Kulmbach Politiker als Reinigungskräfte

Gabriele Fölsche
Konzertierte Putz-Aktion der Politprominenz aus dem Landkreis am Bahnhof in Kulmbach: Unser Bild zeigt (vorne von rechts) die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, die Landtagsabgeordneten Martin Schöffel, Inge Aures und Ludwig von Lerchenfeld, Oberbürgermeister Henry Schramm und Landrat Klaus Peter Söllner sowie Mitarbeiter des Baubetriebshofes bei der Reinigung der Unterführung, die zu den Gleisen der Hauptstrecke führt. Foto: Gabriele Fölsche Quelle: Unbekannt

Der Bahnhof Kulmbach ist in einem desolaten Zustand. Was Abgeordnete von Bund und Land, den Landrat und den OB noch mehr ärgert: Die Bahn wimmelt ihre Forderung nach Barrierefreiheit ab.

 
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Kulmbach - Sorglos Reisen mit der Bundesbahn, war einst ein Werbeslogan des Unternehmens. Die versprochene Sorglosigkeit endet an der Kulmbacher Station für Menschen mit Handicap, schweren Koffern oder gar Kinderwagen, bereits beim Zugang zu den Zügen. Steile Treppen müssen überwunden werden - eine Rampe oder gar einen Aufzug gibt es nicht und in der schmuddeligen Unterführung schlägt dem Reisewilligen ein muffeliger Geruch entgegen. Der Bahnhof bietet Hindernisse für den Kunden und ist schon lange kein Schmuckstück mehr.

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Der Kreisrat und frühere Landtagsabgeordnete Wolfgang Hoderlein ist stinksauer, dass die Bahn nicht in den Bahnhof Kulmbach investiert, wofür er sich seit 2007 einsetze.

Das liege an einem Vertrag zwischen der Bahn und der bayerischen Staatsregierung, wonach Investitionen nach einer Kategorisierung vergeben werden. 2008 war Kulmbach in Kategorie 5: Ausbau frühestens 2011, sagte die Bahn damals.

Heute sei Kulmbach immer noch in Kategorie 5, wobei Hoderlein anzweifelt, ob die Zahl der Fahrgäste das richtige Kriterium für Investitionen in Barrierefreiheit sei. Man müsse auch die Zahl der Behinderten, die die Bahn nutzen (wollen), berücksichtigen.

Völlig unverständlich ist für Hoderlein, dass Kulmbach als Oberzentrum nicht höher eingestuft werde, als beispielsweise Kronach.

"Der Kulmbacher Bahnhof soll endlich barrierefrei werden", dafür kämpft Oberbürgermeister Henry Schramm zusammen mit den örtlichen Abgeordneten - und das seit Jahren. Bei einem gemeinsamen Ortstermin schlüpften Oberbürgermeister Henry Schramm, die Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, die Landtagsabgeordneten Inge Aures, Ludwig von Lerchenfeld, Martin Schöffel und Landrat Klaus Peter Söllner in Gummistiefel und nahmen die Schrubber in die Hand. Sie wollen erneut ein Signal der Geschlossenheit nach Berlin und München senden.

Fakt ist: Der Kulmbacher Bahnhof muss saniert werden. Oberbürgermeister Schramm, dem das Thema seit 2007 schwer im Magen liegt, sagt: "Der Bahnhof Kulmbach ist einer der letzten seiner Größenordnung in Bayern, der nicht barrierefrei zugänglich ist. Für die täglich etwa 1600 Reisenden eine schwierige Situation." Schramm führte aus, dass die steilen Treppenanlagen ein fast unüberwindbares Hindernis vor allem für Familien mit Kinderwagen, Menschen mit Handicap, ältere Mitbürger und Fahrradfahrer darstellen. "Auch der bauliche Gesamtzustand und die Sauberkeit des Bahnhofgeländes lassen sehr zu wünschen übrig", schüttelt das Stadtoberhaupt den Kopf. "Gerade im ländlichen Raum mit seinem demographischen Herausforderungen ist es von enormer Bedeutung, eine intakte Infrastruktur vorzuhalten. Zudem hat Kulmbach als Oberzentrum eine zentrale Funktion für das Umland."

Henry Schramm, der Stadtrat sowie die Abgeordneten und Landrat Klaus Peter Söllner wollen den unhaltbaren Zustand nicht mehr tolerieren und bündeln ihre Kräfte. Der Stadtrat hat in seiner jüngsten Sitzung bereits eine Resolution für die barrierefreie Sanierung des Bahnhofes verabschiedet - und auch der Kreistag hat sich dieser Initiative angeschlossen. Landrat Söllner sagt: "Wir sind an der Seite der Stadt. In unserer Resolution treten wir zudem für den Ausbau und Elektrifizierung der Strecke Hof-Nürnberg sowie der vollständigen Elektrifizierung und westlichen Anbindung der Region über den zentralen Knotenpunkt Neuenmarkt/Wirsberg ein." Zudem fordert der Landkreis die Wiederherstellung des durchgehenden zweiten Gleises zwischen Marktschorgast und Stammbach und durchgehende Zweigleisigkeit von Hof über Neuenmarkt/Wirsberg bis Bayreuth beziehungsweise Schnabelwaid. "Mit der Aufwertung des Oberzentrums Kulmbach ist langfristig wieder eine Einbindung in den Fernverkehr anzustreben", sagte Söllner.

Hinsichtlich der Sanierung des Bahnhofes, sagte Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner, dass der erste Schritt sei, die Gelder für die Planung zu bekommen, um in das Bundesprogramm aufgenommen zu werden. 8,6 Millionen würde der Umbau kosten, die sich zuversichtlich hinsichtlich der Sanierung zeigte.

Landtagsabgeordneter Martin Schöffel sagte: "Der Bahnhof muss mit einem barrierefreien Zugang in einen ordentlichen Zustand versetzt werden, wir hoffen nun mit politischen Druck etwas bewegen zu können." Landtagsabgeordneter Ludwig von Lerchenfeld ergänzte: "Nur in der Kombination mit Bund und Land können wir das Problem angreifen."

Landtagsabgeordnete Inge Aures ist empört: "Nicht einmal ein Stück Blech als Transporthilfe für Koffer oder Kinderwagen ist übrig. Es kann nicht sein, das sich Kulmbach mit so einem Bahnhof zufrieden geben muss. Deshalb diese gemeinsame Aktion - denn Papier ist geduldig."

Das beweisen die zahlreichen Schreiben die von Mandatsträgern an die Deutsche Bahn oder die Staatsregierung in den vergangenen zehn Jahren geschrieben wurden. Keimte in Kulmbach in den vergangen Jahren kurz Hoffnung, weil die Kulmbacher Station auf Platz 43 von 50 Bahnhöfen lag, die saniert werden sollten, hatte sich dies zerschlagen, weil die Gelder nicht ausreichten. Seither wird Kulmbach vertröstet oder abgewiesen: Denn wie Staatsminister Joachim Herrmann am 6. November 2015 schrieb:: "Die Bahnhofsanlagen befinden sich aus Sicht der Deutschen Bahn in einem vergleichsweise guten baulichen Zustand." Wie der zahlende Kunde in Kulmbach mit dem Rollstuhl, schwerem Gepäck oder mit Kinderwagen über die steilen Treppen den Zug erreicht, ist ja scheinbar aus Sicht der Bahn sein eigenes Problem.

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