50. Hofer Filmtage "Der gute Film ist einer, der sich was traut"

"Der gute Film ist einer, der sich was traut" Quelle: Unbekannt

"Paris Texas" - 1984 stellte Wim Wenders diesen Film bei den Filmtagen vor. Gestern Paris, heute Hof - das sind seine Stationen der vergangenen Tage.

 
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Hof und Wim Wenders - das ist eine besondere Beziehung. Seit Festivalbeginn haben Sie 15 Filme in Hof gezeigt. 1992 erhielten Sie den Filmpreis der Stadt Hof, 2014 den Hans-Vogt-Preis. Sie haben Hof mit "Home of Films" buchstabiert. Was bedeutet Ihnen Hof, was die Hofer Filmtage?

Das hätte ich sicher anders beantwortet, als Heinz noch bei uns war. Dass wir nun plötzlich dieses Jubiläum ohne ihn feiern, stimmt mich echt traurig. Aber ich will auch nicht, dass diese Trauer auf seine Hofer Filmtage abfärbt. Das Festival war Heinz' Lebenwerk, und wir alle wollen, dass das in seinem Sinne weitergeht. Mir hat Hof immer viel bedeutet. Hier hat mal ein sehr persönlicher Film von mir aufgehört, "Im Lauf der Zeit" vor dem "Weiße Wand" Kino, und hier habe ich meine allerersten Kurzfilme gezeigt. Und danach viele andere. Mein "Home of Films" war nicht nur ein Slogan...

Sie haben Dutzende Filme gedreht - dabei wollten Sie eigentlich Mediziner und anschließend Maler werden. Wie haben Sie es geschafft, den ersten Film zu drehen?

Gute Frage. Das war damals sehr viel unwahrscheinlicher als es das heute für junge Regisseure ist. Es gab keine Förderung, und die damals existierende marode Filmlandschaft wollte mit uns "Jungfilmern", so das herablassend spöttische Schimpfwort, nichts zu tun haben. Das war ja auch einer der Gründe, warum Heinz sein Festival gegründet hat, als eine Art "Selbsthilfemaßnahme", damit diese Filme überhaupt eine Plattform hatten. Und konkret zu Ihrer Frage: Ich habe die Schulden meiner ersten Kurzfilme noch jahrelang abgestottert.

Filme machen gestern und heute: Gibt es Unterschiede zu damals, als Sie Ihren ersten Kurzfilm präsentierten, und heute? Worin liegen diese Unterschiede? Was macht den guten Film aus?

Der "gute Film" ist damals wie heute einer, der sich etwas traut und nicht eingefahrene Wege geht. Und damals wie heute waren diese "guten" Filme nicht unbedingt die kommerziellen, obwohl die sicher auch durchaus gut sein können. Manchmal stellt sich das erst später raus, was in einem Jahr wirklich ein "guter" Film war. Ansonsten: kein Vergleich zwischen damals und heute. Eine total veränderte Industrie, ein total verändertes Handwerk, eine in vieler Hinsicht veränderte Sprache.

Sie haben am 8. Dezember 2015 Regie geführt bei der Liveübertragung der Eröffnungsfeierlichkeiten des außerordentlichen Heiligen Jahres der Barmherzigkeit vom Petersplatz und dem Petersdom mit der Öffnung der Heiligen Pforte. Die in der Verantwortung des Vatikanischen Fernsehens stehende Übertragung wurde von Fernsehstationen in aller Welt übernommen. Wie kamen Sie dazu? Wie geht man an eine solche Aufgabe ran? Ohne Drehbuch? Als Filmemacher?

Zu viel der Ehre. Ich war bei dieser Übertragung nur "künstlerischer Berater". Die haben das mit rund 20 Kameras aufgezeichnet, beziehungsweise live geschnitten, und ich war nur für ein paar davon zuständig. Den Akt der Öffnung dieses Tores durch Papst Franziskus fand ich höchst symbolisch für das, was dieser Mann seit seiner Amtsübernahme tut. Deswegen hat mich das interessiert.

Mit "Les Beaux Jours d'Aranjuez" bringen Sie einen neuen Film mit nach Hof. In Venedig lief der Film bereits im Wettbewerb um den Goldenen Löwen. Für "Die schönen Tage von Aranjuez" ist der Kinostart am 26. Januar in Deutschland. War es Ihnen wichtig, die Deutschlandpremiere für den Film in Hof zu feiern?

Unbedingt! Wo sonst?!

Für den Film haben Sie mit Peter Handke zusammengearbeitet. Sie adaptieren damit das gleichnamige Theaterstück des Schriftstellers. Glaubt man den Rezensionen, passiert nicht allzu viel. Dennoch haben Sie den Film in 3-D gedreht. Weshalb?

(lacht) Gerade deswegen! Um dem fatalen Missverständnis entgegenzuarbeiten, daß in einem 3-D-Film "viel passieren" müsste. Leider, leider hat sich ja die irrige Meinung herausgearbeitet, dass 3-D ein Medium für Action und Blockbuster sei. Ich bin da entschieden anderer Meinung. Seine wirkliche Kraft kann dieses neue Medium, diese neue Sprache, viel besser in Dokumentarfilmen zeigen, oder überhaupt in Filmen, die einen starken Realitätsbezug haben. Das trifft ja auch für fiktive Filme zu. Die Tatsache, das 3-D fast ausschließlich für Fantasy benutzt wird, ist geradezu tragisch. Es kann gut sein, dass 3-D sang- und klanglos wieder verschwindet, bevor es seine wirklichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat. "Die schönen Tage von Aranjuez" - sage ich jetzt mal ganz unbescheiden - zeigt diese Möglichkeiten und beweist, wie zärtlich und natürlich diese Sprache eingesetzt werden kann.

Sie sind weltweit auf vielen Festivals unterwegs gewesen und immer noch unterwegs. Wie kann die Zukunft der Hofer Filmtage - ohne Heinz Badewitz - aussehen? Was wünschen Sie dem Hofer Festival?

Die Kontinuität, die Heinz im Sinn hatte, und an der er bis ins fünfzigste Jahr gearbeitet hat. Ich hoffe, dass die Hofer Filmtage so persönlich und entspannt bleiben können wie unter seiner Führung, und dass auch weiterhin so ein freundliches, geradezu "familiäres" jährliches Treffen der deutschen Filmemacher hier stattfinden wird.

Die Fragen stellte
Thomas Schuberth-Roth

Wim Wenders, Hof und andere Stationen

Wim Wenders, 71 Jahre, vielfach preisgekrönt, zählt zu den wichtigsten deutschen Filmemachern. Seine ersten Kurzfilme - und später erfolgreiche Spielfilme - zeigte er in Hof.

1968, zu den zweiten Hofer Filmtagen, war Wim Wenders, damals Schüler an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München, erstmals in Hof. Er zeigte den Zwölf-Minuten-Kurzfilm "Same Player Shoots Again". Auch 1969 und 1970 zeigte er, als Schüler an der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in München, drei Produktionen.

1971 war er einer der Mitbegründer des genossenschaftlichen Filmverlags der Autoren; Produktion und Vertrieb neuer deutscher Filme sollten damit gefördert werden.

In den 1980er-und 1990er-Jahren war Wenders Stammgast in Hof. "Paris Texas" (1984) und "Himmel über Berlin" (1987) hatten hier ihre Deutschlandpremieren, zuletzt, 2009, "Der scharlachrote Buchstabe" - und nun zeigt er "Les Beaux Jours d'Aranjuez".

Wenders war einer der ersten Filmemacher, der in 3D drehte. 2011 nutzte er diese neue Technik erstmals für den Dokumentarfilm "Pina" über die Choreografin Pina Bausch.

Im Herbst 2012 gründete Wim Wenders gemeinsam mit seiner Frau Donata die Wim-Wenders-Stiftung in seiner Geburtsstadt Düsseldorf. Er lebt heute in Berlin.

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