Schäden auf Großbaustellen Brennende Hochhäuser und teure Flughäfen

Ein Kraftwerk geht zu spät an den Start, ein halb fertiges Hochhaus fängt Feuer: Wenn auf Großbaustellen Fehler passieren, springt meist eine Versicherung ein. Der Marktführer hat nun ausgewertet, was bei solchen Projekten am häufigsten schiefgeht.

 
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Ein Feuer auf einer Baustelle in Polen. Zwischen 2013 und 2018 hat die Allianz weltweit fast 14.000 Schadensfälle auf großen Baustellen von Ingenieur- und Bauprojekten ausgewertet. Foto: Radek Pietruszka/pap Foto: dpa

München - Feuer, defekte Teile und schlechte Qualitätskontrollen gehören zu den häufigsten Schadensquellen bei großen Bauprojekten.

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Die Allianz hat eine Studie vorgestellt, die zeigt, was beim Bau von Flughäfen, Kraftwerken, Hochhäusern oder Fabriken besonders häufig schiefläuft - und am meisten ins Geld geht.

Auf großen Baustellen deutscher Unternehmen sind demnach defekte Produkte und schlechte Qualitätskontrollen der häufigste Grund für einen Versicherungsschaden.

22 Prozent der Schäden bei Bauprojekten gehen der Auswertung zufolge auf fehlerhafte Produkte und unzureichende Kontrollen zurück, dreimal mehr als auf Feuer. Auch was die Schadenshöhe angeht, stehen fehlerhafte Produkte und Kontrollmängel - ein Beispiel sind Schweißfehler - auf Rang Eins: Diese machen der Auswertung zufolge 30 Prozent der Schadensummen aus - mehr als jeder andere Schadensgrund.

Zwischen 2013 und 2018 hat die Allianz weltweit fast 14.000 Schadensfälle auf großen Baustellen von Ingenieur- und Bauprojekten ausgewertet, die bei dem Dax-Konzern versichert worden waren. Gut 2500 der untersuchten Fälle passierten bei Projekten deutscher Firmen - aber nicht zwangsläufig auch auf Baustellen in Deutschland.

So sind neben der zunehmenden Bedeutung von Defekten und Kontrollversagen auch die immer größeren Baustellen ein Trend, den die Autoren beobachtet haben. Die Projekte werden in der Tendenz immer umfangreicher, und der Bau dauert länger - was wiederum auch die Versicherungssumme und den potenziellen Schaden steigen lässt.

Ein Riesenairport wie in Dubai, dessen aktueller Ausbau bei der Allianz versichert sei, koste beispielsweise 32 Milliarden Euro. "Infolgedessen sind die Versicherungssummen jetzt viel größer - Projekte mit einem Wert von vier bis neun Milliarden Euro sind keine Seltenheit, Schäden in dreistelliger Millionenhöhe sind deshalb nicht auszuschließen", sagte Robert Maurer, der sich für die Allianz um die Versicherung von großen Bauprojekten in Zentral- und Osteuropa kümmert.

Auch politische Risiken wie Sanktionen oder Handelsstreitigkeiten hätten zugenommen - und die Schäden erhöht. Einen sehr großen Teil der Schäden bei Bauprojekten richten weltweit auch Feuer an: Ein prominentes Beispiel sei der Brand auf der Baustelle eines großes Hochhauses in Warschau im Juni, das auch bei der Allianz versichert sei. Weltweit verursachen laut der Untersuchung nicht defekte Produkte, sondern Brände und Explosionen die höchsten Schadenssummen (27 Prozent). Die häufigste Schadensquelle seien aber auch global gesehen defekte Produkte (27 Prozent).

Ein weiterer Trend seien die immer komplexeren Lieferketten: Früher seien etwa Flughäfen oder Kraftwerke zu einem Großteil von nationalen Auftraggebern und lokalen Lieferanten gebaut worden. Inzwischen liefern Unternehmen aus der ganzen Welt Maschinen und Anlagen. Geht etwa eine Turbine kaputt, dauert es mitunter Monate, bis sie getauscht oder repariert wird - und das kostet.

Was sagen Praktiker dazu? Norbert Preuß leitet ein Unternehmen in München, das große Bauprojekte plant und organisiert. Und er ist Geschäftsführender Vorstand im DVP, einem Verband für Projektmanager in der Bauwirtschaft. Für ihn ist die Phase vor dem ersten Spatenstich die riskanteste: "Blauäugig kalkulierte Budgets und Terminpläne" bereiten seiner Ansicht nach die größten Probleme bei Bauprojekten. Es gebe die Tendenz, Bauvorhaben immer schneller abzuwickeln. "Denn je schneller Sie sind, umso günstiger wird es." Oft sei der ehrgeizige Plan in der Praxis aber nicht einzuhalten.

Auch Bürokratie macht laut Preuß vielen Bauherren einen Strich durch die Rechnung: "Es gibt teils extreme Anforderungen durch unsere Genehmigungsbehörden". Das sei nicht unbedingt falsch, sagt Preuß. "Aber es ist schon eine besondere Herausforderung."

Die zunehmende Größe und Dauer eines Projektes, wie die Allianz-Studie beschreibt, hat laut Preuß einen weiteren Nachteil: Sei ein Projekt zum Beispiel für fünf Jahre angelegt, sei häufig die Preisentwicklung in der Kostenkalkulation nicht berücksichtigt. Damit meint er nicht nur die Inflation: "Inzwischen müssen Sie als Investor Baufirmen regelrecht hinterherlaufen", sagt Preuß. Es sei nicht leicht, Maurer, Dachdecker oder Installateure für ein Projekt zu engagieren. Denn die Baukonjunktur hat in den vergangenen Jahren deutlich angezogen - und die Firmen können sich hohe Preise erlauben.