Herr Hohenberger, welche Chancen bietet die Digitalisierung für Existenzgründer?
Gute Ideen finden auch Geld. Davon ist Hermann Hohenberger, Geschäftsführer des Hofer Digitalen Gründerzentrums, überzeugt. Er motiviert Startupper zum Größerdenken.
Herr Hohenberger, welche Chancen bietet die Digitalisierung für Existenzgründer?
Durch die technischen Errungenschaften sind die Voraussetzungen für Gründer so günstig wie nie. Informationen sind leichter und allzeit verfügbar; die Vernetzung von Menschen, Maschinen und Prozessen funktioniert schneller. Durch die Digitalisierung ergeben sich auch ganz neue Geschäftsmodelle: zum Beispiel die Entwicklung von Apps. Und die Einstiegskosten für eine gute Idee im Online-Bereich sind relativ gering: Es braucht zunächst nicht mehr als einen Computer und einen Server. Auch Milliardenkonzerne wie Facebook oder Google haben ihre Anfänge in einem Studentenwohnheim beziehungsweise in einer Garage vor zwei Rechnern genommen. Wer vor der Digitalisierung ein Geschäft eröffnen wollte, musste da schon wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen – für eine gewisse Grundausstattung oder die Ladenmiete. Auch was das Startkapital betrifft, bietet das Internet neue Chancen durch Finanzierungsmodelle wie Crowdfunding.
Aus welchen Gründen sollten sich junge Leute beruflich selbstständig machen?
Es ist eine tolle Möglichkeit, um sich selbst zu verwirklichen, sein eigenes Ding zu machen und vielleicht verändert man damit auch die Welt. Im Grunde steckt dahinter die gleiche Motivation wie bei Künstlern.
Man gründet also nicht mehr aus der Not heraus?
Genau. Wer sich heutzutage selbstständig macht, der geht diesen Schritt nicht aus Mangel an Alternativen auf dem Arbeitsmarkt. Der will ein Zeichen in der Welt setzen.
Warum sind Start-ups wichtig für die Wirtschaft?
Jede Volkswirtschaft braucht Erneuerung. Das hat ein wenig mit unserer Wirtschaftsordnung zu tun. Firmen werden immer größer und versuchen natürlich immer mehr Marktanteile und eine vorherrschende Position einzunehmen. Für den Wettbewerb ist das nicht gut. Dann braucht es junge, disruptive Firmen, die die Großen quasi angreifen, indem sie schneller sind, Sachen besser oder günstiger machen. So kommt wieder Bewegung in das Spiel, wovon der Verbraucher profitiert.
Jedoch dämpft die gute Konjunktur, also die niedrige Arbeitslosenquote, den Drang zur Selbstständigkeit.
Laut einer Untersuchung der Förderbank KfW ging die Zahl der Firmengründungen zuletzt um 17 Prozent zurück. Ist das eine bedenkliche
Entwicklung?
Insgesamt sinkt die Zahl der Gründungen, aber man muss mehrere Kategorien unterscheiden: zum Beispiel die Vollerwerbs- oder die Notgründer. Und dann gibt es auch die Kategorie der digitalen und innovativen Gründer. In diesem Bereich hat sich die Zahl von 2016 auf 2017 schon erhöht. Das heißt, es ist eine vorsichtige Trendwende zu erkennen, aber eben nur im Bereich digital und innovativ. Das ist auch meine persönliche Erfahrung. Wir hatten während der Contacta zwei Vorträge über Start-ups und erfolgreiche Gründer. Bei diesen Vorträgen waren über 70 aufgeweckte Schüler, die noch engagiertere Fragen hatten. Das war in diesem Rahmen ungewöhnlich. Man merkt also: Es besteht ein großes Interesse an solchen Gründungsgeschichten.
Welche spannenden Gründungsgeschichten gibt es denn in den vergangenen Jahren aus der Region zu berichten?
Ein Beispiel ist die Online-Verkaufsplattform „Skinbaron“, ein Marktplatz für virtuelle Güter, also zum Beispiel Muster und Optiken für Gegenstände in Computerspielen. Wir sind mit den Gründern immer wieder im Gespräch und haben sie darin bestärkt, ihre Plattform auch auf andere Länder auszuweiten. Nach dem polnischen Marktplatz sind jetzt auch kürzlich die Plattformen für Frankreich und USA gestartet, weitere Länder sind in der Pipeline. Mittlerweile laufen über „Skinbaron“ respektable Umsätze und das Unternehmen wächst rasant. Auch das ist eine Aufgabe unseres Gründerzentrums: Mut machen – und Menschen mit Potenzial zum größer denken animieren.
Wie überzeugen Sie Menschen, ein solches Risiko zu wagen?
Wir besprechen Ideen immer unter dem Aspekt: „Stell dir vor, es gibt keine Hürden, es gibt keine Finanzierungsprobleme.“ Das machen wir, um die Fantasie zu wecken. Danach kann man wieder in die Realität zurückkehren und sich fragen: Was braucht es, um dieses Ziel zu erreichen. Diese Art zu denken ist beispielsweise in den USA, der Start-up-Hochburg, viel stärker ausgeprägt. Dort agiert man mehr nach dem Motto: „Komm, wir verändern die Welt!“ In Deutschland denkt man eher klein und solide. Ein bisschen mehr schnell und groß würde uns aber auch gut stehen. Denn bislang hat jede – gute – Idee Geldgeber und Förderer gefunden. Wenn es dann darum geht, die richtigen Worte zu finden, um eine Idee zu präsentieren oder Leute zu finden, denen man sie präsentiert – dafür sind wir vom Gründerzentrum da.
Warum sollte man als Jungunternehmer in das Digitale Gründerzentrum in Hof einziehen, wenn der Neubau fertig ist?
Wir haben festgestellt, dass unter den Leuten hier ein hoher Kommunikationsbedarf besteht. Wenn sie sich bei uns treffen, dann inspirieren sie sich gegenseitig. Im Augenblick müssen wir diese Treffen noch organisieren, das heißt zu Veranstaltungen einladen und das Netzwerk aktiv gestalten. Wenn alle unter einem Dach arbeiten können, geschieht das ganz automatisch. Wir haben als kleineres Zentrum den Vorteil, dass wir eng mit den Menschen zusammenarbeiten können. Gründer und Interessierte können unkompliziert mit uns ins Gespräch kommen und sagen „Du, ich hab da ein Problem“. Anders ist das beispielsweise in Berlin, wo man erst mal eine Nummer ziehen muss.