Ob jemand täglich zu einem Glas Rotwein greift oder sich fast jedes Wochenende mit Schnaps in einen Vollrausch trinkt, hängt auch mit dem Wohnort zusammen.
Während die Menschen in mediterranen Ländern häufig Wein trinken, ist es in Zentral- und Westeuropa eher Bier, in Osteuropa sind es Spirituosen. Eine Studie hat untersucht, ob sich dieses Trinkverhalten mit der Zeit ändert.
Ob jemand täglich zu einem Glas Rotwein greift oder sich fast jedes Wochenende mit Schnaps in einen Vollrausch trinkt, hängt auch mit dem Wohnort zusammen.
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Der Umgang mit verschiedenen Arten von Alkohol ist tatsächlich so tief in der Kultur verankert, dass er sich über einen Zeitraum von 20 Jahren in einem Land kaum ändert: Zu diesem Schluss kommt eine Studie zu Trinkgewohnheiten in Europa, die im Fachblatt „Addiction“ erschienen ist.
Deutlich wird in der Analyse von Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auch, wie gefährlich das Alkoholtrinken ist. In jedem der untersuchten Länder – neben den Ländern der Europäischen Union waren das Island, Norwegen und die Ukraine – wurden zahlreiche Todesfälle und verlorene Lebensjahre mit Alkohol in Verbindung gebracht. Die Tabellen werden angeführt von der Ukraine, dann folgen Litauen, Lettland und Estland in verschiedenen Reihenfolgen.
Besonders viel Schaden richtet Alkohol demnach in den Ländern in Osteuropa an, in denen häufig Spirituosen getrunken werden. Deutlich weniger gilt das für Länder in Süd- und Westeuropa, die von Weinkonsum geprägt sind.
Co-Autor Jürgen Rehm, der unter anderem in Toronto in Kanada und am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf forscht, warnt aber vor dem Trugschluss, Wein sei gut und Schnaps sei schlecht. „Zehn Gramm Alkohol sind im Prinzip zehn Gramm Alkohol, egal ob das jemand als Schnaps, Wein oder Bier trinkt.“
Der Hauptgrund für die großen Unterschiede seien die unterschiedlichen Lebenserwartungen in den europäischen Ländern, erläutert Rehm. „Die alkoholbedingten Schäden setzen auf die allgemeine Mortalität auf. Das heißt: Ein Liter reiner Alkohol in unterschiedlichen Situationen führt zu unterschiedlichen Schäden.“
So sei Alkohol ein wichtiger Faktor bei Tuberkulose-Toten, denn Alkohol schädige sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem. Doch in einem Land wie Deutschland zum Beispiel spiele Tuberkulose kaum eine Rolle.
Rehm schlussfolgert: „Wenn die Lebenssituation in den untersuchten Ländern sehr viel ähnlicher wäre, dann wären auch die Zahlen der alkoholbedingten Toten sehr viel ähnlicher.“
Insgesamt identifizierte das Forschungsteam sechs verschiedene Arten von Trinkgewohnheiten in Europa. Dabei unterschied sich die Gesamtmenge des puren Alkohols in den Gruppen nicht so sehr.
Sie lag zwischen 9,2 Litern in den vor allem Wein trinkenden südeuropäischen Ländern wie Frankreich, Italien und Griechenland und 12 Litern in den osteuropäischen Ländern wie Estland, Lettland und Litauen, in denen sowohl Hochprozentiges als auch andere alkoholische Getränke konsumiert werden.
Deutschland gehört der Studie zufolge zu den zentral- und westeuropäischen Ländern, die durch viel Biertrinken und vergleichsweise wenig konsumierte Spirituosen definiert sind. Außerdem gibt es noch die Länder mit viel Bier, viel Schnaps und häufigem Rauschtrinken, dazu gehören Kroatien, Tschechien und Polen.
In den Ländern der fünften Kategorie gibt es zwar viele Anti-Alkoholiker, aber auch viel Hochprozentiges, dazu gehöre die Ukraine und Bulgarien. Zuletzt wird in der Studie noch eine Gruppe angeführt, in denen besonders viele Menschen Alkohol trinken und das häufig bis in den Rausch: Finnland, Island und Irland gehören dazu.
Diese Länder-Gruppen seien in den untersuchten Jahren 2000, 2010, 2015 und 2019 größtenteils stabil gewesen, schreibt das internationale Forschungsteam. „Europa ist nach wie vor eine Region mit deutlich ausgeprägten Trinkgewohnheiten, die tief in der Kultur verwurzelt zu sein scheinen und daher schwer zu ändern sind.“
Da die Trinkgewohnheiten nach wie vor stark mit der Krankheits- und Sterblichkeitslast verbunden sind, kommen die Autoren zu dem Schluss, dass Wege gefunden werden sollten, um die erlernten Muster zu ändern. „Alkoholpolitische Maßnahmen für diesen Wandel sind vorhanden und sollten von allen europäischen Ländern in Betracht gezogen werden.“
Alkoholsucht
Trinken Sie zu viel? Greifen Sie zu oft zur Flasche? Testen Sie Ihren persönlichen Alkoholkonsum. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) hat einen Selbsttest – den Audit-Screen „Alcohol Use Disorders Identification Test“ – mit zehn Fragen entwickelt, um genau diese Fragen zu beantworten. Wenn Sie mehrere der folgenden Testfragen mit „Ja“ beantworten können, sollten Sie nachdenklich werden:
Zehn Fragen zum persönlichen Alkoholkonsum
1. Trinken Sie mehrmals pro Monat oder sogar pro Woche Alkohol?
2. Wie viel Alkohol trinken Sie typischerweise an einem Tag?
3. Trinken Sie fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit?
4. Wie oft haben Sie in den letzten zwölf Monaten erlebt, dass Sie mit dem Trinken nicht mehr aufhören konnten?
5. Konnten Sie aufgrund Ihres Alkoholkonsums normale Erwartungen an Sie nicht mehr erfüllen?
6. Müssen Sie am Morgen nach einer durchzechten Nacht öfter Alkohol trinken, um sich wieder fit zu fühlen?
7. Hatten Sie während der letzten zwölf Monate öfters Schuldgefühle wegen Ihres Trinkverhaltens?
8. Können Sie sich während der letzten zwölf Monate nicht mehr an den vorangegangenen Abend erinnern, weil Sie zu viel getrunken haben?
9. Haben Sie schon mal sich oder jemand anderen im betrunkenen Zustand verletzt?
10. Hat Ihr Umfeld, ein Verwandter oder Freund, ein Arzt oder Therapeut wegen Ihres Alkoholkonsums schon mal Bedenken geäußert?
Vorsicht, Alkoholsucht!
Je mehr dieser zehn Punkte auf Sie zutreffen, desto eher sollten Sie Ihr Trinkverhalten hinsichtlich Alkohol überdenken und sich professionelle Hilfe bei einer Beratungsstelle, einem Facharzt oder Therapeuten holen.