaler Moment für den 56-jährigen Künstler, der dem Mythos aus Minnesota sein Leben im Rampenlicht verdankt. „Ohne Dylan wäre ich vermutlich nie Musiker geworden“, sagt Niedecken.

Mit enormem Einfühlungsvermögen setzt Vorleser Niedecken die Akzente, schildert, wie sich Dylan schon in der ersten Pressemitteilung seiner Plattenfirma zur Legende stilisiert, wie er den Mythos im Spiel mit den Medien ausbaut, dann aber an der ihm angehafteten Übermenschlichkeit zu zerbrechen droht. Den scheinbar unablässig mürrischen Egozentriker entlarvt Niedecken mit seiner Textauswahl auch als gewitzten Schalk im Nacken der Musikindustrie. Ein Dylan-Abend zum Schmunzeln also. Da könnte selbst der Meister von seinem Huldiger noch etwas lernen.

In einem ausführlichen Frankenpost-Interview hat "BAP"-Chef Wolfgang Niedecken im Vorfeld des Auftritts in Trebgast von seinen Erlebnissen mit dem großen Vorbild erzählt. Sie finden es hier:

"Im Auftrag des Herrn unterwegs"