Arzberg Gemeinderat lehnt Biogasanlage ab

Von Daniela Hirsche

Bei der Abstimmung in Thiersheim ergibt sich ein Patt von 7:7. Damit ist das Projekt vom Tisch. Bereits vor der Sitzung hatten sich viele Landwirte gegen die Anlage ausgesprochen und eine Unterschriftenliste übergeben.

 
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Wegen des großen Widerstands aus der Bevölkerung und weil in einer Bioerdgasanlage Lebensmittel vernichtet würden, stimmten sieben Thiersheimer Gemeinderäte gegen den Bau einer solchen Anlage bei Kothigenbibersbach. Da ebenfalls sieben Räte dafür votierten, ist das Projekt abgelehnt. Foto: Archiv

Thiersheim - Der Thiersheimer Gemeinderat hat den Bau einer Bioerdgasanlage zwischen Kothigenbibersbach und Rosenbühl abgelehnt. Die Abstimmung brachte ein Patt von 7:7, damit ist das Projekt vom Tisch. Für die Anlage stimmten Thomas Geipel, Martin Kneidl, Carl-Peter Mötsch, Günter Reul, Claus Peter Riedelbauch, Gerd Riedelbauch und Thomas Strötz. Manfred Stulier war bei der Sitzung entschuldigt. Rund 40 Zuhörer waren in der Sitzung anwesend, für die auch die zusätzlichen Stühle nicht ausreichten.

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In den Wochen vor der Sitzung sei ein Schreiben von Junglandwirten mit einer Unterschriftenliste eingegangen, die darin ihre Bedenken zu der Anlage dargelegt hätten, sagte Bürgermeister Bernd Hofmann. Auch die Firma Purus aus Arzberg habe beim Landratsamt Bedenken angemeldet wegen einer möglichen Erweiterung ihres eigenen Betriebes. Einige Marktgemeinderäte und Thiersheimer hätten eine solche Biogasanlage der Firma Schmack in Kallmünz im Landkreis Regensburg besichtigt, berichtete Hofmann.

Kreisbäuerin Christine Medick gab zu bedenken, dass die Betriebsstruktur in den Landkreisen Regensburg und Wunsiedel nicht vergleichbar sei. In der Region betrieben 85 Prozent der Landwirte Viehwirtschaft und seien auf die Flächen angewiesen. Zudem gebe es bereits 17 Biogasanlagen. "Damit sind die Flächen ausgereizt", meinte Christine Medick. In den landwirtschaftlichen Familienbetrieben im Gemeindegebiet gebe es rund 40 Arbeitsplätze, die man nicht gefährden solle für vier Arbeitsplätze, die in der Biogasanlage neu entstehen würden.

"Die Bedenken der Landwirte gegen eine solche Anlage sind durchaus berechtigt", betonte Matthias Wölfel. Es gebe außerdem Stimmen aus dem Landwirtschaftsamt, die sich ebenfalls skeptisch geäußert hätten. Was sei beispielsweise, wenn nach fünf Jahren die Verträge mit den tschechischen Landwirten ausliefen und diese die Verträge nicht verlängern wollten, fragte Wölfel. Er sei von der Anlage in Kallmünz durchaus begeistert gewesen, sagte er. Doch entscheidend sei, dass dort eine Liefergemeinschaft aus umliegenden Landwirten bestehe. Dies sei in Wunsiedel nicht möglich, da hier bereits 17 Anlagen stünden.

Er sei ein großer Anhänger von erneuerbaren Energien, doch er glaube, die Zeiten, in denen man Ackerflächen zur Verstromung hernehme, seien vorbei, sagte Gerhard Lang. Ein Windrad entspreche beispielsweise 100 Hektar Biogasmais. Uschi Schricker meinte, für sie ein Grund zum Einwand sei, dass 60 000 Tonnen Lebensmittel pro Jahr in dieser Anlage verwertet würden und auch, dass so viele Kothigenbibersbacher dagegen seien.

Günter Reul sagte, dass er vor dem Besuch in Kallmünz skeptisch gewesen sei. Dies habe sich nun geändert. Mit der Anlage gebe es für die Gemeinde eine Investition von 16 Millionen Euro, und die Gemeinde benötige Gewerbesteuereinnahmen. Reul bezeichnete das Argument der Verschwendung von Lebensmitteln als lächerlich, zumal dafür nur fünf Prozent des Ernteertrags aus dem Egerer Becken benötigt würden.

Claus Peter Riedelbauch sagte , der Strom und die Wärme, die eine solche Anlage produziere, sei direkt vor Ort zu nutzen, wogegen man Windenergie nicht speichern könne. Martin Kneidl betonte, dass diese Anlage auch eine Chance für die Landwirte sein könne.

Zuhörer Siegfried Winter, dem der Marktgemeinderat das Wort erteilte, überreichte Bürgermeister Bernd Hofmann eine Liste mit 61 Unterschriften gegen die Anlage. "Die Thiersheimer sind über die Anlage nicht richtig aufgeklärt, diese Anlage macht unsere kleinen Landwirte kaputt", rief Siegfried Winter in den Saal.

"Ich positioniere mich ganz klar bei den Junglandwirten und den Kothigenbibersbachern", stellte Bürgermeister Hofmann in seinem Schlusswort nach der eingehenden Diskussion fest. Es sei eine Illusion, dass die Gemeinde durch eine solche Anlage von einer hohen Gewerbesteuer profitiere. Außerdem würden durch die Einspeisung ins Gasnetz keine Synergieeffekte entstehen. In Thiersheim seien die Landwirte anders als in Kallmünz nicht mit eingebunden. Auch Bundeslandwirtschaftsministers Hans-Peter Friedrich habe darauf, dass die Bundesregierung es als nicht mehr zeitgemäß erachte, Lebensmittel für solche Anlagen zu verwerten.

Die Flächen sind ausgereizt.

Kreisbäuerin Christine Medick


Vertreter der Firma erläutern die Daten

Frank Stumpf von der Firma Schmack Biogas aus Schwandorf, einem Tochterunternehmen der Viessmann Werke, hatte im Gemeinderat vor der Abstimmung erläutert, dass sich die Bioerdgasanlagen seiner Firma von herkömmlichen landwirtschaftlichen Biogasanlagen unterschieden. Der Aufbau der Anlage entspreche zwar in etwa dem einer landwirtschaftlichen Biogasanlage, sei jedoch um einiges größer dimensioniert. Außerdem werde das Gas nicht vor Ort verstromt, sondern in der Anlage entstehe Gas, das in die Erdgasleitung eingespeist werden könne. Der ausgewählte Standort eigne sich deshalb sehr gut, weil dort die Gasleitung direkt vorbei laufe.

Die für die Anlage benötigten Rohstoffe sollen zu 100 Prozent aus dem Egerer Becken im benachbarten Tschechien bezogen werden. Die Rohstoffe würden über die Staatsstraße herangefahren, sodass die Transportroute nicht durch Wohngebiete führe. Die Anlage benötige pro Jahr 40 000 Tonnen Mais, 20 000 Tonnen Getreideganzpflanzen und 10 000 Tonnen Feldgras. Diese Mengen würden auf etwa fünf Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Egerer Becken wachsen.

Eine solche Bioerdgasanlage sei die ideale Ergänzung zu Wind- und Solarenergie, sagte Stumpf. Für eine derartige Anlage könne man pro Jahr mit einem Umsatz von fünf Millionen Euro rechnen, wobei die Wertschöpfung in der Region bleibe. Außerdem hätte es eine Beteiligungsmöglichkeit für interessierte Bürger an der Anlage geben sollen, betonte Stumpf. Eine Biogasanlage erzeuge nicht nur Strom wie Windkraftanlagen, sondern auch Wärme. Außer Holz und Biogas gebe es keine weiteren Möglichkeiten, aus erneuerbaren Energie Wärme zu erzeugen.

Johann Mayer, ein Vollerwerbslandwirt aus Kallmünz und Vorsitzender der Lieferantengemeinschaft für die dortige Biogasanlage, schilderte seine Erfahrungen. Auch in Kallmünz habe es am Anfang viele Bedenken gegen eine solche große Anlage gegeben. Etwa sei befürchtet worden, dass in der ganzen Umgebung dann nur noch Mais angebaut werde oder die Pachtpreise anstiegen. Doch nichts von alledem sei eingetroffen. Alle Betriebe, die von Anfang an mitgemacht hätten, seien auch heute noch dabei. 150 Landwirte belieferten die Anlage.

Nach der Abstimmung, mit der Gemeinderat das Projekt ablehnte, äußerten sich die beiden Vertreter der Firma Schmack nicht mehr.