Afghanistan Taliban erobern sechste Provinzhauptstadt

red/AFP

Seit dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen im Mai hat die Miliz bereits weite Teile Afghanistans eingenommen.

 
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Bei Kämpfen zwischen Taliban und den afghanischen Sicherheitskräften in Kundus wurde am Sonntag dieses Gebäude zerstört. Foto: dpa/Abdullah Sahil

Kabul - Die radikalislamischen Taliban haben am Montag die sechste afghanische Provinzhauptstadt binnen weniger Tage erobert. Die Miliz habe nunmehr die „volle Kontrolle“ über Aibak in der nordafghanischen Provinz Samangan, sagte Vize-Gouverneur Sefatullah Samangani der Nachrichtenagentur AFP. Die Islamisten rückten laut einem Taliban-Sprecher zudem auf Masar-i-Scharif vor, den langjährigen Stützpunkt der Bundeswehr und der größten Stadt im Norden Afghanistans.

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Seit Freitag haben die Taliban insgesamt sechs Provinzhauptstädte erobert. Ihr größter militärischer Erfolg war am Sonntag die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Kundus, die ebenfalls lange Zeit Bundeswehrstandort war. Seit dem Beginn des Abzugs der internationalen Truppen im Mai hat die Miliz bereits weite Teile des Landes eingenommen.

Am Montag zogen sie auch kampflos in die Stadt Aibak ein. Die Stammesältesten hätten die Behörden nach den wochenlangen Gefechten in den Randbezirken der Stadt gebeten, weitere Gewalt zu verhindern, erklärte Vize-Gouverneur Samangani. „Der Gouverneur hat das akzeptiert und alle Truppen aus der Stadt abgezogen.“ Ein Taliban-Sprecher bestätigte die Einnahme der Stadt.

Regierung könnte Kontrolle über Norden des Landes verlieren

Sollten die Taliban auch die wirtschaftlich bedeutsame Stadt Masar-i-Scharif, Hauptstadt der Provinz Balch, einnehmen, wäre dies ein harter Schlag für die Regierung. Damit würde Kabul die Kontrolle über den Norden des Landes endgültig verlieren. 

In Masar-i-Scharif befand sich während des internationalen Kampfeinsatzes in Afghanistan das größte Feldlager der Bundeswehr. Erst Ende Juni waren die letzten Bundeswehrsoldaten von dort nach Deutschland zurückgekehrt.

Ein Taliban-Sprecher erklärte, die Kämpfer seien bereits in die Stadt eingedrungen. Behördenvertreter und Bewohner bestritten dies jedoch. Demnach begrenzten sich die Gefechte auf die umliegenden Bezirke. „Der Feind versucht, durch seine Propaganda die öffentliche Meinung zu verfälschen und die Zivilbevölkerung in Angst zu versetzen“, erklärte die Provinzpolizei von Balch.

Heftige Gefechte auch im Süden des Landes

Der Ex-Gouverneur von Balch, Atta Mohammed Noor, der großen Einfluss im Norden hat, kündigte Widerstand „bis zum letzten Tropfen Blut“ an. „Ich ziehe es vor, in Würde zu sterben, als in Verzweiflung zu sterben“, schrieb er auf Twitter. 

Auch im Süden des Landes lieferten sich die Taliban heftige Kämpfe mit dem afghanischen Militär. Seit Wochen versucht die Miliz dort, Kandahar und Laschkar Gah einzunehmen. „Wir räumen Häuser, Straßen und Gebäude, die von den Taliban besetzt sind“, sagte General Sami Sadat von der afghanischen Armee, der mit seinem Korps in Laschkar Gah kämpft.

Hunderte Taliban-Kämpfer wurden nach Angaben des Verteidigungsministeriums in den vergangenen 24 Stunden getötet oder verletzt. Allerdings übertreiben beide Seiten die kaum überprüfbaren Opferzahlen für gewöhnlich.