Abschied in Selb Vishay: Stehender Applaus für Lebensleistung

Am Donnerstag nimmt der Vishay-Vorstandsvorsitzende Gerald Paul offiziell Abschied vom Unternehmen. Die Festredner loben seinen Einsatz für die Firma und die Region.

 
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Um seine Zukunft müsse man sich keine Gedanken machen, sagt Gerald Paul in seiner Abschiedsrede augenzwinkernd: Seine Bewerbung als ungelernte Haushaltshilfe sei von seiner Frau angenommen worden. Und doch ist dem Firmenchef trotz allen Humors anzumerken, dass ihm der Abschied von „seiner“ Vishay zum Ende des Jahres nicht leichtfällt. Die Ehrengäste honorieren seine Lebensleistung am Donnerstagnachmittag mit langem Applaus.

Die Liste der Grußredner im Betriebsrestaurant wurde nur übertroffen von der Aufzählung seiner Verdienste für das Unternehmen – und die Region. Schon in der Begrüßung sagte Andreas Randebrock, weltweit zuständig für das Personalwesen: Es sei vor allem Paul zu verdanken, dass das Unternehmen in bestem Zustand an die nächste Generation übergeben werden könne.

Beständig und beharrlich

Voll des Lobes war auch Regierungspräsidentin Heidrun Piwernetz. Der gebürtige Selber Gerald Paul habe das Unternehmen in seinen fast 45 Dienstjahren zu einem der größten Hersteller von Halbleitern und elektronischen Bauelemente gemacht, an die Weltspitze geführt und damit auch die Wirtschaftsregion Oberfranken maßgeblich geprägt – und das mit der typischen Beständigkeit und Beharrlichkeit der Oberfranken. Seine Zielstrebigkeit habe ihm das Vertrauen des Firmengründers Dr. Felix Zandman eingebracht und sei die Basis dafür, dass Vishay zu den Global Playern gehöre. Nichtsdestotrotz sei Paul in der Region und seiner Heimatstadt verwurzelt, was die Stadt Selb mit der Verleihung der Goldenen Bürgermedaille honoriert habe. Herausragend sei zudem Pauls Engagement für den Firmennachwuchs, wodurch die Region ein stabiler Standort in der Zukunft bleibe.

IHK-Präsident Michael Waasner attestierte Paul eine außergewöhnliche Karriere, geprägt von Wissen, Expertise, Erfahrung und höchstem persönlichen Engagement. Damit habe er nicht nur die Firma an die Weltspitze geführt, sondern den Standort Selb und die gesamte Region gestärkt und stabilisiert. Zuverlässigkeit, Langlebigkeit und Qualität seien die Stärken des Konzerns. Pauls Einstellung habe immer Miteinander statt Gegeneinander, Schulterschluss statt Ellenbogen beinhaltet, er habe Mut und Rückgrat bewiesen. Er habe zudem das Unternehmen auf ein Fundament gestellt, auf dem die Nachfolger aufbauen können.

Unendlich dankbar

Landrat Peter Berek sagte, der Landkreis sei unendlich dankbar für Pauls Wirken und seine Verbundenheit zum Fichtelgebirge. Er habe den Menschen und seiner Heimat viel gegeben. Von Selb aus habe Paul wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen getroffen. Entscheidungen zu treffen und die richtige Richtung einzuschlagen, sei ihm auf einzigartige Weise gelungen. Vishay sei in Selb keine namenlose Struktur und trotzdem weltweit aufgestellt: „Das ist Kern ihres Lebenswerks.“ Firmen wie Vishay seien nicht nur Arbeitgeber, sondern „ein Stück unserer Heimat und unseres Stolzes“. Pauls Einsatz sei beeindruckend und beispielgebend, er sei der Macher schlechthin.

„Am liebsten wäre den Selbern ihre Unsterblichkeit und ein arbeitsfrohes Leben auf Ewigkeit“, formulierte Oberbürgermeister Ulrich Pötzsch. Dem vorbildlichen Unternehmer Paul sei es zu verdanken, dass Vishay ein dynamisches und weltweit agierendes Unternehmen sei, das zu den größten Arbeitgebern und zu den Big-Playern Hochfrankens zähle. Erreicht worden sei dies durch Mut, Ideenreichtum, Risikobereitschaft und Weitblick. Vishay sei zukunftsorientiert aufgestellt, spreche zudem vor allem junge Menschen an und gebe ihnen Perspektive. Pötzsch lobte auch das große Engagement bei der Förderung von Kindergärten, Schulen, Vereinen oder Feuerwehren. Direkt an Paul gewandt sagte Pötzsch: „Sie sind und bleiben ein Vorbild unserer Gesellschaft.“

Großes Vertrauen

Den Dank des Unternehmens überbrachte Andreas Randebrock, der vor allem Pauls Mut und Entschlossenheit ansprach. Dass Felix Zandman gerade Gerald Paul ausgewählt habe, spreche nicht nur für Zandmans Größe, sondern auch für Pauls Fähigkeit, Vertrauen aufzubauen. Als Vorstandsvorsitzender habe er es geschafft, bei mehr als 20 akquirierten Firmen Ordnung herzustellen, Strukturen und Systeme zu etablieren. Er hinterlasse ein finanziell mehr als gesundes Unternehmen, habe aber immer auch ein Gespür für die Menschen bewiesen. Er habe sich immer für seine Mitarbeiter verantwortlich gefühlt. „Vishay ist eine Erfolgsgeschichte, die es ohne Gerald Paul nicht gegeben hätte“, sagte Randebrock. Und weiter: „Als CEO gehst du, als Freund bleibst du.“ Zusammen mit Tilo Bormann aus dem Operativen Management überreichte er als Geschenk ein Bild, auf dem Pauls Konterfei aus 2000 kleinen Mitarbeiter-Fotos zusammengesetzt ist.

Und auch ein langjähriger Wegbegleiter Pauls schloss sich den Danksagungen an: Rainer Kropf als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Vishay Europe. Er dankte – auch im Namen von Erich Schädlich – für die faire, offene und konstruktive Zusammenarbeit. Paul sei es gelungen, aus einer Reihe unterschiedlichster Firmen und Technologien in der ganzen Welt ein funktionierendes und respektiertes Unternehmen zu gestalten. Dabei habe er auch unpopuläre Entscheidungen treffen müssen, diese aber auch selbst vertreten und verantwortet. Kropf und Schädlich hatten ein besonderes Geschenk vorbereitet: Mit Unterstützung der Stadt steht jetzt auf dem Selber Goldberg eine „Ruhebank für Vishay-Pensionäre“. Sie solle für Gerald Paul ein Ort der Ruhe und Begegnung werden und „bestimmt wirst Du uns beide dort ab und zu finden“.

Von nix kommt nix

Gerald Paul selbst zeigte sich ein wenig beschämt, wie er selbst sagte. Denn der Erfolg bedürfe neben der eigenen Anstrengung auch Fortune. Und sein Glück lasse sich in drei Punkte zusammenfassen: Den Durchbruch der elektronischen Anwendungen generell, die Person Felix Zandman sowie die sehr guten Mitarbeiter und Kollegen, die oft zu Freunden geworden seien. Sein Beitrag zum Erfolg von Vishay sei wohl bestimmt durch die angesprochene oberfränkische Beharrlichkeit („oder auch Sturheit“) sowie den Mut, Zandman auf seiner Reise zu begleiten. Es gelte, die Gelegenheit zum Mitmachen als Chance zu betrachten – und nicht als persönliches Risiko. Seine Philosophie laute „von nichts kommt nichts“. Das sei vielleicht wenig intellektuell, dafür aber realitätsbezogen.

Wie Paul weiter sagte, war Zandman sein Mentor. Zwar hätten der Firmengründer und seine Familie unter den Nazis furchtbar viel Böses erlitten. „Aber er war imstande, zumindest der jüngeren Generation der Deutschen zu vergeben.“

Auf der sicheren Seite

Vishay habe Erfolg, wachse ständig und werde wohl seinen Umsatz auf 3,5 Milliarden Dollar steigern können. Mit einer Liquidität von 1,7 Milliarden Dollar stehe man auf der sehr sicheren Seite. Aber die Zeiten seien nicht immer golden gewesen, man habe vielmehr auch üble und gefährliche Situationen gemeistert. Es sei gelungen, aus einem Konglomerat von über 30 zugekauften Einzelfirmen ein kohärentes Unternehmen zu formen. Er selbst glaube trotz des globalen Firmenansatzes fest an lokales Management und daran, „dass es die Besten an die Spitze schaffen müssen – egal, woher sie kommen.“

Die deutschen Standorte des Unternehmens seien sicher, nicht zuletzt, weil sie für Vishay wirtschaftlich wichtig seien. Dies stelle eine bessere Zukunftsgarantie dar, als dies die Existenz jedweden deutschen CEOs an der Spitze je könnte. „Mögen dies meine notorisch skeptischen Landsleute und speziell meine stets das Schlimmste befürchtenden Selber Mitbürger doch begreifen.“

Für ihn selbst gelte: „Mission completed. Ich gehe glücklich und zufrieden.“ Die letzten Sätze seiner Rede widmete Paul seiner Familie, der er großen Dank schulde: „Es war sicher nicht immer leicht, einen Streber zum Mann oder Vater zu haben.“

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