49. Hofer Filmtage 50 Jahre im Dienst der Kultur

Von Ralf Sziegoleit

Er gehört zu den Pionieren der Kneipenkultur in Deutschland. Seit 1971 setzt Werner Weinelt im Galeriehaus fort, was er 1965 in der Hofer Gaststätte Bootshaus begann.

 
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Hof - "Wir waren die ersten Revoluzzer hier", sagt Werner Weinelt. Angestiftet wurde er von in Hof stationierten Angehörigen der US-Armee: "Die haben uns Kultur beigebracht." Unter anderem den Jazz. Früh verschrieb sich der junge Konditor, der es im erlernten Beruf rasch zum Meister brachte, dieser Art von Musik, auch deshalb, weil er sich beim heimischen Publikum nicht mit Gefälligem anbiedern wollte. "Weinelt's New Jazz Group" hieß das Ensemble, in dem er selbst den Bass zupfte, am Schlagzeug saß Heinz Badewitz, der 1967 die anfangs heftig angefeindeten Hofer Filmtage ins Leben rief; heute zählt er zu den vier noch lebenden Ehrenbürgern der Stadt.

Die Band war viel unterwegs, trat vor allem in Nürnberg und München auf, die Hofer Heimspiele absolvierte man im Rathauscafé, das von Weinelts Mutter betrieben wurde. Neben Amerikanern gehörte auch der spätere Münchberger Bürgermeister Fritz Gräbner zum Stammpublikum. Als seinen Ziehvater bezeichnet Weinelt ihn heute. Denn Gräbner kannte sich aus in der Kunst und war dabei, als 1964 eine erste Ausstellung in einer Kneipe stattfand.

Sie schlug so gut ein, dass Weinelt es im Jahr darauf wagte, selbst eine Gaststätte, das "Bootshaus", zu übernehmen. Ein ganz gewöhnliches Wirtshaus war's, an der Saale neben dem Freibad gelegen, erst in diesem Jahr wurde es dem Erdboden gleichgemacht.

1965 herrschte nicht nur dank Weinelt so etwas wie Aufbruchstimmung in Hof. Der Schriftsteller Claus Henneberg veranstaltete erstmals seine "tage für neue literatur", die bis 1970 viel Prominenz nach Hof lockten - Ernst Jandl, Timm Ulrichs und andere traten im "Bootshaus" auf -, und aus dem Kreis um den Pionier Weinelt gingen dann ja auch die Filmtage hervor. In die Kneipe kamen anfangs noch Kartenspieler und Feierabend-Biertrinker, aber das blieb nicht lange so, denn mit der Kultur hielt ein Publikum Einzug, das sich, sagt der Hausherr, zusammensetzte aus "Amerikanern, Studenten, unseren Hauskommunisten, Christen und Emanzen. Alles hat sich hier getroffen." Als ein paar Jahre später die US-Armee aus Hof abzog, sagte einer vom sogenannten CIA-Stammtisch zu Weinelt, er habe sein "Bootshaus" als den "neutralsten Punkt von Hof" empfunden - und geliebt.

Die Ära an der Saale ging zu Ende, weil es im Haus an manchem fehlte, was notwendig war; unter anderem wurde eine Dusche für auftretende Künstler vermisst, die Brauerei aber, der die Kneipe gehörte, wollte erst investieren, wenn der Bierverbrauch stieg. Zusammen mit dem damals jungen Bankier Dr. Karl Gerhard Schmidt schmiedete Weinelt an einem neuen Konzept. Sie planten, aus dem Haus Theresienstein ein Kulturzentrum zu machen, "aber das offizielle Hof ließ uns am Stich".

So fasste man ein 1581 gebautes Häuschen am Sophienberg ins Auge, in dem damals ein Antiquitätenhändler residierte. Weil er hauptsächlich an Amerikaner verkauft hatte, wollte er aufgeben und das Gebäude loswerden. Bankier Schmidt schnappte es in letzter Minute der Stadt weg, die schon den Abriss beschlossen hatte.

1971 wurde es als "Galeriehaus" eröffnet. Seither hat es unzählige Veranstaltungen aller Art miterlebt - Ausstellungen und Konzerte, Lesungen, Film und Theater. "Wir haben", sagt Weinelt, "fast nur ausgefallene Sachen gemacht, nicht die fürs große Publikum, das hat ja bei uns gar keinen Platz." Manchmal kooperierte er mit der Stadt, vor allem bei den Mitte der Siebzigerjahre gestarteten Festivals "Hofkultur", "Sommerkultur" und "Hofer Herbst", die sich das Kulturamt der Stadt längst nicht mehr leisten kann. Die Festivals sind so gut wie vergessen, das Galeriehaus aber ist legendär. Rückblickend sagt Weinelt, er habe gelernt, dass mit Kultur kein Geld zu verdienen sei: "Sie kostet Geld und schreckt das Publikum eher ab." Erschwerend komme hinzu, dass er kein guter Geschäftsmann sei: "Wenn ich meine Frau nicht hätte ..."

78 Jahre ist er jetzt alt und macht immer noch weiter. Seine Ausstellungen gehen, anders als früher, ohne Vernissagen über die Bühne. Er erinnert sich nicht, bei solchen Gelegenheiten jemals ein Bild verkauft zu haben. Die Leute seien gekommen, weil sie ein "Event" nicht versäumen wollten: "Um die Sache ging's ihnen nicht."

Ein bisschen bitter klingt der Weinelt da schon. Aber einer, der gute Laune versprüht, ist er sowieso nie gewesen. Und natürlich denkt er gar nicht daran, sein 50. Jubiläum als Galerist und Veranstalter, seine unglaubliche Lebensleistung in einem Metier, in dem er sich nach eigenen Worten nur als begeisterter Laie betätigt, in irgendeiner Weise zu feiern.

Überwindung kostet's ihn schon, auf Fragen der Presse Antwort zu geben. Als Erfolg verbucht er, dass er viele ermutigt hat, ihm nachzueifern. Wie lange er noch im Galeriehaus hinter der Theke stehen wird? Weinelt: "Keine Ahnung. Und kein Kommentar."