Münchberg "Wir löschen alle mit Wasser"

Helmut Engel
Interview: mit Martin Wilske, Vorsitzender des Werkfeuerwehrverbandes Quelle: Unbekannt

In Münchberg treffen sich morgen die Chefs der bayerischen Werksfeuerwehren. Sie beschäftigen sich auch mit dem Einsatz bei Terror, sagt Verbandsvorsitzender Martin Wilske.

 
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Herr Wilske, warum findet die Jahrestagung ausgerechnet in der Münchberger Judo-Halle statt? Im Landkreis Hof gibt es doch nur eine Werkfeuerwehr.

Tagungs-Infos

Die Gäste : etwa 180 Führungskräfte der bayerischen Werksfeuerwehren, die über 9000 Werk- oder Betriebsfeuerwehrangehörige vertreten.

Die Themen : Thomas Riedl vom SV-Büro Süd referiert über "Objektfunkanlagen", Dr. Olaf Grebner von mobilion.eu klärt über den "Brandschutz 4.0" auf, Polizeirat Matthias Riedel vom Polizeipräsidium Mittelfranken spricht über "Betriebliche Feuerwehren bei polizeilichen Gefahrenlagen".

Mit unserer jährlichen Landestagung wechseln wir immer zwischen den sieben bayerischen Bezirken. Und wir brauchen eine ausreichend große Halle. Dabei spielt die Anzahl der Werkfeuerwehren für uns nur eine untergeordnete Rolle.

Wie sind Sie auf die Judo-Halle in Münchberg gestoßen?

Unser Bezirkssprecher in Oberfranken, Jürgen Günther, und unser Geschäftsführer, Stefan Deschermeier, sind für die Organisation der Landestagung verantwortlich. Da Jürgen Günther auch der Leiter der Werkfeuerwehr Neutex Home Deco in Münchberg ist, hat sich Münchberg also angeboten.

An der Tagesordnung stehen Themen wie "Objektfunkanlagen" oder "Brandschutz 4.0". Sind diese Themen auch für die Freiwilligen Feuerwehren wichtig?

Absolut! Die Unterschiede zwischen Werk- oder Betriebsfeuerwehren und den öffentlichen Feuerwehren sind meistens kleiner als erwartet. Wir löschen alle überwiegend mit Wasser. Das Besondere an Werk- oder Betriebsfeuerwehren sind die umfassenden Kenntnisse im Unternehmen, die schnellen Eingreifzeiten und zum Teil spezielle Ausrüstung, die die Norm-Ausstattung ergänzt.

Wozu werden Objektfunkanlagen benötigt?

Um die Funkkommunikation auch in sehr großen Gebäuden oder baulichen Anlagen sicherzustellen. Diese Anlagen gibt es auch oft im öffentlichen Bereich, insbesondere bei unterirdischen Verkehrsanlagen oder auf Flughäfen. Auch wenn eine öffentliche Feuerwehr eine Werkfeuerwehr in Ernstfall unterstützt, greifen sie auf diese Technik zurück. Insbesondere mit der Umstellung auf den Digitalfunk ergeben sich zu den Objektfunkanlagen viele Fragen und ein erheblicher Diskussionsbedarf.

Die digitale Entwicklung macht also auch vor dem Brandschutz nicht halt?

Ja. Erste Apps und weitere Software haben bereits Einzug gehalten - sowohl in den abwehrenden Brandschutz bei den Feuerwehren als auch in den vorbeugenden Brandschutz. Diese Entwicklung wird in einer unglaublichen Geschwindigkeit weiter gehen und wir im Brandschutz müssen versuchen "am Ball" zu bleiben. Das wird sicher für alle Beteiligten eine große Herausforderung. Das ist auch mit vielen neuen Möglichkeiten und Chancen verbunden.

Ein Thema der Tagung wird auch "Betriebliche Feuerwehren bei polizeilichen Gefahrenlagen" sein. Was versteht man darunter?

Polizeiliche Gefahrenlagen sind leider in der letzten Zeit wieder verstärkt in den Vordergrund getreten. Unter diesem Begriff lassen sich insbesondere auch die Amok- oder Terrorangriffe der letzten Monate zusammenfassen. Diese Lagen sind für alle Einsatzkräfte eine besondere Belastung und bedürfen einer speziellen Ausbildung und Vorbereitung.

Inwiefern sind die betrieblichen Feuerwehren davon betroffen?

Entweder direkt, wie an den Flughäfen. Aber auch indirekt, wenn sie von den öffentlichen Feuerwehren zur Hilfe angefordert werden. Wir wollen mit diesem Thema hier eine erste Sensibilisierung erreichen, mit dem Ziel, dass sich die Verantwortlichen in den Feuerwehren entsprechende Gedanken machen.

Sind Aktive der Werkfeuerwehren denen der Freiwilligen Feuerwehren bei Einsätzen gleichgestellt?

Die Mitarbeiter in den Werkfeuerwehren sind Angestellte des jeweiligen Unternehmens. Im Gegensatz zu den öffentlichen Feuerwehren sind sie also auch über das Unternehmen versichert. Im Einsatzfall haben die öffentlichen Feuerwehren etwas mehr Rechte als eine Werkfeuerwehr, dass betrifft insbesondere den rechtlichen Rahmen, den der Einsatzleiter ausschöpfen kann.

Wie sieht das bei der Kostenerstattung für Rettungseinsätze aus?

Das Thema beschäftigt uns leider schon lange. Es gibt in Bayern zehn Werkfeuerwehren, die den öffentlichen Rettungsdienst auch außerhalb des Werksgeländes unterstützen. Teilweise haben diese Werkfeuerwehren bis zu tausend externe Einsätze pro Jahr, was natürlich zu erheblichen Kosten im Unternehmen führt. Von den öffentlichen Trägern des Rettungsdienstes werden diese Kosten aber nicht erstattet.

Geht es den betroffenen Unternehmen dabei um eine zusätzliche Einnahmequelle?

Nein, es geht ihnen lediglich um eine Kostendeckung. Ein öffentlicher Rettungswagen kostet ungefähr 600 Euro pro Einsatz, den Werkfeuerwehren werden aktuell aber nur 17,90 Euro und ein Kilometergeld zugesprochen.

Mit welchem Betrag wären die Kosten gedeckt?

Mit 300 Euro. Bei bayernweit etwa 3500 extern geleisteten Rettungsdiensteinsätzen von Werkfeuerwehren ist das eine erhebliche Belastung der Unternehmen.

Ist die Tagung eine geschlossene Veranstaltung?

Der Vormittag ist eine öffentliche Veranstaltung. Als Gäste haben wir auch die Feuerwehrführung des Landkreises Hof eingeladen, außerdem natürlich Vertreter des Landesfeuerwehrverbandes Bayern, der die freiwilligen Feuerwehren ja vertritt. Grundsätzlich haben wir auf unseren Tagungen aber immer noch ein paar Plätze frei, so dass wir uns vormittags auch über weitere Besucher aus den örtlichen Feuerwehren oder interessierte Private sehr freuen. Auch unsere Ausstellung ist während der gesamten Veranstaltung auch für die Öffentlichkeit zugänglich.

Was gibt es dort zu sehen?

Die gesamte Bandbreite des betrieblichen Brandschutzes. Das beginnt bei Firmen mit Produkten des vorbeugenden Brandschutzes, wie zum Beispiel Brandschutz-Tore oder Löschanlagen. Der Schwerpunkt liegt aber in der Ausstattung für den abwehrenden Brandschutz, also für die Feuerwehren. Außerdem zu sehen sind Feuerwehrbekleidung, Atemschutzgeräte, Chemikalienschutz, Schaumzumischsysteme, Rettungsgeräte und eine kleine Fahrzeugausstellung im Außenbereich. Besonders interessant ist eine Innovation im Bereich der Feuerlöscher, nämlich Feuerlösch-Sprays und wartungsfreie Feuerlöscher. Die Fragen stellte

Helmut Engel

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