Am Rotmain-Center Rolltreppen fliegen durch Bayreuther Nacht

Spektakulärer Ausbau von zwei Rolltreppen aus dem Bayreuther Rotmain-Center: Mitten in der Nacht schweben sie über die Stadt. Im Januar kommen neue. Der Abtransport ist eine logistische Meisterleistung – und manchmal auch ein ganz schönes Gefummel.

 
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Über dreieinhalb Stunden und zwei Anläufe braucht es, dann fliegt die erste Rolltreppe am ganz späten  Sonntag  durch die Bayreuther Nacht. Nummer zwei danach fliegt schneller. Bis 6 Uhr am Montagmorgen  ist die Straße Am Sendelbach an der Rückseite des Rotmain-Centers gesperrt. Um 3.30 Uhr ist die spektakuläre Aktion aber schon beendet. 

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„Das Problem ist nicht das Gewicht, sondern die Form der Rolltreppen“, sagt Sven Guntow, zuständig für den technischen Außendienst der Firma Herrmann+Wittrock mit Hauptsitz in Hof und einer Niederlassung in Bayreuth. Sie verleiht und koordiniert Kräne und anderes schweres Gerät. In der Sonntagnacht die Firma mit fünf Mann im Einsatz. Und mit einem  riesigen 250-Tonnen-Autokran.  Zudem sind Arbeiter  von Elektronenmaschinen Redl aus Murnau und KE Fahrtreppen involviert. 

7,2 Tonnen ist eine der beiden Rolltreppen schwer, die bislang das Erdgeschoss der Ladenstraße im Rotmain-Center mit dem ersten Stock verbunden haben. „Wären die Treppen viereckig, könnten sie auch noch viel schwerer sein“, sagt Guntow. „Dann könnten die vier Kettenstränge des  Krans viel leichter gleichmäßig zugreifen.“  Nicht die Länge von 16 Metern und auch nicht das Gewicht der Rolltreppen machen den Ausbau schwierig, sondern ihre asymmetrische Form.

Notwendig wird die Aktion, da im Januar 2023 TK Maxx ins Rotmain-Center einzieht. Und zwar in die Räume, in denen lange K&L-Ruppert war. Die Rolltreppen, deren Ort  direkt vor dem Eingang des neuen TK Maxx  ist, sollen deshalb erneuert werden. Die neuen Rolltreppen sollen am 15. Januar 2023 kommen. 

Um 20 Uhr am Sonntagabend geht es los. Zunächst wird der Autokran stabil ausgerichtet, bis er in der Waage steht. 72 Tonnen schwer ist das Gegengewicht. In der Fassade des Rotmain-Centers klafft eine Lücke. Die Betonplatten der Wände stehen nebenan. Anschließend werden die Ketten des Krans an die Rolltreppe angebracht und die Treppe Stück für Stück nach vorne gehievt. Der Plan: Die Treppe soll rund drei Meter über die Front des Gebäudes überstehen. Dann soll die Kette vorne angreifen. Liegt die Rolltreppe nur noch ein kleines bisschen auf, soll hinten zugegriffen werden. „Wie bei einer Art Flaschenzug“, sagt Michael Schaller, der Bayreuther Niederlassungsleiter von Herrmann+Wittrock.   Und der Flaschenzug muss genau berechnet sein: Greift der Kran hinten zu spät oder zu früh an, kann die Treppe  unkontrolliert über dem Sendelbach hängen. „Aber wir haben wochenlang geplant“, beruhigt Schaller.

Dennoch müssen die rund ein Dutzend Schaulustigen lange warten. „Die Länge der Kettenstränge muss eingestellt werden. Das ist ein bisschen  Fummelarbeit, aber die Treppe soll ja waagrecht raus“, sagt Guntow.  Um 22.01 Uhr setzt der Kran erstmals an. Drei Mitarbeiter stehen auf oder neben der Treppe, die nicht mehr rollt. Mit Gabelstaplern korrigieren sie die Position. Der Kranfahrer wird per Funk angewiesen. Er ist zu  weit weg, sieht nichts. Um 22.32 Uhr wird der Kranmotor laut. Die Spannung steigt. Um 22.38 Uhr schwebt die Treppe, liegt nicht mehr auf.

Dann ein Stopp. „Der Schwerpunkt der Treppe wurde falsch berechnet“, sagt Schaller. Der Motor der Treppe, der wie eine Stufe unten dran hängt, ist schwerer als erwartet. „Wir müssen neu berechnen.“ Die Treppe wird abgesetzt. „Danach kommt sie hoffentlich so heraus wie geplant.“

Das Warten in der Kälte geht weiter. Der große Moment  dann um 23.39 Uhr. Nachdem die Spezialisten gefühlt tausendfach die Kran-Ketten neu justiert haben, passt es jetzt. Der Autokranmotor   startet, damit der Auflieger beleuchtet wird. Plötzlich geht es ganz schnell – und schaut ziemlich leicht aus. Die tonnenschwere Treppe schwebt über den Sendelbach auf den Auflieger. Binnen weniger Minuten liegt sie dort und  wird fixiert. Bei der zweiten Treppe geht dann alles viel schneller. „Das war  keine Sache mehr“, sagt Guntow am Montag zum Kurier. „Wir wussten jetzt, wie es geht.“ Dass der Schwerpunkt neu berechnet werden musste, sei nicht ungewöhnlich. „Durch jahrelangen Betrieb ergeben sich manchmal Gewichtsverlagerungen.“ Um 2.30 Uhr liegt Treppe Nummer zwei auf dem Auflieger. Eine Stunde später verlassen die Fachleute zufrieden ihr nächtliches Quartier.