49. Hofer Filmtage Traumwelten, Liebe, Sex

Von Ralf Sziegoleit
Frauenheld mit Tendenz zur Selbstzerstörung: Szene aus "Jackie Boy" des kanadischen Regisseurs und Autors Cody Campanale. Foto: Filmtage

Erwachsenwerden, Liebe und Sex - das sind die zentralen Themen im internationalen Programm der 49. Hofer Filmtage.

 
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Hof - Als Koproduktion zwischen Frankreich und dem Jemen erlebt "I am Nojoom, Age 10" ("Ich bin Nojoom, zehn Jahre alt") seine deutsche Erstaufführung. Das Mädchen erscheint vor Gericht, um sich scheiden zu lassen. Noch am Abend der Hochzeit ist das Kind vergewaltigt, geschlagen und gedemütigt worden. Es gelang Nojoom zu fliehen, und sie fand einen Richter, der sich ihrer Sache annahm. Regisseurin Khadija Al-Salami, die jetzt in Paris zu Hause ist, verfilmte ein Schicksal, das sie selbst durchlebt hat.

Ästhetik und Struktur

Vier Jahre älter als Nojoom sind Sarah, Jade und Louise, für die in dem französischen Spielfilm "À 14 ans" das neunte Schuljahr beginnt. Zwischen Euphorie, Rivalität und dem Wunsch zu gefallen stehen sie den Drangsalen der Pubertät gegenüber. Davon, mit welchen Problemen junge Mädchen in Japan aufwachsen, wird in "Unsere kleine Schwester" erzählt. Und im Mittelpunkt des irischen Beitrags "Brooklyn - Eine Liebe zwischen zwei Welten" steht eine junge Immigrantin, die in den 1950er-Jahren versucht, in Amerika Fuß zu fassen. Ebenfalls aus Irland kommt "Darkness on the Edge of Town" über eine jugendliche Scharfschützin, die den Tod ihrer Schwester rächen will; der Film verbindet die Ästhetik eines Westerns mit der Struktur einer klassischen Tragödie.

Um einen Frauenhelden mit selbstzerstörerischen Tendenzen, der seine emotionale Unsicherheit durch Alkohol, Drogen und kurze Sex-Beziehungen überspielt, geht es in "Jackie Boy" aus Kanada. Die argentinisch-mexikanische Produktion "Internet Junkie" porträtiert Menschen, die in einer virtuellen Traumwelt gefangen sind; in der Realität sind sie einsam und suchen verzweifelt nach Liebe und Zärtlichkeit. Grenzerfahrungen sind das Ziel von Mae, die in dem Film "Chucks" durch Wien zieht, hauptsächlich von Dosenbier lebt und sich, als sie in einem Aids-Hilfe-Haus eine Strafe abarbeiten muss, in einen Jungen verliebt; im Zentrum steht die Frage, wie es für Teenager von heute ist, in eine sich ständig verändernde Gesellschaft hineinzuwachsen.

Man wird bei diesen Hofer Filmtagen durchaus verstörende Geschichten sehen können. Zum Beispiel die Dokumentation "My Talk with Florence", in der Florence Burnier-Bauer ihre bewegende Geschichte erzählt. Sie war es, deren Aussagen den berüchtigten Aktionskünstler Otto Mühl für fast sieben Jahre hinter Gitter brachten - wegen Pädophilie, Vergewaltigung und organisiertem Missbrauch in seiner Kommune. Mit dem Ruf, in Cannes Aufsehen erregt zu haben, kommt Gaspard Noés "Love" zum Festival, ein Film über die leidenschaftliche Liebe eines Paares, mit allen emotionalen und körperlichen Exzessen.

In einer Reihe von Dokumentarfilmen dreht sich fast alles um Musik. "Little Girl Blue" porträtiert die früh verstorbene Rocksängerin Janis Joplin, "For my Sisters" die afroamerikanische Sängerin und Tänzerin Carole Alston, die vor 30 Jahren nach Wien kam, und "Forbach forever" zeigt eine französische Vorstadt, wo fast in jedem Haushalt ein Musiker lebt. Gespannt sein darf man auch auf "Heart of a Dog" von Laurie Anderson, der Performance-Künstlerin und Musikerin, die mit Lou Reed verheiratet war. Ihr Film ist eine Reise durch Liebe, Tod und Sprache, eine wichtige Rolle dabei spielt ihr geliebter Hund Lolabelle.

Und dann gibt es noch einen Spielfilm, in dem Musik geradezu existenziell ist. Er heißt "Henry", kommt aus Österreich und erzählt von einem sozial gehemmten Jungen. Im Internat entdeckt er das Orgelspiel, das ihm Zuflucht vor den Hänseleien seiner Mitschüler bietet. Kein einziges Wort spricht er im Film; Henry äußert sich nur durch die Musik.

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hofer-filmtage.com/