Kulmbach Einmal falsch parken: 108,66 Euro

Peter Engelbrecht
Laut einem Gerichtsurteil müssen Eigentümer eines Parkplatzes lediglich die Zufahrt und die Stellplätze von Schnee befreien. Für die Grünflächen gilt keine Räumpflicht. Foto: Bernd Wüstneck/dpa Quelle: Unbekannt

Ein Neuenmarkter muss nach einem Gaststättenbesuch in Bayreuth einen hohen Betrag berappen. Er beschwert sich - doch es gibt offenbar keine Handhabe.

 
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Neuenmarkt/Bayreuth - Ein Parkverstoß bei einem abendlichen Gaststättenbesuch kam Christian Schröppel teuer zu stehen: Die Euro Collect GmbH aus Würselen verlangte von ihm 108,66 Euro. Zähneknirschend zahlte der Mann aus Neuenmarkt. Offenbar gibt es keine Handhabe gegen die "Abzocke".

Am 18. Dezember um 19.24 Uhr hatte Schröppel sein Auto auf dem Privatparkplatz des Goldenen Löwen am Andreas-Maisel-Weg in Bayreuth geparkt, um ins benachbarte Liebesbier zu gehen. Fälschlicherweise dachte der ortsunkundige Neuenmarkter, der Parkplatz gehöre zum Liebesbier. Aber: Der Pächter des Hotels, Jörg Schöner, hatte für seine sieben Parkplätze einen Vertrag mit dem Rechtsdienstleister Euro Collect geschlossen, um Falschparker zu verfolgen. Schöner fotografierte das Auto von Schröppel und schickte das Bild an Euro Collect.

Dieser fiel aus allen Wolken, als er am 14. Januar die Rechnung erhielt - inklusive 22,40 Euro Schadenersatzforderung, 52 Euro Inkassovergütung, zwölf Euro Halterermittlungskosten, 10,40 Euro Post- und Telekommunikationspauschale plus 19 Prozent Mehrwertsteuer. Er fragte bei der Polizei nach, dort hieß es, er solle zahlen. Das tat er fristgerecht, doch seine Verärgerung ist noch nicht verraucht. Euro Collect bestätigte nun auf Anfrage unserer Zeitung, dass die Forderung vom 14. Januar das erste und einzige Schreiben gewesen sei. Ein Verzug müsse nicht vorliegen, da es hier um eine Forderung nach Schadenersatz aus unerlaubter Handlung gehe, teilte das Unternehmen mit. Die Abrechnung erfolge nach der gesetzlich vorgeschriebenen Gebührenverordnung. Zum Vorwurf des Wuchers erklärte das Unternehmen, ihr Mandant hätte auch sein Selbsthilferecht in Anspruch nehmen und den Falschparker abschleppen lassen können. Die Kosten hätten dann 300 bis 500 Euro betragen. "Aus Sicht unseres Mandanten war unsere Beauftragung die angenehmere Lösung für den Falschparker", lautete das Statement. Da ein Auto nicht als "empfangsbedürftiger Gegenstand" wie ein Briefkasten gelte, habe sich an dem Abend kein Hinweis auf einen Parkverstoß beziehungsweise eine Zahlungsaufforderung am Fahrzeug befunden.

Schröppel wandte sich auch an Jeff Maisel vom benachbarten Liebesbier. Dieser sollte doch seine Kunden gegen solche "unverschämten Praktiken" schützen. Doch Maisels Assistentin Eva Reichel antwortete, ihm nicht weiterhelfen zu können, da diese Angelegenheit nur Herrn Schöner vom "Goldenen Löwen" betrifft. Schröppel bezeichnet die Höhe der Parkgebühr als "unverschämten Wucher", die Vorgehensweise sei "völlig überzogen". Der Neuenmarkter: "So lassen sich Kunden nicht behandeln", schrieb er an Schöner. Er habe das Parkverbot nicht erkannt und entschuldigte sich. Vergeblich.

Schöner sagte, er verfüge im Goldenen Löwen über 28 Zimmer und lediglich über sieben Parkplätze. "An den Parkplätzen hängt meine Existenz", schilderte der Gastronom. Die von Euro Collect geforderten knapp 110 Euro bezeichnete er als "heftig". Doch er wisse sich nicht mehr anders zu helfen. Häufig würden die Parkplätze widerrechtlich belegt, die Falschparker interessiere das nicht, selbst wenn er sie anspreche.

Wer auf einen Parkplatz fährt, tritt damit in eine Art vertragliche Beziehung zum Grundstückseigentümer und erklärt sich mit den ausgewiesenen Bedingungen einverstanden, erläuterte die Verbraucherzentrale Bayern. Auf die Bedingungen müssten die Verbraucher durch entsprechende Schilder hingewiesen werden, sagte Esther Jontofsohn-Birnbaum von der Verbraucherzentrale. "Ist ein solcher Hinweis erfolgt, halten wir die Forderung prinzipiell für rechtens. In dem konkreten Fall erscheinen uns die Inkassokosten als zu hoch angesetzt. Gerichte beurteilen diese Frage jedoch sehr unterschiedlich." Deshalb bestehe "ein gewisses Risiko im Klageverfahren".

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