Ärger bei Beschäftigten Pflegebonus schafft Verdruss

Altenpflegerin Ramona Kürschner, im Bild mit Bewohnerin Anneliese Croy, hat gut lachen: Sie bekommt, wie alle Mitarbeiter in Seniorenheimen, den zusätzlichen Pflegebons. In den Krankenhäusern sieht das ganz anders aus. Der Ärger ist groß. Foto: Gabriele Fölsche

Nur wenige Mitarbeiter im Klinikbetrieb in Kulmbach sollen laut dem aktuellen Pflegebonusgesetz von einer Extrazahlung profitieren. Das, sagen Zweckverband, Geschäftsführung und Personalrat übereinstimmend, sei ungerecht. Doch selbst ein Ausgleich auf eigene Rechnung ist dem Klinikum verboten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Ein erneuter Pflegebonus für alle, die während der Corona-Pandemie in ungewöhnlichen Zeiten ein Höchstmaß an Belastung am Arbeitsplatz hatten? Das halten wohl alle für eine gute Idee. Doch die Umsetzung hat für Verärgerung gesorgt. Am Kulmbacher Klinikum sind viele enttäuscht, weil sie den Bonus nicht erhalten, obwohl auch sie einen großen Anteil daran hatten, dass der Betrieb trotz aller Belastungen, Ausfälle und zahlreicher Extra-Schichten sichergestellt werden konnte.

Denn den Pflegebonus bekommen nur examinierte Fachkräfte mit dreijähriger Ausbildung, die in der Pflege am Bett eingesetzt sind. Helferinnen und Helfer auf den Stationen gehen ebenso leer aus wie die Medizinischen Fachangestellten oder auch die Mitarbeiter in der Radiologie. Hebammen, die Mitarbeiter des Reinigungsdienstes und der Hauswirtschaft sowie andere Berufsgruppen sind ebenfalls nicht berücksichtigt. Sogar examinierte Kräfte, die innerhalb des Berechnungszeitraums den Arbeitgeber gewechselt haben, fallen durchs Netz.

Von der Zweckverbandspitze über die Geschäftsführung bis hin zum Personalrat gibt es in Kulmbach viel Verständnis für die Verärgerung. Landrat Klaus Peter Söllner weist darauf hin, das Klinikum habe versucht, aus eigenen Mitteln denen einen Ausgleich zu schaffen, die der Gesetzgeber nicht berücksichtigt hat. Doch dem ist, wie Söllner bedauernd sagt, aus rechtlichen Gründen ein Riegel vorgeschoben.

Bereits im September habe die Zweckverbandsspitze mit Geschäftsführerin Brigitte Angermann versucht, die Ungleichbehandlung wenigstens etwas auszugleichen, informiert der Landrat. „Wir hatten geplant, eine Zahlung für alle zu ermöglichen und das sogar schon auf die Tagesordnung in der Verbandsversammlung gesetzt. Wir wollten die geschaffene Tatsache entschärfen und auch den nicht Examinierten einen Bonus zukommen lassen. Die waren ja genauso im Geschirr, und wir sind all den Menschen in höchstem Maße dankbar, dass sie so hervorragende Arbeit geleistet haben.“

Doch der Plan habe nicht umgesetzt werden können. „Wir sind Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband und tarifgebunden. Da dürfen wir solche Sonderzahlungen nicht leisten.“ Die Meinung des Landrats ist eindeutig: „Ich halte das für grobe Ungerechtigkeit.“ Söllner war selbst sogar schon einmal stellvertretender Präsident des Kommunalen Arbeitgeberverbands in Bayern und ist Mitglied im Hauptausschuss.

Der Landrat hat persönlich in der Sache Pflegebonus auf eigene Kosten nachgefragt. Die Antwort sei eindeutig gewesen: „Mir wurde gesagt, das gehe überhaupt nicht und würde, setzten wir uns darüber hinweg, möglicherweise sogar strafrechtliche Tatbestände erfüllen.“ Der Straftatbestand der Untreue käme in Frage, würden über die tariflichen Bestimmungen hinaus Gelder ausgezahlt.

Dennoch sei sich auch der Kommunale Arbeitgeberverband der ungerechten Situation bewusst und glaube, dass es einer Korrektur der bislang geltenden Bestimmungen für die Auszahlung des Pflegebonus bedarf. „Aber wie das gemacht wird, kann ich derzeit noch nicht sagen.“ Was Söllner sagen kann: „Es hätte eine Lösung gefunden werden müssen, alle angemessen zu bedenken. Wir wollten das tun, durften es aber nicht.“

So kam es, dass bislang am Kulmbacher Klinikum nur etwa ein Viertel der Beschäftigten eine Zahlung nach dem aktuellen Pflegebonusgesetz erhalten konnten, berichtet Geschäftsführerin Brigitte Angermann. Auch sie betont, sie hätte sich das anders gewünscht: „Die Gestaltung des aktuell gewährten Pflegebonus ist nicht nur extrem ungerecht sondern geht auch in der Sache am Thema vorbei. Die Bewältigung der Corona-Pandemie ist nur durch einen berufsgruppenübergreifenden Zusammenhalt des gesamten Klinikums-Teams gelungen. Während etliche Pflegefachkräfte während der gesamten Pandemie aufgrund ihres Einsatzortes keinen Corona-Patienten zu behandeln hatten, haben auf der anderen Seite Pflegehelfer, medizinische Fachangestellte, Reinigungskräfte, Mitarbeiter aus der Notaufnahme, OP, Anästhesie, Röntgen oder anderen Bereichen standardmäßig Kontakt zu einer Vielzahl von Corona-Patienten. Eine genaue Beurteilung ist deshalb nur vor Ort möglich. Das Klinikum Kulmbach hat wie viele andere Häuser beim letzten Pflegebonus (nach § 26d KHG) bewiesen, dass Geschäftsführung und Personalrat in der Lage sind, eine gute Lösung für alle Beschäftigten zu finden. Dies wäre auch aktuell wieder gelungen. Dass in den Alten- und Pflegeheimen jeder Mitarbeiter einen Bonus bekommen hat, macht die Bewertung des Pflegebonus aus Sicht der Krankenhäuser nicht leichter.“

Für den Ärger in der Belegschaft hat Angermann größtes Verständnis: „Dass dieses Pflegebonusgesetz bei vielen Mitarbeitern aus allen Berufsgruppen zu Wut und Unverständnis geführt hat, ist nachvollziehbar. Die meisten Mitarbeiter verstehen aber auch, dass Geschäftsführung und Personalrat hier die Hände gebunden waren.“

Ganz und gar unzufrieden mit der Situation ist auch der Personalrat des Klinikums. Geschlossen haben alle Mitglieder einen Brief an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verfasst, in dem der Protest aus Kulmbach nach Berlin getragen wird. Unverständlich seien die Festlegungen des Pflegebonusgesetzes. „Bei den aktuell stattfindenden Auszahlungen kommt es zur Spaltung von Berufsgruppen innerhalb der Klinik. Was gut gemeint war, hat sein Ziel leider verfehlt!“, lautet die Einschätzung der Personalvertreter des Kulmbacher Klinikums.

Ein Krankenhaus könne nur dann funktionieren, wenn alle Zahnräder ineinandergreifen und ihre Aufgabe erledigen. „Wir können nur gewinnen, wenn die ganze Mannschaft harmoniert!“ Die Kulmbacher Personalvertreter fordern: Eine Nachbesserung der Bonuszahlungen muss her. Den Bundesgesundheitsminister fordern die Personalräte des Klinikums mit ihrem Vorsitzenden Frank Wilzok an der Spitze auf: „Nehmen Sie unsere Zeilen ernst und suchen sie nach gerechten Lösungen!“ 

Autor

Bilder