So ist er, der Österreicher Ludwig Wüst. Er macht Sachen, die nicht nur unüblich, sondern eigentlich ganz unmöglich sind. Sein insgesamt zehnter Film – und sein siebenter, der in Hof gezeigt wird – beruht auf Interviews mit Frauen, die vergewaltigt wurden. Was davon physisch und psychisch zurückbleibt, wird in einem bewegenden Text mitgeteilt. Dessen Verlesung dauert 18 Minuten, und man sieht dazu nur das Heft, in dem er geschrieben steht, und die Hände der einzigen Darstellerin Gina Mattiello – ein total „unfilmisches“ Verfahren. Mattiello führt auch die mal durch ein Hotelzimmer, mal durch tiefen Schnee taumelnde Kamera.

Wüst war beim Dreh meist gar nicht dabei. Sein Bestreben ist es, sich zurückzunehmen: Nach gründlicher Vorbereitung des Films wird er als Regisseur nicht mehr gebraucht. „Ohne Titel“ ist das Werk eines Besessenen, das aus dem Geist des Avantgardefilms und damit auch aus dem Geist der frühen Hofer Festival-Jahre entstand. Übrigens verwandelt sich das Opfer in eine Täterin. Die Frau bringt zwei Männer um und hält am Ende dem Betrachter vor: „Wenn ich diese Verbrechen nicht begangen hätte, würde ich Sie nicht interessieren.“ Zwei neue Filme hat Wüst so gut wie fertig. Vor seinem Beitrag fürs nächste Jahr fürchte ich mich schon heute. Aber ich freu mich auch drauf.

Regie: Ludwig Wüst;Spielfilm, 66 Minuten


Spannung --- Anspruch *** Humor ---

Freitag, 21.15 Uhr, Classic; Samstag, 14.30 Uhr, Casino