Beruf und Karriere Oberfränkischer Prof: Warum ein Wirtschaftsstudium wertvoll ist

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„Ein entscheidender Faktor ist es, bei aller notwendigen Spezialisierung offen für andere Fachbereiche und andere Denkweisen zu sein“: Professor Jens Kirchner, Hochschule Hof. Foto:  

Wirtschaftswissenschaften sind spröde, ja sogar langweilig – so lautet ein gängiges Klischee. Stimmt gar nicht, sagt Fakultätsdekan Jens Kirchner von der Hochschule Hof. Ein Gespräch über Praxisnähe, Weitblick und die Angst vor Mathe.

 
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Die Wirtschaftswissenschaften gehören trotz mancher negativer Vorurteile noch immer zu den gefragtesten Studiengängen. Die Hochschule Hof lädt für Donnerstag Interessierte zu einem Informationstag über die Bachelor-Studiengänge Betriebswirtschaft, Internationales Management, Wirtschafts- und Organisationssoziologie, Wirtschaftspsychologie und Wirtschaftsrecht ein. Wir sprachen dazu mit Professor Jens Kirchner, Dekan der Wirtschaftsfakultät der Hochschule Hof.

Herr Professor Kirchner, warum haben Sie sich einst für ein Wirtschaftsstudium entschieden?

Wie viele junge Menschen war ich nach dem Abitur noch unentschlossen, in welche Richtung es beruflich gehen sollte. Anfangs hatte ich mit Jura geliebäugelt, aber dann kam ein Schlüsselereignis, weshalb ich mich dann doch für ein Wirtschaftsstudium in Würzburg entschied: Meinen Zivildienst habe ich in einem Wohnstift für Senioren absolviert. Der Chef war ein sehr offener, zugänglicher Mensch und erfahrener Manager, dem es wichtig war, dass wir als Zivildienstleistende möglichst viel lernen. Er hat mir vieles erklärt, sodass ich einen guten Einblick in Organisations- und Verwaltungsprozesse gewinnen konnte. Damals habe ich gemerkt, dass es eine enorm reizvolle Aufgabe ist, Strukturen und Prozesse so zu gestalten, dass sie optimalen Nutzen für die Kundinnen und Kunden, in diesem Fall für die Bewohnerinnen und Bewohner des Wohnstifts, haben. Am Ende des Zivildienstes war mir klar, dass ich mir ein tieferes Wissen darüber aneignen möchte.

Von den beiden Wirtschaftsnobelpreisträgern Esther Duflo und Abhijit Banerjee ist der Satz überliefert: „Die Ökonomie ist zu wichtig, als dass man sie den Ökonomen überlassen dürfte.” Sind Sie auch so selbstkritisch mit Ihrer Zunft?

Wenn es Duflo und Banerjee darum geht, mit ihrer Aussage zu mehr interdisziplinärem Denken aufzurufen, dann kann ich das nur unterstützen. Gleichwohl braucht man in jeder Disziplin eine gewisse Kenntnis in der Tiefe. Denn in der heutigen hoch spezialisierten Arbeitswelt reicht es meistens nicht mehr aus, ein Generalist zu sein. Ein entscheidender Faktor ist es jedoch, bei aller notwendigen Spezialisierung offen für andere Fachbereiche und andere Denkweisen zu sein. Wir als Hochschule wollen mit unserer Ausbildung dazu beitragen, dass junge Menschen eine solche Haltung entwickeln. Interkulturelle Kompetenz etwa ist in den Wirtschaftswissenschaften ein Pflichtfach.

Die Hochschule Hof hatte unter Ihrer Federführung den Studiengang Betriebswirtschaftslehre zum Wintersemester 2020/2021 neu konzipiert. Wie sieht die Neugestaltung in groben Zügen aus?

Um junge Menschen auf die fortschreitende Digitalisierung der Wirtschafts- und Arbeitswelt vorzubereiten, spielen digitale Inhalte eine bedeutende Rolle in der Ausbildung. Ein zentrales Ziel ist es, dass sich Studierende Kompetenzen aneignen, die in der unternehmerischen Praxis gefragt sind. Grundsätzlich gibt es im Bachelor-Studiengang Betriebswirtschaft ein überarbeitetes generelles Grundlagenstudium. Darauf bauen sechs Fachrichtungen auf, die auf unterschiedliche Fähigkeiten, Interessen und Ziele der Studierenden ausgerichtet sind und einen besonderen Fokus auf Digitalisierung haben: Digital Commerce und Marketing, Entrepreneurship und Tech Startups, Digitales Supply Chain Management und Logistik, Personal- und Organisationsmanagement, Digitales Prozessmanagement und IT-Technologien sowie Finance, Accounting, Controlling, Taxation (FACT).

Viele junge Menschen haben einen regelrechten Horror vor Mathematik. Diese spielt aber auch im Wirtschaftsstudium eine Rolle, was manche abschreckt. Was raten Sie Interessierten, die nicht gerade Freunde von Zahlen und Formeln sind?

Der Stoff ist auch für diejenigen, die keine Mathe-Talente sind, zu schaffen. Aber wir wissen, dass Mathematik für manche Studierende ein wunder Punkt ist und gewähren deshalb allerlei Hilfestellungen. Die Dozenten bieten neben den Vorlesungen auch Übungsveranstaltungen an. Zusätzlich gibt es noch Tutorien, in denen mit Unterstützung von anderen Studierenden wiederholt und geübt werden kann. Es gibt darüber hinaus auch Studiengänge, die kaum Berührungspunkte mit Mathematik haben – etwa Wirtschaftsrecht.

Wo muss man ansetzen, damit das Wirtschaftsstudium neben der Vermittlung von theoretischen Kenntnissen auch auf die unternehmerische Praxis vorbereitet?

Das geht vor allem durch konkrete Projekte von Studierenden mit Unternehmen beziehungsweise Institutionen. Wir haben da gute Beispiele. So hat gerade eine Gruppe von Studierenden bei einem Projekt für die Selber Netzsch-Gruppe eine Marktanalyse in den USA erstellt. Aktuell kümmern sich Teilnehmer des Masterstudiengangs Digital Business Management im Rahmen eines Projekts mit der Audi Group um die Digitalisierung von Prozessen.

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