Aus der Region Missbrauchsverdacht: Möglicherweise mehr Opfer in Pflegeheim

Das Ausmaß des Missbrauchs alter Menschen in einem Pflegeheim im Landkreis Sonneberg ist möglicherweise größer als bislang bekannt.

 
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Das Alten- und Pflegeheim in der Schönen Aussicht in Neuhaus am Rennweg war am Donnerstag Ziel eines Polizeieinsatzes. Insgesamt sechs Objekte in den Kreisen Sonneberg und Saalfeld durchsuchte die Kripo auf der Suche nach Beweisen, die einen Missbrauchsverdacht untermauern sollen. Foto: Steffen Ittig

Neuhaus am Rennweg - Im Fall des vermuteten Missbrauchs hilfloser Bewohner eines Alten- und Pflegeheims in Neuhaus am Rennweg ist die Polizei mit der Auswertung sichergestellter Datenträger beschäftigt. Eine für Freitag angekündigte Information seitens der Landespolizeiinspektion Saalfeld wurde abgesagt.

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Unterdessen ist die Zahl möglicher Opfer gestiegen. Während nach der Durchsuchung des Heims und der Wohnungen der fünf beschuldigten Mitarbeiterinnen am Donnerstag von fünf Senioren die Rede war, kursieren am Freitag Berichte über mindestens sieben Opfer. Möglicherweise werden auf den sichergestellten Handys der Mitarbeiterinnen weitere Aufnahmen gefunden.

Die beschuldigten Mitarbeiterinnen sollen erniedrigende Fotos von den hilfsbedürftigen Menschen angefertigt und diese dann offenbar in einer Facebook-Gruppe ausgetauscht haben.

Der Sprecher der für den Fall zuständigen Staatsanwaltschaft Meiningen, Jochen Grundler, sagte unserer Zeitung, die Ermittlungen in dem Fall würden durch die Justiz und die Polizei mit einer hohen Priorität geführt. Bis wann die Ermittlungen abgeschlossen werden könnten, sei derzeit trotzdem nicht absehbar. Dies hänge nicht nur an den derzeit laufenden Vernehmungen der Beschuldigten, sondern auch daran, wie lange die Auswertung der am Donnerstag sichergestellten Datenträger dauere. Dass die Fotos von den mutmaßlichen Misshandlungen und Erniedrigungen in einer geschlossenen Facebook-Gruppe ausgetauscht wurden, wollte Grundler weder bestätigen noch dementieren. "Dazu können wir aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen", sagte er.

Die Anzeige, die die Durchsuchungen schließlich auslöst, war nach Grundlers Angaben bereits vor einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Dass es so lange dauerte, bis die Polizei das Seniorenheim und andere Objekte schließlich durchsuchte, habe zum einen daran gelegen, dass die Vorwürfe anonym erhoben worden seien. Das habe es schwierig gemacht zu prüfen, ob es einen ausreichend großen Anfangsverdacht in dem Fall gebe, sagte Grundler. Nur in einem solchen Fall aber seien so schwerwiegende Maßnahmen wie Durchsuchungen möglich. "Alles andere würde den Rechtsstaat aushebeln", sagte er. Zum anderen sei es vor der Durchsuchung wichtig gewesen, den Kreis der möglichen Täter so genau wie möglich einzugrenzen. Andernfalls würden bislang vielleicht unentdeckte Täter durch die Razzien gewarnt und könnten so Beweise vernichten.

Dass in diesem Verfahren derzeit ausschließlich Frauen beschuldigt würden, sei für die Staatsanwaltschaft weniger außergewöhnlich als es auf den ersten Blick scheine, sagte Grundler. Auch gegen Frauen gebe es häufiger Missbrauchsvorwürfe, als man das gemeinhin in der Öffentlichkeit glaube, sagte er. jwe/sh