Jubiläen, Einweihungen, Ausstellungen …: Meistens wird erst mal geredet. Unausweichlich scheint die Festansprache – vorwiegend im Plural auftretend – zu einem solchen Ereignis dazuzugehören. Offenbar kann und will, wer es plant, nicht verzichten auf Grußworte, Einführungsreferate, Laudationen. In der Regel freilich interessiert das Gesagte keinen: Schnell pflegt den zum Zuhören genötigten Festgästen die Rede-Zeit zu lang zu werden. In wachsender Ungeduld warten sie ab, bis sie endlich ans Büffet oder vor die Exponate dürfen oder bis die Musiker ihre Instrumente stimmen.

In Hof, Ende Oktober, ist das anders. Wer als eingefleischter Fan die Internationalen Filmtage voll und ganz genießen möchte, wird schwerlich die Eröffnung verpassen. Heinz Badewitz, Gründer und seit Dienstag zum 49. Mal Leiter des Filmfests, spricht dabei stets als Erster und, erfreulicherweise, als Einziger; er tut’s nicht lang und, vor allem, unnachahmlich.

Nicht, dass seine Ersten Worte durch Stil und Wirkungsdramaturgie bestächen. In seiner Rhetorik mischen sich kinematografische Kennerschaft und individuelle Kuriosität, unterhaltsame Spontaneität und ein bisschen Spleen, die Würde eines der „großen alten Männer“ unter den deutschen Festivalchefs und unfreiwilliger Witz. Überdies Weisheit: „Der Film und die Wirklichkeit“ sagte er 2013, „enthalten Geschichten über das Leben und über den Tod.“ Das ist wohl wahr.

Auch heuer ruft Badewitz verlorenen Gefährten Freundschaftliches nach: dem Allrounder Peter Kern; und Jimi Vogler vom Filmverlag der Autoren, einem bewährten Altherren-Fußballer der Filmtage. Beide starben im Lauf des Jahres.

Und allerdings ist „Hof“ ein lebendiges, ein „Entdeckerfestival“. Darum bittet Badewitz den Regisseur des Eröffnungsfilms „Ein Atem“, Christian Zübert, gleich zwei Mal vor die Leinwand des proppenvollen Central-Kinos. Und schickt ihn zwei Mal zurück auf seinen Platz. „Jetzt wissen Sie, wie er aussieht“, sagt er zu den Premierengästen. „Sie können ihn später ansprechen. Er ist sehr nett.“

Hingegen vermag er den Werkschauregisseur Christopher Petit noch nicht öffentlich vorzuzeigen. Wer weiß, wo er sich gerade aufhält. „Man verläuft sich manchmal. Sogar in Hof.“ Dann sagt Badewitz, noch vor dem eigentlichen Eröffnungsfilm, den allerersten Festivalbeitrag an, Vuk Jevremovics apokalyptische Trickbilderflut aus der vergangenen und einer künftigen Steinzeit. „Das dauert nur drei Minuten. So lange bin ich weg. Sie schauen sich das jetzt an“, verfügt Badewitz, „dann komme ich wieder.“

Er wird häufig wiederkommen während der Woche. Erst recht im nächsten, im Filmtage-Jubiläumsjahr. Schon 2014 schaute er während seiner Eröffnungsansprache auf 2016 voraus: „Die Fünfzig mach ich noch voll.“