49. Hofer Filmtage Süße Mädchen, wilde Frauen

Von Ralf Sziegoleit

Mit dem deutsch-griechischen Spielfilm "Ein Atem" starten am 20. Oktober die 49. Internationalen Hofer Filmtage. Für sechs Tage ist Hof dann wieder "Home of Films".

 
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Hof - "Zu 95 Prozent steht das Programm", sagt Festival-Direktor Heinz Badewitz. "Es ist super wie immer - abwechslungsreich, interessant, spannend und überraschend." Im Mittelpunkt steht das Neueste vom deutschen Film, insgesamt 31 lange und viele kurze Produktionen werden zu sehen sein, wobei Badewitz der Devise treu bleibt: "Wir brauchen keine Stars, wir machen sie." Internationales Flair steuern Beiträge aus europäischen und überseeischen Ländern bei. Die traditionelle Werkschau kommt diesmal aus Großbritannien und ehrt den Filmemacher Chris Petit.

Noch ein Jahr, dann steht ein kaum glaubliches Jubiläum an: Die Filmtage werden fünfzig. Der Festivalchef will aus diesem Anlass Filmemacher einladen, die in Hof angefangen und hier den Grundstein für ihre Karriere gelegt haben. Mit jüngeren Kollegen sollen sie übers Filmemachen gestern und heute diskutieren. Aber intensiver nachdenken mag Badewitz darüber noch nicht. Derzeit hat er mit der Organisation der 49. Internationalen Hofer Filmtage, die am Abend des 20. Oktober beginnen und bis zum 25. Oktober dauern, genug zu tun.

"Ein Atem" heißt der Spielfilm, mit dem das Festival eröffnet wird. Es geht um eine junge Griechin, die nach einem Bankrott in der Heimat als Kindermädchen in Deutschland anheuert. Am Ende sind zwei Frauen - eine Mutter auf der Suche nach ihrem Kind und eine Schwangere, die vor der Verantwortung flüchtet - verbunden durch einen Atemzug, der alles entscheidet.

Von Menschen, die in Deutschland heimisch werden wollen, handeln noch vier weitere Filme. In "8 Sekunden - Ein Augenblick Unendlichkeit" führt eine Türkin zwei Leben: eines in der Wirklichkeit und ein zweites voller Fantastik in ihren Träumen. In "Kafkanistan" wird eine aus Syrien nach Berlin geflüchtete Kurdin vom Geheimdienst ihres Landes verfolgt. Ebenfalls aus Syrien kommt eine Familie, die zusammen mit einem albanischen Paar auf engstem Raum in Vörde lebt: "Letzte Zuflucht". Und "Hördur - Zwischen den Welten" erzählt von den Schwierigkeiten, vor denen die 16-jährige Tochter türkischer Einwanderer steht.

Sechzehn ist auch Lena, die sich in einem sozialen Netzwerk in einen Jungen verliebt und nach einem Date mit ihm verschwindet. Das Jugenddrama mit dem Titel "lenalove" lotet die Untiefen des Internets aus. Um einen männlichen Außeneiter, der behauptet, Zeuge eines Mordes geworden zu sein, geht es in "Trash Detective" von Maximilian Buck.

Seinen ersten langen Spielfilm zeigt Thomas Stuber, der bereits einen Studenten-Oscar gewonnen hat: "Herbert" erzählt von einem Boxer, der an ALS erkrankt. Und Bernd Michael Lade, der schon 2001 mit "Null Uhr zwölf" in Hof war, präsentiert einen Krimi: 1988 in Ost-Berlin stößt die Mordkommission immer wieder auf Verbrechen, die es nach Ansicht der SED im Sozialismus gar nicht geben kann.

Dokumentarfilme aus Deutschland beschäftigen sich unter anderem mit dem Hip-Hop im Lande ("Black Tape"), mit dem berühmten, an einer Nervenkrankheit leidenden australischen Pianisten Helfgott ("Hello I'm David") und mit einer Schriftstellerin, die provokative Texte liebt ("Wer hat Angst vor Sibylle Berg"). Sabine Kückelmann hält ein Plädoyer "Im Namen der Tiere", und Wolfgang Ettlich unternimmt 25 Jahre nach "Ausgerechnet Bananen" noch einmal eine "Reise in die DDR"; der Arbeitstitel des Films lautete "Von Hof bis Hof".

Viel Interessantes kommt auch aus den Nachbarländern Frankreich, Österreich und der Schweiz. Kennenzulernen sind "Sweet Girls", die eine Teenager-Kommune gründen, um unabhängig zu werden, und "Wild Women", die im Zoo oder Zirkus angstfrei mit "freundlichen Bestien" umgehen. Als "Angry Indian Goddesses" trotzen Frauen einer aggressiven Männergesellschaft, der Film "Thank you for bombing" begleitet drei Korrespondenten an ihre Arbeitsplätze im Krieg, in "Darkness on the Edge of Town" aus Irland jagt eine jugendliche Scharfschützin den Mörder ihrer Schwester und in dem Horrorfilm "Don't look in the Basement 2" aus den USA werden Geister der Vergangenheit nach mehr als 40 Jahren wieder lebendig.

Spannung verspricht auch die Werkschau, die dem 1949 geborenen Briten Chris Petit gewidmet ist. 1979 war er mit dem aufsehenerregenden, unter Mitarbeit von Wim Wenders entstandenen Roadmovie "Radio On" in Hof, inzwischen hat er zwölf weitere Filme gedreht und drei Romane geschrieben, darunter Thriller über Terror in Nordirland und Neonazis in Frankfurt.

Wir brauchen keine Stars, wir machen sie!

Heinz Badewitz,

Filmtagechef