Ältere Besucher der Hofer Filmtage erinnern sich vielleicht an ferne Fernsehtage, als sich die Öffentlich-Rechtlichen – andere gab’s damals nicht – ernsthaft Sorgen um Leib und Leben der Zuschauer und Gebührenzahler im Straßenverkehr machten. Eine von ihnen gipfelte regelmäßig im Appell an den Zuschauer, sich die Augen untersuchen zu lassen. Das war recht; und wär’s auch heutzutage: werden doch „etwa 300 000 Verkehrsunfälle pro Jahr auf schlechtes Sehen zurückgeführt“, wie das Kuratorium gutes Sehen e.V. auf seiner Website wissen lässt.

Aus besagter TV-Steinzeit stammt die zeitlos griffige Formel „Gutes Sehen nützt, gutes Sehen schützt“. Wie auf dämmrigen oder nebligen Autostraßen, gilt sie auch im Kino; zum Glück fallen die Folgen nachlassender Sehkraft dort selten gravierend aus. Doch mit Missverständnissen, bis hin zum Blackout, muss der Fehlsichtige vor der Leinwand durchaus rechnen. Dumm nur, dass so mancher Zuschauer – und je jünger, desto selbstverliebter – an der Selbsttäuschung festhält, so vollsichtig zu sein wie eh und je.

Während der Hofer Filmtage vor zehn Jahren musste der sich seiner gesunden Sinne sicher wähnende Verfasser dieser Zeilen erleben, auf peinliche Weise eines Besseren belehrt zu werden. Schon des Längeren hatte er Anstoß daran genommen, dass in den Kinos der Stadt die Projektion zunehmend schlampig vorgenommen werde und das Bild auf der Leinwand stets leicht verschwommen sei.

Dann gab ihm ausgerechnet auch noch das Hofer Filmfest Grund zum Protest. Noch dazu beim Eröffnungsfilm. Der deutlich jüngeren Journalisten-Kollegin auf dem Sitzplatz neben ihm schimpfte er neunmalklug ins Ohr, ihm sei unbegreiflich, dass sogar beim zweitwichtigsten Festival in Deutschland, vor Gästen aus dem ganzen Land und aus der Welt, die Schärfe nicht sorgfältig genug eingestellt werde. Verdutzt verhielt die Angesprochene eine Sekunde lang, dann wandte sie mit strengem Blick das Gesicht dem Besserwisser zu und belehrte ihn Silbe für Silbe: „Mi-ch-a-el-das-Bild-ist-mes-ser-scharf!!!“

Der derart Gemaßregelte schwieg fortan kleinlaut, suchte nach den Filmtagen selbstkritisch einen Augenarzt auf und ließ sich, zusätzlich zur Lese-, sicherheitshalber eine Fernbrille anpassen. Man weiß ja nie.

Übrigens hat sich die Projektion bei den Filmtagen vom Jahrgang des folgenden Jahres an deutlich verbessert; die Deutlichkeit der Optik gibt zur Beanstandung keinen Anlass mehr. Wie das zugeht, ist dem Verfasser dieser Zeilen bis heute ein Rätsel.