So!: Vier Jahre nach Ihrem letzten Studioalbum präsentieren Element Of Crime nun ein neues Werk unter dem Titel „Immer da wo du bist bin ich nie“. Woher wissen Sie, wenn es Zeit ist, ins Studio zu gehen und ein neues Album aufzunehmen?
Sven Regener: Vier Jahre sind einfach ein guter Abstand. Allein zwei Jahre hatten wir damit zu tun, die letzte Platte live vorzustellen. Danach ging es aber schon wieder los mit dem Soundtrack zu Leanders Haussmanns Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“. Da waren wir so im Schwung, dass wir gleich weitergemacht haben.
So!: Gab es für Sie während der Arbeit eine Art Grundgefühl, das Sie begleitet hat?
Regener: So abstrakt lässt sich das nicht beschreiben. Das Grundgefühl stellt sich erst am Ende heraus, wenn man die ganzen Songs geschrieben hat. Die Band hat erstmal angefangen, musikalische Ideen zu sammeln. Dann schrieb ich dazu Texte. Sobald wir zwei Lieder fertig hatten, gingen wir damit ins Studio und nahmen sie auf, damit man die nicht so lange mit sich rumträgt. Erst wenn man zwölf, dreizehn Songs zusammen hat, merkt man, wie weit das alles auch zusammen passt. Ein Album sollte eine stilistische Klammer haben.
So!: Lieber Anti-Liebeslieder statt Kuschelsongs?
Regener: Ich bin kein Kuscheltyp. In der Liebe gibt es drei Zustände: Am Anfang, am Ende und mittendrin. Wobei Anfang und Ende natürlich am spannendsten sind, denn starke Empfindungen bringen starke Bilder hervor. Die glückliche Zeit in der Mitte ist in der Regel nicht so ergiebig. Aber das geht ja allen anderen genauso.
So!: Was halten Sie von einem Vergleich mit Bob Dylan? Den Titelsong „Immer da wo du bist bin ich nie“ könnte man durchaus als Antwort auf Dylans Klassiker „Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine)“ verstehen.
Regener: Mit Bob Dylan verglichen zu werden, ist für mich keine Beleidigung. Als wir anfingen, war das anders. Dylan war ja in den 80ern sehr stark abgemeldet. Bei unserem allerersten Gig war auch ein Journalist von der taz. Er hasste unsere Musik richtig und versuchte, unser Todesurteil zu schreiben. Mit meinen englischen Texten würde ich versuchen, wie Bob Dylan und Bruce Springsteen zu klingen. Heute frage ich mich: Was wäre daran falsch?
So!: Im Gegensatz zu damals werden Sie von der Kritik heute eher verwöhnt.
Regener: Uns ging es nie schlecht, was das betrifft. Aber man muss eine Musik auch scheiße finden dürfen. Es ergibt doch keinen Sinn, etwas zu machen, was jeder gut findet. Ich selbst habe viele Freunde, die mit Element Of Crime nichts anfangen können. Das ist alles nicht so schlimm. Aber der Grundrespekt vor der Band ist auf jeden Fall größer geworden. Das ist wahrscheinlich der normativen Kraft des Faktischen geschuldet. Irgendwann war diese Band einfach nicht mehr wegzudiskutieren.
So!: Lassen Sie sich von Kritik anspornen?
Regener: Nein. Man muss sich davon freimachen – und zwar vom ersten Moment an. Wenn eine schlechte Kritik bedeuten würde, dass an meinen Liedern etwas nicht stimmt, hätte ich mit der Musik gar nicht erst anzufangen brauchen. Der einzige Moment, in dem mich Kritik treffen würde, ist, wenn wir mal wirklich schlecht spielen und das auch jemand schreibt, der uns eigentlich gut finden könnte. In dem Moment muss man leider den Tatsachen ins Auge sehen.
So!: Teamfähigkeit ist angeblich nicht Ihr Ding. Wieso nicht?
Regener: Normalerweise mache ich die Interviews immer zusammen mit Richard Pappik. Das geht bis zu einem gewissen Grad. Aber Songtexte könnte ich nicht zu zweit schreiben. Immerhin habe ich mal mit jemandem zusammen ein Buch geschrieben, „Angulus Durus“, mit Germar Grimsen. Aber dazu muss man schon sehr gut befreundet sein. Das Interessante an Musik ist aber, dass jemand wie ich, der eigentlich nicht teamfähig ist, trotzdem mit anderen zusammen spielen kann.
So!: Die Tournee zur neuen Platte beginnt erst im Januar 2010. Warum lassen Sie damit so lange auf sich warten?
Regener: Wir haben momentan noch relativ viel zu tun mit Interviews, Proben, Radiokonzerten und Fernsehauftritten. Und danach beginnt auch schon die Vorweihnachtszeit, in der ich nicht gerne auf Tournee gehe. Ich finde es auch gut, das Ganze ein bisschen rauszuzögern. Dann können sich die Leute an die neuen Songs gewöhnen. Wenn man dann auftritt, können sie schon mitsingen, wenn sie wollen.
So!: Wirkt sich Ihre Arbeit in anderen Bereichen auf Ihre Musik aus?
Regener: Das kann man nicht sagen. Höchstens, dass ich weniger Zeit habe für die Musik. Wenn ich an einem Roman schreibe, mache ich keine neuen Songs. Das muss man schon trennen, sonst wird man ja rammdösig. Weil ich bei meinen Romanen sehr abstrakt arbeite, ohne mir groß Notizen zu machen.
So!: Statt eines neuen Romans haben Sie ein Drehbuch geschrieben – und zwar zu Ihrem aktuellen Buch „Der kleine Bruder“. Wer soll es verfilmen?
Regener: Die Rechte hat Boje Buck gekauft – dieselbe Firma, die schon „Herr Lehmann“ produziert hat. Ich hoffe, dass auch Leander Haussmann wieder Regie führen wird. Mit Christian Ulmen als Hauptdarsteller wird es sicherlich nicht mehr funktionieren, weil der Frank Lehmann dieses Buches neun Jahre jünger ist. Ich glaube nicht, dass man einen Mittdreißiger einen 20-Jährigen spielen lassen sollte. Darüber hinaus wird es von „Neue Vahr Süd“ demnächst eine sehr freie Fernsehverfilmung geben. An Kinoadaptionen bin ich nur dann interessiert, wenn sie das Buch eins zu eins verfilmen wie beim „Herrn der Ringe“. Beim Fernsehen ist mir das egal.
Interview: Olaf Neumann

CD-TIPP
Das neue Album von Element Of Crime, „Immer da wo du bist bin ich nie“ (Universal), kommt am 18. September auf den Markt.