Rückschläge schienen Stamm nach einer kurzen Frustphase eher stärker zu machen. Nach Stoibers Rauswurf avancierte sie mehr und mehr zur Stimmenkönigin auf CSU-Parteitagen, sie wurde erst Vizepräsidentin und dann bis 2018 Präsidentin des bayerischen Landtags und überparteilich respektiert. Mit ihrem großen Herzen und ihrer Liebe zu den Menschen öffnete sie das Parlament für die Bürger, brachte den Landtag ins Land und etablierte ihn zu einem Diskussionsforum für Bürger und Experten. Der Landtag ist heute ein anderer als vor Stamms Amtszeit.
Diese allerdings war von einem persönlichen Schicksalsschlag überschattet. 2009 wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Stamm zog sich nicht zurück, sie ging offen mit der Krankheit um und kämpfte. Nach der Landtagswahl 2013 schien sie den Tumor besiegt zu haben, sie wirkte tatendurstig und lebensfroh wie zuvor. Natürlich ging Stamm auch wieder als Letzte von Feiern, wie immer „um halb“. Jetzt hat der Krebs doch gewonnen. Barbara Stamm, das „soziale Gewissen Bayerns“, starb am Mittwoch im Alter von 77 Jahren in Würzburg.
„Ihr großes Herz gehörte den Familien und ganz besonders den Schwächsten in unserer Gesellschaft. Mit ihrer Hilfsbereitschaft und Wärme war sie ein Vorbild für viele Menschen“, würdigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Verstorbene. Er verneige sich vor ihrem Lebenswerk.
„Ich bin zutiefst getroffen von der Nachricht vom Tod meiner Amtsvorgängerin“, sagte die amtierende Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU). „Wir verlieren mit Barbara Stamm eine über alle Parteigrenzen beliebte und hochgeschätzte Politikerin, die sich jahrzehntelang vor allem für die Ärmeren und Schwächeren in unserer Gesellschaft einsetzte und ihnen eine Stimme gab.“ Als erste Frau an der Spitze des Bayerischen Landtags habe sie sich „großen Respekt und hohes Ansehen erworben“.
Horst Seehofer, ehemaliger CSU-Chef und Ministerpräsident , sagte: „Sie hinterlässt in Bayern und in der CSU eine große Lücke, die nur schwer zu schließen sein wird.“ In all den Jahrzehnten in der Politik habe er „nicht viele von einem solchen Format kennengelernt“. Auch Politiker anderer Parteien zollten Stamm Respekt: „Barbara Stamm war für Bayern die Mutter der Nation“, sagte Hubert Aiwanger (Freie Wähler). „Es schmerzt sehr, sie zu verlieren. Ihre sozialen Verdienste sind nicht hoch genug einzuschätzen.“ Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Florian von Brunn, sagte, Stamms Tod mache ihn traurig. „Sie hatte Rückgrat, einen klaren sozialen Kompass und war doch immer für Kompromisse offen. Ihre menschliche fränkische Art und ihr Humor werden mir in Erinnerung bleiben.“
Auch die Lebenshilfe Bayern, deren Landesvorsitzende Barbara Stamm 21 Jahre war, würdigte die Verstorbene. Die stellvertretenden Landesvorsitzenden Hildegard Metzger und Gerhard John erklärten: „Mit Barbara Stamm haben wir einen wunderbaren Menschen verloren, der sich unermüdlich für die eingesetzt hat, die Hilfe brauchten.“
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