Fichtelgebirge Die Luisenburg sucht die Super-Sau

Was wird aus dem Traum vom schönen Show-Schwein? Rampensäue sollen sich um eine originalgetreue Geräuschkulisse in Thomas Berhards Stück "Theatermacher" auf der Freilichtbühne in Wunsiedel kümmern. Doch dies gestaltet sich komplizierter als gedacht. Quelle: Unbekannt

Grunzende Schweine sollen bei Aufführungen des "Theatermachers" in Wunsiedel für passende Hintergrundgeräusche sorgen. Tierschützer halten dies für saumäßigen Stress.

 
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Wunsiedel - Anderswo sind Möpse in - in Wunsiedel nicht. Die Festspielstadt ist auf das Schwein gekommen. Seit Tagen berichten Medien unter dem Motto "Rampensau gesucht" über Pläne des Luisenburg-Dramaturgen Georg Mellert. Er will echte Tiere auf die Freilichtbühne holen. Drei oder vier "möglichst hand- und leinenzahme Schweine" sollen bei Thomas Bernhards "Theatermacher" für atmosphärischen Hintergrund sorgen - ein Schweinekoben spielt in dem Stück eine zentrale Rolle. Laut Mellert müssten die gesuchten Tiere in der Lage sein, "ein möglichst naturalistisches, plötzliches anschwellendes Schweinegrunzen" hinzukriegen.

Gibt es hoffnungsvolle Anwärter für die Grunz-Einsätze im "Theatermacher"? Dramaturg Mellert spricht von "zwei bis drei Zuschriften - also noch viel Luft nach oben". Nachdem er sein säuisches Stellenangebot am Freitag veröffentlicht hatte, suchten mehr Medienschaffende als Schweinemäster das Gespräch mit ihm. "Gruppen- wie Einzelbewerbungen mit aussagekräftigem Bildmaterial sowie sachdienliche Hinweise" nimmt der Theatermann bis 20. Mai entgegen.

"Ich gebe bestimmt keines meiner eigenen Tieren dahin", sagt Eveline Klose, Vorsitzende des Tierschutzvereins Wunsiedel-Marktredwitz. Sie hält selbst Hängebauch- und Minischweine.

Schweine seien sehr stressanfällig. Sie sei zwar keine "hundertprozentige Expertin", wisse jedoch, dass sich diese Tiere nicht auf Kommando äußerten. "Meine Schweine grunzen oder quieken nur, wenn sie Futter wollen." Also müsse man die Bühnen-Schweine vor Vorstellungen hungern lassen, damit sie sich termingerecht meldeten. "Ich stehe dieser Idee sehr skeptisch gegenüber", sagt die Tierschützerin.

Seit der Veröffentlichung des Spielplans fürchten Lokalpolitiker ohnehin, dass Intendant Michael Lerchenberg in seiner Luisenburg-Abschieds-Saison nur in die Hauptrolle des Theatermachers schlüpft, um Parallelen zu Wunsiedel herzustellen und seine private Provinz-Abrechnung zu präsentieren. Lautstarke Äußerungen des Publikums sind also nicht auszuschließen. "Ungewohnte Aufregung kann bei Schweinen sogar zum Tode führen", warnt Klose.

Dramaturg Mellert beschwichtigt: Zum einen erwarte er keine Buhrufe - höchstens Beifallsstürme. Zum anderen suche er keine Zuchtschweine, die noch nie ihren Stall verlassen hätten, sondern Tiere "mit einem dicken Fell, die Menschen gewöhnt sind". Der Halter, also die Bezugsperson, solle bei allen sieben "Theatermacher"-Aufführungen sowie den Proben dabei sein. Wünschenswert findet Mellert "Schweine, die aufs Wort parieren". Wenn die Vorgabe "anschwellendes Grunzen" nicht funktioniere, müsse man den Sound eben mit Lautsprechern verstärken.

Die Festspiele berücksichtigten selbstverständlich alle Bedingungen des Tierschutzes, versichert der Dramaturg. Die Schweine könnten sich auf der Naturbühne wohlfühlen - sie würden artgerecht gehalten. Wie im "Theatermacher" vorgegeben, werde ein Schweinekoben gebaut, zweimal zwei Meter groß. Es gebe die Möglichkeit, die Tiere vor jeder Vorstellung über die Laderampe und den Lastenaufzug direkt auf die Freilichtbühne zu fahren, sagt Mellert. "Wir planen keine Schweine-Prozession durch den Zuschauerraum."

Mit ihrer Schweine-Sehnsucht ist die Freilichtbühne über dem Städtchen nicht allein. Auch das Luisenburg-Gymnasium wollte Säue beherbergen, um für eine praktische Komponente in der kopflastigen Ausbildung zu sorgen. Der Bauernverband hatte bereits zugesagt, seine fünf hochfränkischen Tournee-Schweine im Wunsiedler Pausenhof zu stationieren - samt fahrbarem Stall, dem sogenannten Schweine-Mobil.

Doch wegen Termin-Überschneidungen müsse das Schul-Gastspiel ausfallen - die Säue seien überbucht, bedauert der Wunsiedler BVV-Kreisobmann Harald Fischer. Dafür gastiere das Schweine-Mobil am 20. Mai bei der Veranstaltung "Mittag am Markt" am Wunsiedler Marktplatz. Der Bauernverband bietet hier gebratene Schnitzel und lebende Schweine. Später lasse sich der Besuch im Gymnasium auch nicht nachholen, denn etliche Veranstaltungen im Landkreis Hof warteten auf die mobilen Super-Säue, bedauert Fischer.

Diese Tiere mit reichlich Öffentlichkeits-Erfahrung würden perfekt auf die Luisenburg-Bühne passen. Doch Obmann Fischer winkt ab: Nach ihrer Tournee durch Hochfranken dürften die fünf mobilen Stars des Bauernverbands ungestört bei einem heimischen Landwirt vor sich hingrunzen, sooft und wann immer sie möchten - ohne Regieanweisung.

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