Hof - Etwa 130 Menschen sind in den großen Hörsaal der Fachhochschule Hof gekommen, um Dr. Franz Ruppert zu erleben. Viele haben seine Bücher gelesen, das bekannteste trägt den Titel: "Verwirrte Seelen - der verborgene Sinn von Psychosen". Um Beziehungswelten geht es und um die Methode der "Aufstellung". Hier in Hof führt der Professor, der Vorträge in ganz Europa hält, ein in das Thema "Eigene Traumata annehmen und fremde loslassen".

Eine schwierige Materie. Aber auch eine faszinierende, weil jeder Mensch einen Bezug zu sich selbst herstellen kann. Er muss gar nicht unter psychischen Problemen leiden. Dr. Ruppert versteht es, die Thematik leicht und locker darzustellen, sodass auch der Laie keine Mühe hat, seinen Ausführungen zu folgen. Jeder, der schon mit Angst, Sucht, Schulversagen, Aggression, Liebesschmerz und so weiter zu tun hatte - also praktisch jeder - wird automatisch in Bann gezogen.

Jeder hat Urbedürfnisse

Eine andere Sache ist es, ob man die Ansichten Dr. Rupperts immer teilt. Im "Audimax" verfolgt das Publikum seine Ausführungen kritisch. Und da der Professor seine Thesen ausdrücklich von Anfang an zur Diskussion frei gegeben hat, melden sich auch immer wieder Leute zu Wort. Reiner Hager, Vorsitzender des gastgebenden Vereins "Aufwind", reicht das Mikrophon weiter.

Von symbiotischen Urbedürfnissen wie Essen, Wärme, Körperkontakt, Fürsorge und Anteilnahme berichtet Dr. Ruppert und davon, was passiert, wenn diese nicht befriedigt werden. Wenn das Leben des Menschen Brüche bekommt, wenn statt Liebe Angst regiert, sich Depressionen oder Aggressionen entwickeln.

"Psychologische Erkrankungen haben viel mit Destruktivität zu tun", sagt er. Wenn man verstehen wolle, wie es dazu kommt, müsse man an die Wurzeln gehen. Und diese lägen oft weit zurück. "Wie weit zurück?", wollen Zuhörer wissen. Der Professor weist auf Einflüsse hin, die schon der Fötus im Mutterleib mitbekommt. Über die Mutter erlebe er die ersten Momente seines Seins. "Daher lieben Kinder immer ihre Mutter, auch wenn diese vielleicht ihr Kind nicht liebt." Das sei ein Naturgesetz. Die Beziehung der Eltern zueinander und in Hinblick auf das Kind wirke sich aus, führe zu Verstrickungen. Diese bildeten Ketten und setzten sich fort - oft über Generationen hinweg.

Keine Esotherik

Ruppert spricht von Idealisierung und Negativität, die sich übertragen können, von traumatischen Ereignissen wie Unfall, Krieg, Verlust einer geliebten Person. Traumata bauten sich oft über lange Zeit auf. "Wenn Eltern kommen, weil ihr Kind auffällig ist, frage ich, in welchem Netz sie selbst gefangen sind und fordere sie auf, sich zu befreien." Dazu sei es nie zu spät. Auch wenn vielleicht erst am Ende des Lebens der "Stein vom Herzen fällt".

1985 hatte Dr. Ruppert begonnen, sich mit der "Familienaufstellung" nach Bert Hellinger zu befassen. "Ich habe zu der Auffassung gefunden, dass es sich hierbei nicht um Esotherik handelt, sondern um eine geeignete Methode, um Bindungsstörungen und Traumata zu erkennen. Man hält der Seele einen Spiegel vor." Dr. Ruppert selbst spricht von der "Aufstellung der Anliegen". In seiner Arbeit als Psychotherapeut habe er damit beste Erfahrungen gemacht.

Nachdem er verschiedene Arten und Ursachen von Traumata erläutert hat, gibt es jede Menge Fragen. Wie man sich denn aus einem Netz von Bindungen, die einen krank machen, befreien könne. Was von Medikamenten zu halten sei. Ob Kinder, die in der Krippe aufgezogen werden, Schaden nehmen können.

Dr. Ruppert beantwortet jede Frage. Nicht jeder leide unter Traumata. Eine gute Mutterbindung sei auch bei Krippenkindern möglich. Ob Medikamente durch Therapie ersetzt werden können, müsse ein gut ausgebildeter Therapeut erkennen. Im akuten Stadium einer Psychose könnten Medikamente durchaus helfen. Aber: "Je früher das Urstandstrauma aufgedeckt wird, umso besser."