Am Wochenende wurden zwei Hotels angegriffen, in denen Asylbewerber untergebracht sein sollen. Hunderte Randalierer versammelten sich am Sonntag in Rotherham in der Grafschaft South Yorkshire vor einem Hotel, warfen Scheiben ein und legten Feuer.
Eine Polizeisprecherin sprach von einem "besonders widerlichen Moment, als eine Mülltonne gegen das Hotel geschoben und in Brand gesteckt wurde, mit der klaren Absicht, den Bewohnern und dem Personal schweren Schaden zuzufügen". Die Polizei sei mit Wurfgeschossen attackiert worden. Ähnliche Szenen spielten sich am Sonntagabend bei einem Hotel in Tamworth nahe Birmingham ab.
Krawallmacher nahmen auch gezielt Moscheen ins Visier. Das Innenministerium kündigte an, die Gotteshäuser besser vor Übergriffen zu schützen.
Regierung will gegen Online-Scharfmacher vorgehen
Innenministerin Yvette Cooper kündigte auch ein entschiedenes Vorgehen gegen kriminelles Verhalten im Internet an. Die Organisation der Krawalle, das Befeuern der Spannungen und die Verbreitung von Falschinformationen seien mithilfe sozialer Medien stark befördert worden, sagte die Politikerin dem Nachrichtensender Sky News.
"Wir erwarten auch ein Vorgehen gegen diejenigen, die kriminelles Material gepostet haben und werden sicherstellen, dass die Social-Media-Unternehmen Verantwortung übernehmen", fügte Cooper hinzu.
Zu den Aktivitäten des verurteilten Rechtsextremisten Stephen Yaxley-Lennon, auch bekannt als Tommy Robinson, der als prominentester Rechtsextremer in Großbritannien gilt und auf Social Media Vorurteile schürt, wollte sich ein Regierungssprecher nicht konkret äußern. Nicht auszuschließen sei aber, dass hinter der Verbreitung von Falschinformationen durch Bots im Internet auch staatliche Akteure stünden, sagte er.
Bewährungsprobe für Ex-Chefankläger Starmer
Für den erst seit einem Monat amtierenden Regierungschef sind die Ausschreitungen die erste Bewährungsprobe. Starmer scheint dafür gut gerüstet. Er war Chef der Anklagebehörde Crown Prosecution Service (CPS), als englische Städte im August 2011 von schweren Krawallen erschüttert wurden.
Anders als heute handelte es sich damals aber nicht um rechtsextreme Ausschreitungen. Auslöser waren tödliche Schüsse der Polizei auf einen Mann mit irisch-jamaikanischen Wurzeln. Die Krawalle begannen in London und breiteten sich auf weitere Großstädte aus. Mehrere Menschen starben.
Damals tagten die Gerichte 24 Stunden lang, sieben Tage die Woche, um den Verdächtigen im Akkord den Prozess zu machen. Das steht auch jetzt wieder im Raum. Noch wurde dazu aber keine Entscheidung getroffen, sagte ein Regierungssprecher. Das britische Justizsystem gilt wie auch die Gefängnisse als völlig überlastet.
Kein Einsatz des Militärs geplant
Forderungen nach einem Einsatz des Militärs, unter anderem vom schottischen Ex-Regierungschef Humza Yousaf, lehnt die Regierung ab. Bei der Cobra-Sitzung habe diese Forderung keine Rolle gespielt, sagte der Regierungssprecher. Auch ein möglicher Rückruf der Abgeordneten aus der Sommerpause des Parlaments ist demnach bislang kein Thema.
Kritik an der Regierung kam von dem früheren Innenminister James Cleverly von den oppositionellen Konservativen, der sich nach der Wahlniederlage vor vier Wochen um die Nachfolge von Tory-Parteichef Rishi Sunak bewirbt. Die Cobra-Sitzung sei viel zu spät einberufen worden, sagte Cleverly Sky News. Er betonte, die Krawallmacher repräsentierten nicht das Land, das offen und tolerant sei.
Rechtspopulist und Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage verurteilte die Gewalt in einer Mitteilung ebenfalls, nachdem er zuvor in einem Video Verständnis für die Anliegen der Krawallmacher angedeutet hatte.