Besuch am digitalen Bankschalter in Leupoldsgrün Sieht so die Bank der Zukunft aus?

Landrat Oliver Bär (links) lässt sich von Markus Suttner erklären, wie der digitale Bankschalter funktioniert. Raiffeisenbank-Mitarbeiterin Annemarie Franz musste sich anfangs ein wenig umgewöhnen, schätzt jedoch diese Art der Beratung unter anderem wegen der Diskretion. Foto: /Gödde

Überweisungen per Video-Chat: Die Raiffeisenbank Hochfranken West versucht ein neues Modell, um das Filial-Netz beibehalten zu können. Es ist in der Region einmalig.

 
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Leupoldsgrün/Stammbach - Der erste Eindruck ist: „Wow, wie futuristisch.“ Und zwar weniger, weil da ein Mensch auf einem Bildschirm lächelt und mit einem redet. Nein, vor allem weil dieser Mensch keine Maske trägt. Ein Szenario, auf das die Gesellschaft wohl noch eine Weile wird verzichten müssen. Hier, in diesem kleinen Abteil in der Raiffeisenbank-Filiale in Leupoldsgrün, ist dieses Szenario seit ein paar Tagen Gegenwart. Auf dem Bildschirm zu sehen ist Annemarie Franz. Sie ist eine von vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Raiffeisenbank Hochfranken West, die den Digitalen Bankschalter betreut. Überweisungen, Daueraufträge, Kontoeröffnungen und mehr können die Kunden nun von Angesicht zu Angesicht mit jemandem, der nicht anwesend ist, regeln. Dafür müssen sie nur in den kleinen Raum: Die Lichtschranke löst aus, die Dame am digitalen Schalter bekommt ein Signal und schaltet sich auf den Bildschirm. Annemarie Franz ist für die Leupoldsgrüner Kunden ein bekanntes Gesicht und stand früher im Wechsel am Schalter in Schwarzenbach am Wald und in Leupoldsgrün. Jetzt sitzt sie in der Schwarzenbacher Geschäftsstelle und betreut die Kunden digital. „Ohne Maske, das ist schon toll“, sagt sie. Echte Beratungsgespräche zu Altersvorsorge und anderen Themen finden nach wie vor persönlich in der Filiale statt.

Was die Raiffeisenbank hier in Leupoldsgrün eingeführt hat, ist nach Aussage der Verantwortlichen nicht nur in der Region einmalig. „Wir wissen von Banken in Kaufbeuren und der Südpfalz, die so etwas auch anbieten“, sagt Jürgen Wiesel, einer der beiden Vorstände der Raiffeisenbank. Das neue Produkt, wie Wiesel es bezeichnet, nennt sich „ProRegion Mein Service“ und ist eine Antwort auf die vielen Fragen, die sich Banken (und viele andere Dienstleister und Akteure) im ländlichen Bereich gegenwärtig stellen. Schwindende Bevölkerung, Verlagerung ins Internet, Kostendruck – dies sind nur einige der Herausforderungen, mit denen sich auch die Raiffeisenbank heutzutage beschäftigen muss. Weniger Kunden, weniger Personal, aber immer noch gleich viele Gemeinden, in denen sich die Kunden Betreuung und Service wünschen. „Während sich Mitbewerber aus der Fläche zurückziehen, beschreiten wir andere Wege“, sagt Jürgen Wiesel und verteilt damit auch einen kleinen Seitenhieb gegen die Sparkasse, die in den vergangenen Jahren einige Geschäftsstellen in der Region aufgegeben hat. Wiesel betont: „Wenn wir uns aus der Fläche zurückziehen, gibt es uns nicht mehr.“ Der digitale Bankschalter ist daher ein Instrument, um den Service mit dem gleichen Personal in der Breite aufrechterhalten zu können. Wiesel und sein Vorstandskollege Andreas Schlick rechnen vor, dass sich die Service-Zeit mit dem digitalen Bankschalter im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie mehr als verdoppelt habe, weil das Personal nicht wechselweise am einen oder anderen Ort anwesend sein muss. Montag und Donnerstag von 8.30 bis 17.30 Uhr und Dienstag und Freitag von 8.30 bis 16 Uhr ist der digitale Schalter besetzt. „Persönlich-digital“ nennt die Raiffeisenbank diese Art der Betreuung.

Wiesel, Schlick und Marktbereichsleiter Markus Suttner betonen im Pressegespräch am Donnerstag, wie wichtig der Verbleib im ländlichen Raum für die Raiffeisenbank für das eigene Selbstverständnis sei, Jürgen Wiesel sagt aber auch, es gebe ebenso betriebswirtschaftliche Gründe. Es muss sich eben rechnen. Man hätte es sich auch einfacher machen können. „Ein Callcenter wollten wir aber auf keinen Fall“, sagt Markus Suttner.

Rund 200 000 Euro hat die Bank in den digitalen Bankschalter investiert. Allein mit der Videostele, wie sie nun in der Leupoldsgrüner Geschäftsstelle steht, ist es dabei nicht getan, erklärt Andreas Schlick. Drei dieser Stelen hat die Raiffeisenbank in einem ersten Schritt angeschafft, hinzu kommen noch Arbeiten im Hintergrund und an der Internet-Leitung.

Dass besonders ältere Menschen mit moderner Technik gerne noch etwas fremdeln, ist den Verantwortlichen bewusst. Deshalb ist in den ersten Wochen immer noch ein Mitarbeiter als Ansprechpartner mit vor Ort. „Um die Hemmungen zu nehmen“, sagt Markus Suttner.

„Bisher wird das Angebot gut angenommen. Ich musste mich anfangs aber schon umgewöhnen“, sagt Franz.

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