Arzberger Bürger Kritik am Verhalten mancher Stadträte

Christl Schemm
Am geplanten Bau einer PV-Freiflächenanlage beim Arzberger Ortsteil Seußen scheiden sich die Geister Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Patrick Pleul

Bei der Bürgerversammlung hat unter anderem Helmut Dittrich viele Fragen. Er wundert sich, dass keine Mehrheit für den Bau einer PV-Freiflächenanlage bei Seußen zustande kommt.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Batteriespeicher bei Röthenbach, PV-Freiflächenanlage bei Seußen, Feuerwehr- und Dorfgemeinschaftshaus in Seußen, Energiewende und Arbeitsplätze: Das sind im Wesentlichen die Punkte, die einige Arzberger in der Bürgerversammlung am Donnerstagabend angesprochen haben. Bürgermeister Stefan Göcking und Landrat Peter Berek erläuterten Sachverhalte und auch, wie und warum Entscheidungen getroffen werden – oder manchmal eben nicht.

Helmut Dittrich aus dem Stadtteil Seußen hatte gleich mehrere Anliegen. Auf seine Frage nach dem geplanten Batteriespeicher bei Röthenbach antwortete Bürgermeister Göcking, dass rund 2,8 Hektar Fläche dafür benötigt und davon etwa 1,5 Hektar bebaut würden. Er bestätigte, dass ein Investor aus der Schweiz, aber zudem die „Zukunftsenergie Nordbayern“ (Zenob) als Initiator und Gesellschafter beteiligt seien. Der Zenob gehöre auch die Stadt Arzberg an. Er könne keine exakten Zahlen nennen, sagte Göcking, doch würde der Speicher gebaut, könne die Stadt davon finanziell erheblich profitieren. Zwar würden nicht 100 Arbeitsplätze entstehen, aber Wartungspersonal werde benötigt.

Mehrheit dagegen?

Er habe den Eindruck, so Helmut Dittrich weiter, dass Bürgermeister Göcking und die SPD-Fraktion für den Bau der PV-Freiflächenanlage „Steiners Kreuz“ bei Seußen seien, aber die Mehrheit im Stadtrat dagegen sei. Auf die Energiewende eingehend, meinte der Seußener: „Der Wunsiedler Weg wird immer positiv dargestellt, aber ein Arzberger Weg ist nicht zu erkennen. Einigen Mitgliedern des Stadtrats geht es nicht um Lösungen, sondern darum zu verhindern und zu verzögern.“

Es sei korrekt, dass die Stadt Arzberg mit dem Bau der PV-Freiflächenanlage jährlich 100 000 Euro generieren und diese als Eigenmittel für zu 90 Prozent geförderte Projekte mit Kosten von einer Million Euro einsetzen könnte, sagte der Bürgermeister auf entsprechende Fragen Dittrichs. Dass Arzberg eine „Energiestadt“ sein solle, sei Beschluss des Stadtrats. Allerdings hätten sich in dieser Frage die Meinungen einiger Stadträte verändert. Er persönlich stehe hinter der Energiewende, würde aber nicht alle PV-Anlagen genehmigen, deren Bau von auswärtigen Investoren beantragt werde.

Kriterienkatalog in Arbeit

Im Fall der Anlage bei Seußen würde niemandem etwas weggenommen, da die Flächen im Besitz der Landwirte seien, erläuterte Göcking. Der Bau der Anlage sei auch eine Möglichkeit, die Existenz der landwirtschaftlichen Betriebe zu sichern. Richtig sei, dass eine Arzberger Firma händeringend nach Strom suche, der von einer PV-Anlage kommen könnte. Zurzeit erarbeiteten die Fraktionen einen Kriterienkatalog, nach dem Photovoltaik-Freiflächenanlagen gebaut werden könnten. „Dann kommt eine Genehmigung – oder nicht“, stellte der Rathaus-Chef in Aussicht.

Nach dem Kriterienkatalog fragte Jörg Marth, der Sprecher der Landwirte, die die Anlage bauen wollen. „Es gibt doch schon den Katalog der Zenob, wie viele Kataloge brauchen wir noch?“, wollte er wissen. Der Zenob-Katalog liege den Stadträten vor. Er gehe davon aus, dass das Thema erneut in der April-Sitzung behandelt werde, sagte Göcking.

Ins Plus kommen

Diejenigen Stadträte, die dem Bürgermeister die größten Vorwürfe machten, seien gleichzeitig die größten Verhinderer, schimpfte Helmut Dittrich – und meinte damit vermutlich die CSU- und UPW-Fraktion. Denn sie würden durch ihr Nein zum Bau der PV-Freiflächenanlage Einnahmen verhindern, die die Stadt zum Beispiel für den Bau des Feuerwehr- und Gemeinschaftshauses in Seußen dringend benötige. Der Rathaus-Chef verwies auf die demokratischen Mehrheiten im Stadtrat. Doch die Stadt müsse tatsächlich Einnahmen generieren, denn mehr könne im Haushalt nicht mehr eingespart werden. „Die Stadt sollte solche Investitionen wie in Seußen nutzen, um auf der Einnahmenseite ins Plus zu kommen“, betonte der Bürgermeister.

Dieter Hörwath meinte, man solle lieber eine große PV-Freiflächenanlage bauen als mehrere kleine. „Das ist ein Scheiß“, sagte er. „Nicht jeder sollte nur auf seinen eigenen Geldbeutel sehen.“ Paul Göths regte an, Mittel für eine Modellregion „Kühle Stadt“ anzufordern, um für die drohende „Heißzeit“ vorzubeugen. Gerhard Fritsch verwies auf den Sterbeüberschuss und die Probleme, Arbeitsplätze zu besetzen, aktuell zum Beispiel jenen eines Schornsteinfegers in Röthenbach.

Bilder