Auch Karin Gläßl, die gemeinsam mit ihrem Mann Uwe das Wirtshaus „Zur Stieglmühle“ bei Waldershof betreibt, sieht das ständige Auf und Ab durch kurzfristige Änderungen kritisch. „Wie soll man da anständig kalkulieren können?“, fragt sie sich. Gäste, die sich erkundigen, ob ihr Wirtshaus an Weihnachten geöffnet sei, müsse Gläßl im Dunklen lassen: „Das wissen wir leider selbst noch nicht. Corona macht eine langfristige Planung unmöglich.“
Trotzdem bleibt die gelernte Bürokauffrau optimistisch: „So lange wir geöffnet bleiben dürfen, rudern wir. Und wir sind dankbar dafür, dass wir rudern dürfen und dass es uns nicht so hart getroffen hat wie die Reisebranche.“
Das „Rudern“ bedeutet auch, dass ihr Mann Uwe ein Stück weit wieder in seinen alten Beruf zurückkehrt. Der Metzgermeister wurstet, weshalb auch Wildschwein-Salami, Bratwürste und Polnische über die Wirtshaustheke wandern – eine Art erweitertes To-Go-Angebot, seitdem die 2 G-Regel wieder greift. „Und zusätzlich ein kleines zweites Standbein“, erklärt die Wirtin.
Keiner möchte Verantwortung tragen
Von den 90 Plätzen der „Stieglmühle“, die in pandemiefreien Zeiten jeden Tag ausgebucht waren, sind im Schnitt aktuell rund 15 besetzt. Lediglich eine Weihnachtsfeier steht an. „Viele Firmen canceln ihre Feste, weil sie nicht feiern dürfen. Die Verantwortung möchte in der heiklen Zeit niemand tragen.“
Weitere Gründe nennt Roland Gläßl vom Gut im Wunsiedler Ortsteil Göpfersgrün: „Unter manchen Gästegruppen sind Ungeimpfte, andere wollen die Booster-Impfung abwarten, bis sie sich wieder ins Lokal trauen.“ Zudem sei derzeit generell Vorsicht geboten.
Gutscheine können helfen
Das Resultat – eine Absagewelle: Etwa 90 Prozent aller Reservierungen von Familien, Vereinen und Firmen, die eine Weihnachtsfeier in dem Wirtshaus abhalten wollten, sind wegen Corona gestrichen worden. Wo in herkömmlichen Zeiten bis zu 35 Feiern wöchentlich stattfanden, geht es in diesem Jahr gediegen zu. Nur noch fünf Gruppen sind aktuell geplant. „Für uns ist die Adventszeit normalerweise die umsatzstärkste Zeit im Jahr“, sagt Gläßl. Mit dem To-Go-Geschäft ließe sich der corona-bedingte Ausfall nicht annähernd kompensieren. Eine andere Möglichkeit, die lokale Gastronomie zu unterstützen, seien Gutscheine. „Sie sind obendrein ein guter Ersatz bei einer ausfallenden Feier“, meint Gläßl. „Da müssen wir jetzt eben durch.“
Äußerst gut habe das To-Go-Geschäft während der ersten beiden Lockdowns bei „Baros Burgerkunzt“ in Marktredwitz funktioniert. Die eine Weihnachtsfeier, die für dieses Jahr angesetzt war, wurde storniert. „Bei uns macht sich das ständige Verschärfen der Regelungen primär im Tagesgeschäft bemerkbar“, sagen die Chefs, Romy und Sebastian Kunz. Sei der jüngsten Corona-Beschränkungen kämen weniger Gäste ins Baros. „Weil die Leute Angst haben, sich anzustecken oder nicht geimpft sind.“
Obwohl der Großteil der Restaurant-Besucher einsichtig sei, was das Umsetzen der neuen Maßnahmen angeht, habe es auch schon negatives Feedback gegeben. Zwei oder drei Leute hätten das Wirts-Ehepaar via Social Media verbal angegriffen, als sie ihre Follower über die Änderungen der Corona-Verordnung informierten. „Dabei halten wir uns lediglich an die Vorschriften. Uns sind die Hände gebunden“, betont Romy Kunz.
Wenn Gäste ihren Ausweis oder Impfnachweis vergessen, bleibt die Gastronomin hart. „Hin und wieder wird man dann schon einmal blöd angeschaut, aber wir müssen gewissenhaft sein.“ Hin und wieder komme es vor , dass Besucher mit der falschen Maske in den Laden kommen. „Da helfen wir gerne mit dem richtigen Modell aus“, sagt Kunz.
Mehr Planungssicherheit erwünscht
Was der Gastronomie-Branche helfen würde, wäre eine Plattform, die einen Überblick über die ständig variierenden Regeln gibt. „Teilweise sind die Vorschriften ja nicht einmal tagesaktuell“, kritisiert die Wirtin. So wäre zumindest ein bisschen mehr Planungssicherheit möglich.
Ihr Mann denkt mittlerweile an ein Vorgehen nach schwedischem Vorbild – ohne Ausgangssperren, Kontaktverbote und Lockdowns: „Vielleicht sollten wir die Maßnahmen fallen lassen“, sagt Sebastian Kunz. „Geimpfte könnten in einen normalen Alltag zurückkehren und Ungeimpfte, die eine Immunisierung verweigern, wären nach und nach genesen. Letztere müssten im Gegenzug aber ihren Anspruch auf eine intensivmedizinische Betreuung im Falle einer Corona-Erkrankung aufgeben.“ Foto: Peter Perzl