2000 Jahre alter römischer Weißwein Forscher entdecken in Spanien ältesten Wein der Welt

Markus Brauer

Weine können fantastisch altern, aber auch oxidieren und „kippen“. Umso erstaunlicher ist das Alter eines Weins, den Archäologen in einem römischen Mausoleum in Spanien gefunden haben. Mit 2000 Jahren ist er der älteste, immer noch flüssige Vinum der Welt.

 
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Mit einem Alter von rund 2000 Jahren ist dieser Weißwein aus einer römischen Urne im spanischen Carmona der neue Rekordhalter unter den Weinen dieser Welt. Foto: © Juan Manuel Román/Journal of Archaeological Science Reports

Nüchtern betrachtet ist Wein – lateinisch vinum – ein alkoholisches Getränk aus dem vergorenen Saft der Beeren der Edlen Weinrebe (Vitis vinifera). Dank spezieller önologischen Ausbaumethoden (Önologie ist die Lehre und Wissenschaft vom Wein und Weinbau) ist heutiger Wein sehr vielfältig und kann jahrzehntelang reifen und haltbar sein.

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Doch irgendwann wird selbst der beste Wein ungenießbar. Die meisten Weine sind nur begrenzt lagerfähig. Wie lange sie haltbar sind, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Säure- und Alkoholgehalt spielen dabei ebenso eine wichtige Rolle wie die Rebsorte.

Unglaubliche Entdeckung in römischem Mausoleum

Umso erstaunlicher ist das, was Archäologen um Daniel Cosano von der Universität Córdoba in einem römischen Mausoleum in der Nähe der spanischen Stadt Sevilla in Andalusien entdeckt haben – den ältesten bekannten Wein der Welt.

Vor über 2000 Jahren wurde er wahrscheinlich als Grabbeigabe in die Urne eines wohlhabenden Römers gegossen und ist dort bis heute als rötliche Flüssigkeit erhalten geblieben. Ihre Studie ist im Fachmagazin „Journal of Archaeological Science Reports“ erschienen.

Eine Urne, randvoll mit 2000 Jahre altem Weißwein

Wein war im antiken Rom nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sondern begleitete auch die Toten auf ihrer Reise ins Jenseits. Das alkoholische Getränk war eng mit Bestattungsritualen verbunden war und wurde Verstorbenen zusammen mit anderen Grabbeigaben wie Wasser und Honig mitgegeben, um den Übergang in eine andere Welt zu erleichtern.

Doch bisher haben Spatenforscher in römischen Urnen nur vergorene, eingetrocknete Weinreste gefunden und noch nie immer noch flüssigen Wein.

Wein war im antiken Rom nicht nur ein Grundnahrungsmittel, sondern begleitete auch die Toten auf ihrer Reise ins Jenseits. Das Foto: Imago/Kena Images

„Trotz der anfänglichen Überraschung kamen wir sofort zu dem Schluss, dass die Flüssigkeit weder durch Überschwemmung oder Leckagen in der Grabkammer noch durch Kondensation in das Innere der Urne gelangt sein konnte“, erklären die Forscher.

Bisherigen Rekordhalter um 300 Jahre übertrumpft

Chemische Analysen, mit denen Cosano und seine Kollegen unter anderem den pH-Wert der Flüssigkeit und die Zusammensetzung bestimmter Mineralsalze sowie anderer organischer Verbindungen untersuchten, brachten schließlich Klarheit: Bei der Flüssigkeit handelte es sich tatsächlich um uralten Wein – Weißwein, der aufgrund besonderer Erhaltungsbedingungen bis in die Neuzeit hinein überlebt hat.

Mit einem Alter von über 2000 Jahren ist der Urnenwein der älteste flüssige Wein der Welt. Den bisherigen Rekordhalter – die „Speyerer Weinflasche“ aus der Zeit vor 1700 Jahren – überbietet er um mindestens 300 Jahre.

In solchen Amphoren wurde in der Antike Wein transportiert und gelagert. Foto: Imago/Kena Images
Bacchus war bei d Griechen und Römern der Gott des Weines, des Rausches, des Wahnsinns und der Ekstase. Foto: Imago/Depositphotos

Weißwein für die jenseitige Welt

Die Archäologen vermuten, dass bei der Bestattung des römischen Mannes seine verbrannten Knochenreste in einen einen Bleikasten mit gläserner Urne gefüllt wurden. Danach wurden die sterblichen Überreste rituell mit Wein übergossen und durchtränkt. Das sollte dem Toten vermutlich den Weg ins Jenseits erleichtern.

Das Mausoleum, in dem der Urnenwein gefunden wurde, liegt inmitten der spanischen Weinbauregion Montilla-Moriles in der andalusischen Stadt Carmona, 30 Kilometer von Sevilla entfernt. Der Ort war im ersten und zweiten Jahrhundert n. Chr. eine bedeutenden Gemeinde im römischen Reich, in der Weizen, Olivenöl und Wein angebaut wurden. Die Nekropole von Carmona ist die größte und am besten erhaltene antike Totenstadt auf der Iberischen Halbinsel.

Überreste der römischen Nekropole von Carmona. Foto: Imago/Pond5 Images

Zu dieser Totenstadt gehört auch das Mausoleum, das im Jahr 2019 bei Sanierungsarbeit enentdeckt wurde. In dem unterirdischen Familiengrab fanden die Archäologen neben der Urne mit dem Wein noch fünf weitere Ascheurnen. Wahrscheinlich wurden hier die Mitglieder einer wohlhabenden römischen Familie bestattet.

Dass die in der Urne ruhende Frau keinen einzigen Tropfen Wein fürs Jenseits mitbekommen hat, liegt wahrscheinlich daran, dass Wein damals noch als Getränk der Männer galt und sein Genuss für Frauen lange Zeit tabu war, wie Daniel Cosano erklärt.