Rugendorf/Presseck Mit schwerem Geschütz gegen den Borkenkäfer

Klaus Rössner

Wegen der heißen Sommer breitet sich der Schädling extrem aus und bedroht den Frankenwald in seinem Bestand. Ein speziell ausgerüsteter Harvester soll befallenes Holz schnell beseitigen. Wie das geht, erfuhren Interessierte bei einer Vorführung nahe Rugendorf.

 
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Rugendorf/Presseck - "In Zeiten großer Not bringt der Mittelweg den Tod." Diese Volksweisheit hat sich offensichtlich die Waldbesitzervereinigung Kulmbach-Stadtsteinach auf die Fahnen geschrieben - im Kampf gegen den Borkenkäfer. Dieses Insekt befällt milliardenfach die Fichtenbestände, der Frankenwald ist in seiner Existenz bedroht. Dagegen zieht die Organisation mit schweren Geschützen zu Felde: Mit speziell umgerüsteten Harvestern will sie die Ausbreitung des Schädlings eindämmen. Dies wurde nun zahlreichen Interessierten am Dienstagabend bei einer Vorführung im Forst bei Rugendorf demonstriert.

Debarking-Methode

Bei der Debarking-Methode handelt es sich im Grunde genommen um ein bekanntes Verfahren. Es wird bereits seit zwei Jahrzehnten bei der Ernte von Eukalyptus-Bäumen eingesetzt, die an Ort und Stelle entrindet werden müssen.

Für die deutschen Bestände aber mussten die Entrindungsköpfe geändert und an die hier vorkommenden Baumarten angepasst werden. Das Gerät ist an einem Kran befestigt. Der Harvester fällt Bäume mit Stammdurchmessern von bis zu 70 Zentimetern und entastet sie. Der Stamm passiert den Kopf mehrmals, der ihn von der Rinde befreit. Der Borkenkäfer trocknet aus und stirbt.

Im Forst zwischen Rugendorf und Presseck kommt ein Harvester des Typs John Deere 1470 zum Einsatz. Er gehört dem Forstunternehmen HWF aus Fichtelberg. Das Gerät wiegt 24 Tonnen, ist 262 PS stark und mit drei Achsen geländegängig; es kann bis zu 200 Festmeter täglich aufarbeiten.


Die Situation: Nach Jahren der Hitze und Trockenheit haben die Fichtenbestände massiv gelitten. Der Wassermangel führt dazu, dass sich der Borkenkäfer exponentiell ausbreiten und ganze Bestände vernichten kann. Das Insekt lebt zwischen Baumstamm und Rinde, wo es die Nährstoff-Versorgung der Pflanze unterbindet. Der Baum stirbt ab. Wegen der warmen Sommer kann das Insekt gleich mehrere Generationen bilden. Der Frankenwald ist mit seiner süd-westlich ausgerichteten Flanke besonders betroffen. Sein Bestand ist bedroht.

Die Politik: Die Landräte aus den Kreisen Kulmbach und Kronach sind sich der besonderen Schwere der Lage bewusst. Durch mehrmalige Vorstöße bei der bayerischen Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber ist es ihnen jetzt gelungen, ein Sonderprogramm zu erwirken. Landwirte erhalten 30 Euro Zuschuss pro Festmeter aufgearbeitetem Käferholz, in Ausnahmefällen können es sogar 50 Euro sein. Das ist mehr als der derzeitige Marktwert: Der Preis ist eingebrochen und beträgt nur noch 30 Euro pro Festmeter. Das Programm ist landesweit eine Besonderheit und gilt hauptsächlich für die Schadensgebiete im Frankenwald zwischen Wirsberg und Probstzella.

Die Gegenmaßnahmen: Eigentümer betroffener Wälder sind gehalten, die Käferbäume aus den Beständen zu entfernen. Sie müssen 500 Meter weit vom nächsten Waldgebiet gelagert werden, um einen Übertritt der Insekten zu vermeiden. Eine andere Lösung bietet die Aufarbeitung des Schadholzes mitten im Wald. Dies demonstrierte die Waldbesitzervereinigung Kulmbach-Stadtsteinach in einem Forststück zwischen Rugendorf und Presseck. Dort ist ein Harvester mit einem speziell entwickelten Entrindungskopf im Einsatz. Das 24 Tonnen schwere, dreiachsige Gerät fällt Bäume mit einem Durchmesser von bis zu 70 Zentimetern und entastet sie. Die Stämme werden mehrfach durch den Kopf gezogen, der dabei die Rinde entfernt. Sie fällt zu Boden, der Borkenkäfer vertrocknet und stirbt. Das Gerät kann im günstigsten Fall mit dieser Debarking genannten Methode bis zu 200 Festmeter täglich aufarbeiten.

Das Problem: Das so geerntete Holz ist für die Weiterverarbeitung im Sägewerk nur bedingt geeignet. Es trägt deutliche Verarbeitungsspuren, und die Stämme trocknen. Das führt zur Rissbildung. Zudem besteht ein immenser Zeitdruck, wie Revierförster Steffen Auerswald erläuterte. Es gelte, schnell zu handeln, um ein erneutes Ausschwärmen des Schädlings im Frühherbst zu verhindern. "Wenn das passiert, erleben wir uns blaues Wunder." Er spricht von einer nie dagewesenen Bedrohung für den Wald.

Die Bedenken: Einige der rund Hundert Waldbesitzer, die der Vorführung beiwohnten, zeigten sich etwas ratlos hinsichtlich der Verwertung des geernteten Holzes. Es tauge allenfalls als Brennmaterial. Ihnen erklärten die Fachleute, dass sie dennoch einen wirtschaftlichen Vorteil hätten. Die Zuschüsse überstiegen die Aufarbeitungskosten von zirka 24 Euro je Festmeter. Das Holz könne man abdecken und selbst nach Jahren noch als Brennstoff vermarkten. Ein Teilnehmer kritisierte, dass die Aufarbeitung angesichts der übergroßen Bedrohung nicht rasch genug erfolgen könne:" Ihr kommt doch gar nicht nach." Zudem sei es nicht zielführend, wenn ein Waldbesitzer den Kampf gegen den Borkenkäfer aufnehme, der angrenzende Nachbar allerdings nicht. Diese Waldbesitzer sollten dem Forstamt gemeldet werden, riet Revierförster Auerswald.

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