«Selfies» - Jussi Adler-Olsen und Carl Mørcks siebter Fall

Nach zwei Jahren Pause erscheint mit dem Krimi „Selfies“, der siebte Fall für den Kopenhagener Polizisten Carl Mørck. Darin schreibt Thriller-Star-Autor Adler-Olsen über eine Clique junger Frauen aus der Unterschicht und ein Verbrechen, in das sie verwickelt wird – und ging damit in Deutschland sofort auf Nummer 1 der Charts. Adler-Olsen macht in dem Buch - das nach «Erbarmen» (Erstveröffentlichung 2008), «Schändung» (2008), «Erlösung» (2009), «Verachtung» (2010), «Erwartung» (2012) und «Verheißung» (2014) nur vom Titel her etwas aus der Reihe fällt - sein Versprechen wahr, auch die Geheimnisse um die Ermittler des Sonderdezernates nach und nach aufzudecken.

Den Anfang macht Rose, die toughe Assistentin mit der komplizierten Persönlichkeitsstruktur - und einer noch
komplizierteren Beziehung zu ihrem sadistischen und vor Jahren gestorbenen Vater. «Roses Geheimnis, das dunkler ist als alles, was das Sonderdezernat Q bislang erlebt hat», heißt es im Klappentext und das ist nicht zuviel versprochen. Roses Schicksal ist aber nur ein kleiner Teil in einer wahren Flut von krimineller Energie, mit der es Carl Mørck und sein Assistent Assad im neuen Buch zu tun bekommen. «Selfies» ist nicht, wie auf dem Buch angekündigt, «der siebte Fall für Carl Mørck», sondern eigentlich Fall sieben, acht, neun, zehn und elf. Allerdings hängt in diesem Buch alles irgendwie - mal mehr, mal weniger einleuchtend - zusammen.
Alles fängt an mit einer älteren Dame, die erschlagen in einem Kopenhagener Park gefunden wird. Ein Fall, der unheimliche Ähnlichkeiten aufweist mit einem ungeklärten Mord vor einigen Jahren.

Damals lag eine hübsche Lehrerin ebenfalls erschlagen im Park, von ihrem Mörder fehlte jede Spur. Fast zeitgleich macht ein Autofahrer Jagd auf junge Frauen, die Sozialhilfe beziehen und sich gerne schminken. Nach und nach kommen die Ermittler immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Fällen auf die Spur. Manches wirkt dabei etwas konstruiert - spannend ist es trotzdem. Auch «Selfies» dürfte nicht der letzte Fall für Mørck gewesen sein. Nach «Erbarmen», «Schändung», «Erlösung», «Verachtung», «Erwartung»
und jetzt eben «Selfies» soll es weitergehen. Insgesamt plant der Autor zehn Bände. «Viele Krimi-Autoren schreiben Fortsetzungen mit den immer gleichen Ermittlern, aber die Geschichte entwickelt sich
nicht», sagte Adler-Olsen einmal im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Meine Bücher kann man dagegen als zehn Kapitel eines einzigen Buches verstehen.» Weil in Buch sieben auch die mysteriöse
Aura, die Assad umgibt, und die Geheimniskrämerei um seine Vergangenheit immer wieder thematisiert werden, liegt zumindest die Vermutung nahe, dass sich der nächste Band aus der Reihe um ihn
drehen könnte.

Cyber-Thriller über ein düsteres Phänomen: «Dark Web»

Ebenfalls in einer geheimnisumwitterten Umgebung spielt sich der Thriller „Dark Web“ von Veit Etzold ab. Im Mittelpunkt der Story steht ein Aktienhändler, dessen Geschäfte schlecht laufen. Um seine Verluste auszugleichen, begibt er sich ins Dark Net, wo er schon bald mit Waffen und Drogen handelt. Dort begegnen ihn auch beunruhigende Informationen über eine populäre neue Suchmaschine, die die Daten der Nutzer für düstere Zwecke umleitet. Als Gegenspielerin tritt eine Geheimdienst-Mitarbeiterin auf, deren Behörde selbst nicht über die Ausmaße des Datendiebstahls orientiert ist. Etzold hat einen spannenden, zeitgemäßen Thriller geschrieben, der immer wieder mit neuen Wendungen überrascht und auch für Leser interessant sein dürfte, die mit der Materie wenig vertraut sind.

Glänzender Nordirland-Krimi: «Rain Dogs»

Einen glänzenden Nordirland-Krimi präsentiert wiederum Adrian McKintys: Sein neuer Roman „Rain Dogs“ mit Inspector Sean Duffy gilt als ein Höhepunkt der Serie. Bissig und schlagfertig agiert der Held, wie auch das ganze Buch mit Wortwitz glänzt. Als Katholik Polizist im protestantischen Nordirland zu sein, ist schon schwierig genug. Ganz besonders jedoch in den 1980er Jahren, als der Bürgerkrieg neue Höhepunkte erreicht. Inspector Sean Duffy ist so ein Polizist. Seine Freundin verlässt ihn, ein befreundeter Beamter wird von der IRA ermordet, doch Duffy macht weiter. Dann ein neuer Fall: Eine Journalistin wird tot aufgefunden, angeblich Selbstmord. Nur Duffy vermutet Mord und sticht in ein Wespennest, denn die Journalistin hat wegen Kindesmissbrauchs in den höchsten gesellschaftlichen Rängen recherchiert. Das triste Leben im Nordirland der sogenannten Troubles wird bestens eingefangen. Die permanente Lebensgefahr für die Polizeibeamten als Vertreter der verhassten britischen Herrschaft ist ständig präsent, so dass die Handlung fast zur Nebensache gerät.

Im Auftrag von Goebbels: Philip Kerrs Thriller «Operation Zagreb»


Weiter geht es mit dem neuen historischen Thriller des schottischen Autors Philip Kerr mit Bernie Gunther: „Operation Zagreb“ ist ein spannender Roman mit spektakulären Wendungen, der im dritten Reich spielt. Im Kriegsjahr 1942 beauftragt Propagandaminister Joseph Goebbels den Polizisten Bernie Gunther damit, den Vater der Schauspielerin Dalia Dresner in Kroatien zu suchen. Goebbels möchte sie für einen Film gewinnen. Dresner hat allerdings zur Vorbedingung gemacht, ihren verschollenen Vater für sie zu finden. Der Vater entpuppt sich jedoch als Massenmörder der faschistischen Ustascha. Aus Taktgefühl verschweigt Bernie der Tochter die schockierende Wahrheit und berichtet ihr, der Vater sei tot. Die Schauspielerin setzt sich daraufhin in die Schweiz ab. Goebbels ist außer sich, Bernie soll sie um jeden Preis nach Berlin zurückholen. Störend, weil unrealistisch, ist lediglich die permanente öffentliche Regimekritik des Protagonisten selbst gegenüber Nazigrößen wie Goebbels. Im Dritten Reich sind Oppositionelle schon für weitgehend geringere Vergehen verschwunden.


Erfolg und Verbrechen Hand in Hand: «Korrosion» von Peter Beck

Mit einem überraschenden Problem beginnt der Roman „Korrosion“ des Schweizer Schriftstellers Peter Beck. Eine wohlhabende alte Frau ist ermordet worden, und ihre Kinder können das Erbe erst antreten, wenn geklärt ist, welches von ihnen einst für den Tod des Vaters verantwortlich war. Der Sicherheitschef der Privatbank, die das Vermögen verwaltet, reist durch halb Europa, um die nötigen Informationen zu finden. Dadurch gerät er in eine ganze Reihe gefährlicher Situationen, die er kompetent und mit stoischer Gelassenheit meistert. Im Verlauf seiner Recherchen kommen viele dunkle Geschehnisse zutage, die nur erahnen lassen, mit welchen Mitteln das Vermögen zustande gekommen ist. Eingeflochten in diese Geschichte ist die Erzählung eines jungen Sudanesen, der von seiner Flucht nach Europa berichtet. Lange Zeit bleibt unklar, wie die einander abwechselnden Handlungsstränge zusammengehören. Aber sie passen in diesem hervorragend konstruierten Thriller bestens zusammen.