Ärztemangel Hof sucht wieder Superhelden

Hausärzte sind im Hofer Land Mangelware. Der Landkreis möchte das ändern – und hat längst Eigeninitiative ergriffen. Foto: picture alliance/dpa/Patrick Seeger

Stadt und Landkreis Hof sind auf der Suche nach jungen Medizinerinnen und Medizinern. Ein „Superheldenwochenende“, das erstmals auch Studierende aus Wirtschaft und Ingenieurwesen anspricht, soll sie von der Region überzeugen.

 
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Die ländlichen Regionen kämpfen um ihre Lebensqualität. Die hängt an vielen Faktoren, doch ein ganz besonders wichtiger ist unbestreitbar die medizinische Versorgung in unmittelbarer Nähe zum Wohnort – erst recht angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung. Hierfür Lösungen zu finden, da ist die Politik gefragt. Ein Weg, den unter anderem auch die gemeinsame Gesundheitsregion von Stadt und Landkreis Hof geht, ist der, junge Medizinerinnen und Mediziner gezielt durch eigens geschaffene Anreize in die Gegend zu holen.

So gibt es nicht nur ein Stipendienprogramm für Medizinstudierende, die während ihrer Zeit eine Uni eine Finanzspritze erhalten, sich aber im Gegenzug dazu verpflichten, nach ihrem Abschluss mindestens vier Jahre lang im Hofer Land zu praktizieren. Damit die Ärztinnen und Ärzte von Morgen die Region überhaupt erst kennenlernen können, gibt es das „Superheldenwochenende“, das in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet – vom 16. bis zum 18. September.

Auch die Wirtschaft sucht

Erstmals ist diesmal auch die Wirtschaftsförderung des Landkreises mit an Bord. Denn: „Fachkräfte fehlen nicht nur im Bereich der Medizin. Alle Brachen suchen“, erklärt Dagmar Müller aus der Pressestelle des Landratsamts. Daher wolle man heuer nicht nur Studierende aus der Medizin ansprechen, sondern parallel auch solche auch der Wirtschaft und dem Ingenieurwesen. Die fachspezifischen Besuche von Einrichtungen und Firmen unternehmen die einzelnen Gruppen getrennt, für das Kultur- und Freizeitprogramm kommen sie zusammen. So können zum Beispiel Paare oder Freunde aus unterschiedlichen Fachrichtungen diesmal gemeinsam teilnehmen.

„Dual Career“ heißt denn auch das neudeutsche Stichwort, auf das der Landkreis hiermit ebenso verstärkt seinen Fokus richten möchte. Es beschreibt die Vereinbarkeit der Karrierewege zweier Personen, die als Paar zusammen leben – auch im Hinblick auf Familienplanung und Familienangelegenheiten. „Wir haben bei den vergangenen Superheldenwochenenden oft die Rückmeldung von den Medizinern bekommen, dass sie gerne ihre Partnerinnen und Partner mitbringen würden“, erklärt Müller. Dem habe der Landkreis diesmal Rechnung tragen wollen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Wirtschaft und Ingenieurwesen nehmen mit großen Unternehmen Kontakt auf, lernen Chefs und Personaler kennen, schaffen Verbindungen, tauschen sich aus. Die Nachwuchsmedizinerinnen und –mediziner besuchen währenddessen Arztpraxen unterschiedlicher Fachrichtungen und Unternehmensformen sowie die beiden Hochfranken Kliniken im Landkreis und das Sana Klinikum in der Stadt Hof, wo sie sich praktisch ausprobieren und das eigene Netzwerk ausbauen können. Zu entdecken gibt es nicht nur die beruflichen Möglichkeiten und Firmen der Region sondern auch das reiche Kulturangebot. So sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während ihres Aufenthalts das Theater Hof, den Untreusee, das Deutsch-deutsche Museum in Mödlareuth und die Kulinarik der Region kennenlernen. „Wir wollen die Gelegenheit nutzen, sowohl die Karrieremöglichkeiten als auch die hohe Lebensqualität, die das Hofer Land bietet, sichtbar und erlebbar zu machen“, teilt das Landratsamt mit.

Hälfte der Plätze vergeben

Die Einladung zum Superheldenwochenende 2022 hat die Behörde Anfang Juni überregional auf den Seiten der medizinischen Fakultäten sowie den Social-Media-Kanälen hochgeladen. Im Juli startete die Anmeldung für die Bereiche Wirtschaft und Ingenieurwesen. Die Hälfte der angebotenen Plätze seien, Stand: 19. August, bereits vergeben gewesen. Insgesamt stünden jedoch ausreichend Kapazitäten zur Verfügung. „Da der Anmeldezeitraum noch läuft, ist in den Anmeldungen aktuell noch viel Bewegung.“

Das gesamte Wochenende über werden die Gäste kostenlos in einem Hotel untergebracht, um die Karrierechancen und das Leben im Hofer Land kennen zu lernen. Übernachtungen, Verpflegung und Eintritte bezahlt der Landkreis Hof. Ein Budget könne man derzeit nicht nennen, heißt es auf Nachfrage unserer Zeitung.

Vielseitiges Programm

Das finale Programm überrascht die angemeldeten Gäste am 16. September zur Begrüßungsveranstaltung im Gründerzentrum „Einstein 1“. Alle angefragten Arztpraxen hätten sofort ihr Mitwirken zugesagt. Weitere Praxen seien im Vergleich zu den Vorjahren hinzugekommen. Überall warten Workshops auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, bei denen sich die Studierenden selbst ausprobieren können. Immer stehen erfahrene Medizinerinnen und Mediziner – das heißt: womöglich künftige Berufskollegen – aus der Region für Fragen bereit.

Auf dem Programm für Wirtschaft und Ingenieurwesen stehen Industrieunternehmen der Branchen Kunststofftechnik, Textil und Maschinenbau. Die Namen möchte der Landkreis noch bekannt geben. „Wir besuchen echte Global Player, die im Hofer Land zuhause sind“, erklärt jedoch Klaus Gruber, Wirtschaftsförderer des Landkreises Hof, zum Programm. „Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen die Betriebe kennen und kommen direkt mit den Entscheidungsträgern, Personalverantwortlichen und Geschäftsführern ins Gespräch.“

Positives Feedback

Die Rückmeldungen von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bezüglich der vergangenen beiden Superheldenwochenenden seien sehr positiv. Das zeige sich in persönlichen Gesprächen, aber auch anhand des Bewertungsbogens, den alle Teilnehmenden ausgefüllt haben. Auch positive Mundpropaganda spiele eine wichtige Rolle. So sei vom ersten Superheldenwochenende 2020 eine Teilnehmerin so begeistert gewesen, dass sie unter ihren Kommilitonen in Jena eigeninitiativ für das Programm geworben habe. Daraufhin meldeten sich zum zweiten Superheldenwochenende sieben Studierende von der Friedrich-Schiller-Universität Jena an.

Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der vergangenen Superheldenwochenenden seien mit der Gesundheitsregion Plus Hofer Land in Kontakt geblieben. So gelang es etwa, Hospitationen und Praktika in Praxen und in Kliniken zu vermitteln. Die Betreuung gehe also über das Wochenende hinaus und die hiesigen Ansprechpartner stünden den Teilnehmern weiterhin gerne zur Verfügung.

Außerdem hätten sich aus dem Teilnehmerkreis des vergangenen Superheldenwochenendes weitere Interessenten für das Stipendienprogramm des Landkreises herauskristallisiert.

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