Behördenverlagerung Landwirtschaft in die Mitte rücken

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Das Grüne Zentrum, das in der Kulmbacher Spinnerei entstehen soll, ist durch die Zusammenlegung der Landwirtschaftsämter Coburg und Kulmbach mit dem Hauptsitz in Coburg nicht in Gefahr. Die Stadt Kulmbach bereite gerade den Bauantrag vor, informiert Landtagsabgeordneter Martin Schöffel. Foto: / Gabriele Fölsche

Das Landwirtschaftsamt Kulmbach-Kronach wird mit Coburg zusammengelegt. Der Sitz in Kulmbach bleibt aber.

 
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Kulmbach - Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverband sieht es pragmatisch. Wenigstens, sagt Wilfried Löwinger, bleibe der Ortsname Kulmbach im künftigen großen Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg-Kulmbach erhalten. Die Lichtenfelser und Kronacher haben es da weniger gut getroffen. Auch sie gehören zu dem großen Amt, das am 1. Juli seine Arbeit aufnehmen wird. Aber sie werden künftig höchstens erwähnt, wenn speziell ihre Außenstellen Thema sind. Am Mittwoch hat Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber die endgültigen Strukturen benannt, die für die Landwirtschaftsverwaltung im Freistaat künftig gelten werden. Das Amt in Kulmbach verliert damit seine Selbstständigkeit. Alle Dienststellen bleiben erhalten. Chef des neuen „Super-Amts“, das vier Landkreise umfasst, wird der Coburger Harald Weber. Der Kulmbacher Behördenleiter, Dr. Michael Schmidt, wird künftig die Leitung des Bereichs Forsten im neuen Amt übernehmen. Die Agrarverwaltung wieder stärker in die Mitte der Gesellschaft rücken ist das große Ziel hinter dieser Reform, heißt es aus dem Ministerium, das die Neuausrichtung und Modernisierung der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern als großen Schritt bezeichnet. Statt der derzeit 47 Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wird es ab 1. Juli bayernweit nur noch 32 Ämter geben. 17 Ämter bleiben selbstständig, 30 werden mit einem benachbarten Amt zu künftig 15 neuen und größeren Ämtern zusammengeführt. Agrarministerin Michaela Kaniber erklärt den Hintergrund für diese Entscheidung: „Wir brauchen mehr Dialog und Austausch zwischen Land- und Forstwirten, Verbrauchern, Handel, Anwohnern, Schulen oder Kommunen, um nur einige Beteiligte zu nennen. Eine straffere Verwaltung und gestärkte Ämter bedeutet weniger Leitungspositionen und mehr Personal für Kerndienstleistungen wie Beratung, Bildung und Information für Landwirte und Gesellschaft vor Ort.“ Mit den neuen Ämtern solle das Verständnis zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft gestärkt werden. Die Neuausrichtung trage den geänderten Anforderungen der Gesellschaft und der Landwirtschaft Rechnung. „Damit rücken wir die Landwirtschaft wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft und können auf aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, regionale Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln, Tierwohl oder dem Schutz der natürlichen Ressourcen effizienter antworten. Die Verwaltung wird bayernweit einheitlicher, wirtschaftlicher und effektiver“, sagte Kaniber.

Dr. Michael Schmidt bezeichnet die Neuausrichtung der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern als einen guten und richtigen Schritt. Der bisherige Kulmbacher Behördenleiter, der sich vom Sommer an auf den Forstbereich in den Landkreisen Kulmbach, Coburg, Kronach und Lichtenfels konzentrieren wird, sagt, die Zeiten haben sich geändert. Das habe auch das Volksbegehren “Rettet die Bienen“ gezeigt. „Die Leute sehen die Landnutzung heute mit anderen Augen. Früher haben die Menschen die Landwirtschaft in Verbindung mit Hunger und Versorgung gesehen, heute ist der Blick der Gesellschaft anders., Da geht es mehr um das Tierwohl und den Naturschutz.“ Darauf zu reagieren sei wichtig, sagt der Leitende Forstdirektor. Es gehe verstärkt darum, den Menschen mehr zu erklären, ihnen Sorgen abzunehmen. „Das kann man mit den heutigen Strukturen unserer Landwirtschaftsämter nicht schaffen. Wenn ich ein neues Ziel habe, brauche ich neue Strukturen. Wir wollen mit unseren Themen in die Mitte der Gesellschaft.“

Wichtig ist laut Michael Schmidt, dass alle bisherigen Behördenstandorte auch erhalten bleiben. Das sei gewährleistet, erklärt Schmidt, der als Forstexperte seinen Schreibtisch künftig vornehmlich im Forstamt in Stadtsteinach haben wird. Der Standort Kulmbach werde durch diese Ämterreform gestärkt, betont Schmidt. Wo jemand seinen offiziellen Dienstsitz hat, sieht der Forstexperte in der heutigen Zeit auch gar nicht mehr als so wichtig an. „Ich kann überall auf der Welt arbeiten heutzutage. Das Rad hat sich gedreht.“ Vieles, was früher noch wichtig war, habe sich durch die Digitalisierung verändert und sei nicht mehr so entscheidend.

Der Name des Amts und sein Hauptsitz seien für ihn nicht von entscheidender Bedeutung, so lange sich für die Bauern nichts zum Nachteil ändert und sie die Beratung bekommen, die sie brauchen, sagt BBV-Kreisobmann Wilfried Löwinger. „Wenn wir alles weiter in Kulmbach abwickeln können und nicht nach Coburg fahren müssen, ist das für uns in Ordnung. Wenn dann auch noch, wie angekündigt, neue Stellen geschaffen werden und das Amt gestärkt wird, haben wir damit kein Problem.“ Dass sich die Strukturen ändern müssen, kann Löwinger nachvollziehen. Ein Grund dafür sei der beklagenswerte Umstand, dass es immer weniger Bauern gibt. Er werde jetzt den Start des neuen Amts am 1. Juli abwarten. „Erst dann wird man wirklich sehen, wie es läuft und wie gut es für uns Bauern ist.“

Die Ämterreform sei schon lang im Gespräch, erinnert BBV-Kreisgeschäftsführer Harald Köppel. Der Bauernverband in Kulmbach sei dazu nicht gefragt, sondern nur informiert worden. Auch Köppel hat die Hoffnung, dass diese Reform gelingen könnte. „Die Landkreise sollen gleichberechtigt sein, an der Beratung soll sich nichts ändern, und die Ämter sollen sogar gestärkt werden. Wenn es so ist, dass wir auch weiter in Kulmbach verlässliche Ansprechpartner haben, dann können wir da nicht groß was dagegen sagen.“

Köppel sieht durch die Verlagerung des Amtssitzes von Kulmbach nach Coburg auch keine Gefahr für das Grüne Zentrum, das in einem Gebäudeteil der alten Spinnerei in Kulmbach entstehen soll. „Der Beschluss dafür ist ja schon seit längerer Zeit gefasst. Daran sollte auch nicht gerüttelt werden.“ Die Trendelvilla, in der das AELF jetzt sitzt, sei längst zu klein, verschiedene Bereiche an anderen Standorten in der Stadt untergebracht. Dem werde das Grüne Zentrum abhelfen.

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