DKMS-Typisierungsaktion 1000 Menschen wollen Merza und Erik retten

Der Ansturm am Sonntag in Köditz ist riesig. Die Organisatoren der Registrierungsaktion sind von der Hilfsbereitschaft der Menschen überwältigt.

 
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„Erik, halte durch, wir stehen hinter Dir“, diese Botschaft hat Elias Neumann für seinen besten Kumpel, der gerade im Uniklinikum Jena gegen eine schreckliche Krankheit kämpft. Elias ist mit seinen Eltern nach Köditz gekommen, wo in der Göstrahalle am Sonntag eine große Registrierungsaktion gelaufen ist. Organisiert hatte sie der TSV Köditz, nachdem bekannt wurde, dass zwei Kinder – Erik aus Köditz und Merza aus Hof – an Leukämie leiden und dringend Stammzellenspender brauchen. „Es ist so schön, dass so viele Leute kommen“, schwärmt der elfjährige Elias.

Ziemlich genau 1000 Menschen sind es am Ende des Tages, die kommen für Merza, Erik und  und alle anderen, die an Blutkrebs leiden. „Wir sind kaputt, aber auch glücklich“, sagt einer der Organisatoren, Alexander Spindler, am Ende der Veranstaltung.

Im Vorfeld hatte er zusammen mit den anderen, die helfen wollten,  die  Werbetrommel gerührt, in den örtlichen  und auch in den sozialen Medien. Sie haben die Verköstigung organisiert, einen  Kuchenverkauf, eine Tombola  und ein Lauf-Event. So viele Menschen wie möglich sollten nach Köditz kommen. Die Aktion ist gelungen. „Das macht mich stolz auf die Region“, sagt Alexander Spindler. Ob er auch auf sich selbst stolz ist? „Man funktioniert einfach und stellt die Gefühle hinten an“, sagt der Polizeibeamte und frühere Bayern-Hof-Trainer. In ein paar Tagen, so schätzt er, wenn sich die Eindrücke gesetzt haben, wird er in ein emotionales Loch fallen. Aufhören will er aber nicht: „Das Thema muss in die Gesellschaft getragen werden.“ Er trägt dazu bei – über sein Engagement in der Fußballjugend im TSV, über den Sport will er Einfluss auf die Entwicklung der Kinder nehmen, ihr Verantwortungsgefühl und soziales Verhalten schulen, damit auch sie sich für ihre Mitmenschen einsetzen.

So wie die etwa 100  Helfer, die an diesem verregneten Sonntag in Köditz dabei sind. Die Feuerwehren aus Joditz und Köditz regeln den Verkehr, weisen die Fahrzeuge ein. Die Frauenunion Köditz hat im Auftrag des TSV eine Tombola organisiert, 150 Firmen aus der Region haben dafür Sachen und Gutscheine gespendet.

Die DKMS-Registrierungsaktion in Köditz:

Schon lange vor Beginn der Aktion um 13 Uhr stehen die Menschen in Schlangen an, um sich registrieren zu lassen. Andere machen bei der Lauf-Aktion mit: Armin Heinrich von der Laufabteilung des TSV Köditz hat 381 Läufer gezählt  – Kinder, Familien, einzelne Läufer und Nordic Walker. Nicht nur aus dem Landkreis und der Stadt Hof kommen die Menschen, sondern auch aus dem Frankenwald, dem Fichtelgebirge und aus Thüringen.

Andreas Müller, der Vater von Erik, ist zwar in Köditz anwesend, möchte mit der Presse aber nicht sprechen. In einem Telefonat  mit der Frankenpost vor wenigen Tagen hatte er bereits angekündigt, dass dieser Sonntag  ein sehr emotionaler Tag für ihn sein wird. Erik habe mit der Immuntherapie angefangen, erzählte er, er habe Schmerzen im Bauch und leide an Übelkeit.

Merzas Mutter Leyliye Dogruel berichtet in einem kurzen Video-Telefonat davon, dass es ihrer Tochter seit zwei Tagen etwas besser geht. In den vergangenen Tagen konnte das Mädchen wegen einer Schleimhautentzündung im Mundraum nichts zu sich nehmen, eine Reaktion auf die Chemotherapie. „Jetzt  kann sie wieder essen“, berichtet Leyliye Dogruel. Sie sei dankbar und überwältigt, sagt sie, kämpft mit den Tränen und hält ihre rechte Hand ans Herz.

„Es ist Wahnsinn, was hier los ist“, sagt Bernd Schaller, Jugendbeauftragter der Gemeinde Joditz, der in den vergangenen Tagen zusammen mit Alexander Spindler und weiteren Ehrenamtlichen die Aktion geplant und auf die Beine gestellt hatte. Die Metzgereien und Bäckereien haben ihre Produkte gespendet. Die Erlöse kommen den Familien der beiden Kinder zugute. Auch für die   DKMS wurde gespendet – neben vielen privaten Geldspenden in einer Box hat etwa das Gartencenter Dehner aus Oberkotzau einen Spendenscheck von 5000 Euro überreicht.  „Man sieht, dass die Region zusammenhält“, pflichtet  Landrat Oliver Bär Bernd Schaller bei. Er selbst habe sich bereits vor einigen Jahren registrieren lassen.

Die Helfer haben Zelte organisiert, in denen sich die Besucher an Bänken und Tischen zum Essen niederlassen. In der Turnhalle der Göstrahalle haben sie Tische in Reihen aufgestellt. Dort empfangen die Helfer die Ankommenden und drücken ihnen  einen Kit in die Hand.

Die Registrierung dauert etwa zehn Minuten – nachdem man sich über das eigene Smartphone über eine App registriert hat, leitet das Programm durch den Ablauf: Drei Stäbchen jeweils eine Minute lang im Mund herumführen, zwei Minuten trocknen lassen. Das macht auch Julia Schmidt aus Stöckaten, die mit ihrem Mann Christian und den Kindern  Anna und Johannes nach Köditz gekommen ist. „Wir sind eine befreundete Familie von Eriks Familie und leben 200 Meter Luftlinie voneinander entfernt. Wir bekommen alles hautnah mit“, sagt Julia Schmidt. „Wir wollen so viel wie möglich unterstützen.“ Sie habe auch Kuchen gebacken und Lose für die Tombola gekauft.

„Jeder, der gesundheitlich fit ist, sollte sich registrieren lassen“, findet auch der 22-jährige Ricco König aus Hof, der als Kinderpfleger in Issigau arbeitet. „Mir liegen Kinder besonders am Herzen, aber auch an Erwachsene sollte man natürlich denken.“

Eine der Helferinnen ist Yvonne Jakob aus dem benachbarten Wölbattendorf. Sie übergibt die Testkits am Eingang, berät bei Registrierungsproblemen und desinfiziert die Tische. Ihr   Sohn spielt Fußball beim TSV Köditz, erzählt sie, deshalb wollte sie unbedingt dabei sein. Und auch, weil sie selbst ein schwer krankes Kind hat. „Ob Blutspende, Organspende oder Typisierung – jeder sollte helfen, wie er kann.“

Infokasten

„Die Familien sind hier gut vernetzt“ - Auf dem Dorf laufen Registrierungsaktionen besser als in der Stadt. Warum das so ist, erklärt Pamela Kölbl von der DKMS. Wenn ein Familienmitglied, ein Freund oder ein Bekannter an Blutkrebs erkrankt, wollen viele aktiv werden. So war das auch im Fall von Erik und Merza. Kurz nachdem bekannt wurde, dass der Elfjährige an Blutkrebs erkrankt ist, wurde sein Verein TSV Köditz tätig und plante die Registrierungsaktion. Wenige Tage später kam über die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS) der Kontakt zu Merzas Eltern zustande. Das Mädchen aus Hof ist bereits zum zweiten Mal an Leukämie erkrankt. „Wenn Familie oder Freunde sich bei uns melden, planen wir die Aktion“, sagt Pamela Kölbl, die seit 14 Jahren Ansprechpartnerin der DKMS für Registrierungsaktionen ist. Dann werden entweder öffentliche Aktionen wie in Köditz durchgeführt oder personalisierte Online-Aufrufe. „In Köditz hat sich eine öffentliche Aktion angeboten, weil die Familien gut vernetzt sind.“ Vor allem in kleineren Orten wie Köditz funktioniere der Zusammenhalt gut, weshalb die Aktionen hier besser laufen als in größeren Städten, wo man auf Online-Aufrufe setze. Bei den Aktionen lassen sich zwischen 100 und 1500 Menschen registrieren. Die Zahl variiere, je nachdem, wann die letzte Aktion in der Region gewesen ist und wie viele Menschen dort bereits registriert sind.

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