BSW und Fünf-Prozent-Hürde 0,1 Prozent – wie viele Stimmen sind das?

Michael Maier

Sahra Wagenknecht und ihre Freunde haarscharf unter der 5-Prozent-Hürde: Ging es dabei mit rechten Dingen zu?

 
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Sahra Wagenknecht (re.) und ihre BSW-Vertraute Amira Mohamed Ali müssen den Bundestag verlassen. Foto: dpa/Carsten Koall

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist mit 4,97 Prozent haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und ermöglicht damit Friedrich Merz und der CDU/CSU eine Zwei-Parteien-Koalition ohne die Grünen. Viele sind darüber erleichtert, BSW-Wähler natürlich nicht.

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Aber wie viele Stimmen fehlten dem BSW in der Nacht zum Einzug in den Bundestag, nachdem das ZDF und Forschungsgruppe Wahlen die Partei lange mit 5,0 Prozent in den Hochrechnungen geführt hatten – die ARD-Sender und die Demoskopen von infratest dimap jedoch mit 4,9 Prozent?

BSW fehlen 13.435 Zweitstimmen

Es waren nach Berechnung auf Grundlage von Daten der Bundeswahlleiterin exakt 13.435 Zweitstimmen, die der neuen Partei fehlten. 2.468.670 Stimmen holte das BSW von insgesamt 49.642.087 gültigen. Das sind 4,97293758 Prozent, bei mathematischer Rundung auf zwei Nachkommastellen also 4,97 Prozent und somit eindeutig weniger als 5,0 Prozent.


Fünf-Prozent-Hürde ohne Aufrundung

Das Bundeswahlgesetz (BWahlG) in Paragraph 4 (2) 2 ist dabei eindeutig, denn bei der Sitzverteilung nicht berücksichtigt werden „Parteien, die weniger als 5 Prozent der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen erhalten haben.“

Eine mathematische Aufrundung auf 5,0 Prozent kommt also nicht in Frage. Das BSW hätte zum Einzug in den Bundestag mindestens 2.482.105 Stimmen benötigt, erhielt jedoch nur 2.468.670. Anders also als die FDP bei der hessischen Landtagswahl im Oktober 2023, die laut Landeswahlleiter damals auf 5,03 Prozent kam, was abgerundet mit 5,0 Prozent angegeben wurde.

FDP schon öfter bei 5,0 Prozent

Schon mehrfach hatte die FDP dieses Kunststück übrigens bei Wahlen fertig gebracht, bevor sie nun eindeutig aus dem Bundestag flog. Das Wagenknecht-Ergebnis mit etwa 13.000 Stimmen zu wenig ist indes eines der knappsten und unglücklichsten in 76 Jahren Wahlgeschichte der Bundesrepublik.

Der BSW-Abgeordnete Fabio de Masi behauptet inzwischen, dass am Wahlsonntag unter Medienvertretern falsche Nachwahl-Befragungen kursierten, die das BSW mutmaßlich irreführend deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde verorteten. Nun wird deswegen sogar eine Wahlanfechtung erwogen – auch mit Hinweis auf Briefwahl-Probleme der Auslandsdeutschen.

Keine Kenia-Koalition durch BSW-Aus

Enttäuscht sein dürften neben Sahra Wagenknecht & Co. nun auch einige Grüne, die sich am Wahlabend offenbar schon in einer „Kenia-Koalition“ wähnten. Diesen Eindruck erweckte zumindest der scheidende Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck in der „Berliner Runde“ bei ARD und ZDF. Mit 11,6 Prozent abgestraft müssen die Grünen aber nun in die Opposition wechseln.

Habeck bleibt der Politik zwar als einfacher Bundestagsabgeordneter und womöglich auch als Talkshow-Gast erhalten. Vielleicht jedoch mit reduzierter Häufigkeit, die seinem neuen Rang entspricht?

Vorläufiges amtliches Endergebnis der Bundestagswahl 2025

  • CDU/CSU: 28,52 Prozent
  • AfD: 20,80 Prozent
  • SPD: 16,41 Prozent
  • Grüne: 11,61 Prozent
  • Die Linke: 8,77 Prozent
  • BSW: 4,97 Prozent
  • FDP: 4,33 Prozent

13000 Stimmen zu wenig für Wagenknecht

Im Übrigen sind 0,1 Prozent in Deutschland gar nicht so wenig: Immerhin 49.643 Stimmen würden bei der aktuellen Bundestagswahl diesem Wert entsprechen. Im Fall des BSW war es nur ein Bruchteil davon, der letztendlich gefehlt hat.


Während Merz und und Anhänger der künftigen Regierung die „13.000“ jetzt wahrscheinlich als neue Glückszahl ansehen, könnten Sahra Wagenknecht und ihre Freunde mangels Mitgliederoffenheit und Präsenz in den Wahlkreisen vor Ort womöglich die politische Chance ihres Lebens verpasst haben. Auch bei ihr dürfte die Talkshow-Präsenz nun zurückgehen. „Demokratie wächst von unten“, ist nicht ohne Grund eine alte Politologen-Weisheit.