Mobilität und Energie Die intelligente Ladung für die Autos der Zukunft

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Das Thüringer Konsortium Smart Mobility arbeitet an Produkten, die den Autofahrern den Umstieg auf Elektroautos erleichtern sollen. Intelligente Ladestationen sind da nur ein Baustein.

 
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Das kleine Kästchen wirkt unscheinbar. Ein paar Knöpfe, ein unspektakuläres Display und ein Kabel, das es mit der Ladestation verbindet. "In der Serie muss das sicher noch etwas attraktiver aussehen", sagt Martin Eibl, Geschäftsführer der HKW Elektronik GmbH aus Seebach im thüringischen Wartburgkreis. Von den inneren Werten der kleinen Box allerdings ist Eibl schon jetzt überzeugt.

Sie soll Elektroautos intelligent mit Strom versorgen. Denn noch ist das Aufladen der Batterien ein eher simpler Vorgang, sagt Elke Bouillon, Mitarbeiterin der Ilmenau Innovationsberatung Innoman, die das Konsortium anführt. Stecker rein und warten, so läuft das bisher. Je nach Auto können aber Stunden vergehen, bis der Akku wieder halbwegs voll ist. Denn noch haben sich die Erbauer von Elektroautos vor allem am Vorbild der Verbrennungsmotoren orientiert. Aufladen, das soll möglichst so funktionieren, wie Benzin oder Diesel zu tanken. Manche Hersteller verstecken den Stromanschluss sogar unter einem Tankdeckel.

Doch das Aufladen eines Elektroautos ist viel komplexer als das Zapfen von Treibstoff. "Das fängt beim Strompreis an endet bei der Kapazität der Stromnetze", erklärt Eibl. Mit seinem Produkt will das Konsortium diese Komplexität beherrschbar machen. Damit Fahrer von Elektroautos sich um das Laden keine Gedanken mehr machen müssen.

Stadtwerke und die Betreiber der Ortsnetze dagegen schon. Simulationen des Fraunhofer Instituts und der Technischen Universität Ilmenau haben ergeben, dass in machen Ortsnetzen schon wenige Elektroautos ausreichen, um die Leitungen an den Rand der Belastungsgrenze zu bringen. Ein Verteilknoten im Ortsnetz besteht im Schnitt aus etwa 100 Haushalten. Die Thüringer Box schafft hier Abhilfe. "Wir verknüpfen den Fahrer mit seinem Versorger, dem Netzbetreiber, und sorgen dafür, dass alle Seiten die Informationen erhalten, die sie für ein optimales und kostengünstiges Laden brauchen", sagt Eibl. Die Idee des Thüringer Konsortiums: Der Autofahrer kommt abends nach Hause und schließt sein Auto an die Ladestation an. Doch statt einfach nur Strom zu saugen, teilt er seinem Versorger mit, wann er wieder losfahren möchte und erlaubt ihm, netzfreundlich und intelligent zu laden. Bleibt zum Beispiel die ganze Nacht Zeit, dann kann der Versorger sich Zeit lassen und den Strom dann liefern, wenn er gerade zu viel davon im Netz hat oder wenn nur noch wenige Verbraucher am Ortsnetz hängen. "Wir erlauben dem Versorger sogar, den Ladevorgang zu unterbrechen und schaffen ihm so die Möglichkeit, regulierend in sein Netz einzugreifen", erklärt Elke Bouillon. Im Gegenzug räumt der Versorger dem Kunden einen Fahrstromtarif ein. Bis zu 30 Prozent sollen Fahrer von Elektroautos so sparen können. Im Versuchsprojekt der Thüringer Konsortiums hatte der Versorger den Preis zunächst bei 17 Cent je Kilowattstunde festgelegt, mit der Möglichkeit, den Ladevorgang zu unterbrechen, soll er nun sogar auf 15 Cent fallen.

Laut Eibl hat der Praxistest in den vergangenen drei Jahren gezeigt, dass die Entwicklung der Seebacher funktioniert. Das Elektronik-Unternehmen nutzt eine Technik, die den Energieversorgern vertraut ist: Die Funkrundsteuertechnik. Eigentlich hatte das Seebacher Unternehmen diese für die hauseigenen Funkuhren benutzt. HKW ist eine Ausgründung aus dem Ruhlaer Uhrenkombinat. Das gleiche Signal benutzen jedoch schon seit vielen Jahren Energieversorger für die netzinterne Kommunikation. "Wir verwenden eine Technologie, mit der die Versorger vertraut sind, das öffnet uns Türen", sagt Eibl. Erste Gespräche mit Stadtwerken in ganz Deutschland liefen sehr vielversprechend. "Langsam setzt sich bei den Stadtwerken und den Betreibern der Ortsnetze die Erkenntnis durch, dass sie etwas tun müssen, wenn die Elektromobilität weiter zulegt", sagt Eibl. Die nötige Erfahrung wäre eigentlich vorhanden. Eibl muss es wissen. Jahrelang war er selbst bei einem großen bayerischen Versorgungsunternehmen tätig, bevor er die Geschäftsführung bei HKW übernahm. Nach seiner Meinung ist das Aufkommen der Elektroautos nun durchaus vergleichbar mit der Verbreitung von Elektroheizungen in den Achtziger-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Westdeutschland. "Auch damals haben die Versorger Lösungen gefunden", sagt Eibl. Neu hinzugekommen ist die Herausforderung, die veränderte Stromversorgung Deutschlands bei der Ladung von Elektroautos zu berücksichtigen. Kam in den Achtziger-Jahren der Strom vor allem aus Kohle und Kernkraft, so wollen viele Fahrer von Elektroautos natürlich am liebsten nur Strom aus Windkraft- oder Solaranlagen verwenden, um den Akku ihres Autos wieder aufzuladen. Doch Sonne scheint nachts nicht und der Wind bläst auch nicht kontinuierlich. Mit einer App bekommen die Besitzer einer intelligenten Ladestation gleich noch ein Werkzeug mitgeliefert. Die kleine Anwendung zeigt ihnen, wann ein günstiger Zeitpunkt zum Laden ist. Dafür müssen sich die Nutzer nicht etwa durch ellenlange Zahlenkollonen klicken. Die kleine Box von HKW bereitet die Informationen aus Sonnen- und Windprognosen ebenso auf wie die prognostizierten Daten zur Netzauslastung. Für die Autofahrer werden die Daten in ein einfaches Ampelsystem übersetzt. Rot bedeutet, dass gerade kein guter Zeitpunkt zum Laden ist, gelb sagt, dass es geht, aber eben nicht optimal. Steht die Ampel auf grün, dann ist sowohl genug Strom vorhanden als auch die nötige Kapazität im Netz. Hat der Nutzer Zeit, kann er der Box alles überlassen. Einfach einstellen, dass nur bei grün geladen werden soll, der Rest passiert von selbst.

Nach dem Wachstum, das Eibl in den vergangene drei Projekt-Jahren bei der Elektromobilität beobachtet hat, hält er die Prognose von einer Millionen Elektroautos bis zum Jahr 2020 in Deutschland gar nicht für unrealistisch. Er ist sich sicher, dass das Thüringer Konsortium Smart Mobility mit dem intelligenten Laden ein Werkzeug bereitstellt, dass den Nutzern der Autos und den Betreibern der Netze hilft, die Potenziale der Autos optimal zu nutzen und die Netze in Balance zu halten. "Ohne solche intelligenten Lösungen wird es nicht gehen", sagt Eibl.

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