Wie Hempfling hofft auch Landrat Klaus Peter Söllner darauf, dass irgendwann eine Regelung kommt, die sich nicht allein an den Inzidenzwerten orientiert und die vor allem die Nachteile, die kleine Regionen aus dieser Berechnungsformel erleiden, ausgleicht. „Die nackten Inzidenzwerte allein sind nicht voll aussagekräftig“, meint der Kulmbacher Landrat. Er erinnert daran, dass allein in den vergangenen Tagen in Kulmbach weit mehr als 2000 PCR-Tests und Hunderte Schnelltests gemacht wurden.
Wer viel testet, findet auch viele Fälle. So viele Tests wie nur möglich zu machen ist nach Klaus Peter Söllners Überzeugung der richtige Weg. „Viele Tests sind im Sinne der Gesundheitsvorsorge ein hohes Gut.“ Aber testen die anderen Gebietskörperschaften auch so viel wie Kulmbach? Söllner hat daran seine Zweifel und spricht die niedrigen Inzidenzzahlen in Südbayern an. Der Landrat mag nicht glauben, dass in einer Metropole wie München die Inzidenz wirklich bei unter 40 liegt: „Ich glaube nicht, dass alle Mutanten sich verabredet haben, in den Landkreis zu kommen.“
Das ist nicht das einzige Problem, das die Verantwortlichen im Kulmbacher Land derzeit haben. Zunehmend beobachten die Behörden, dass positiv Getestete angeben, keinerlei Kontaktpersonen zu haben. Es habe den Anschein, heißt es aus dem Krisenstab, als würden immer mehr Menschen vor der Verantwortung zurückschrecken, andere praktisch für zwei Wochen durch die Quarantäne außer Gefecht zu setzen. Das, macht der Landrat deutlich, sei in jedem Fall der falsche Ansatz: „Wir sind auf die Richtigkeit der Angaben angewiesen.“ Hempfling gibt den dringenden Rat, ehrlich zu sein: „Das hilft allen am meisten. Nichts ist schlimmer als unentdeckte Infektionen“, betont er und hat dabei vor allem die Mutante im Blick, die sich rasend schnell im Landkreis ausgebreitet hat.
Noch etwas macht Oliver Hempfling zu schaffen. Er erzählt, dass er am Wochenende in Kulmbach seinen Kindern ein Eis geholt hat. Bei dem wunderbaren Frühlingswetter seien trotz der geschlossenen gastronomischen Betriebe sehr viele Menschen in der Stadt unterwegs gewesen. In der Schlange vor der Eisdiele sei alles geordnet gelaufen. „Aber wenn man da so steht und sich umschaut, dann entdeckt man binnen kürzester Zeit zahlreiche Maskenverstöße.“ Genau das sollte gerade jetzt nicht passieren.
Das sagt Hempfling auch in Bezug auf die wegen der hohen Inzidenz mit Ausnahme der Notversorgung weiter geschlossenen Grundschulen und Kitas. Eltern und Kinder, das haben die Behörden in den vergangenen Tagen oft betont, warten sehnsüchtig auf die Öffnung. Doch die ist, gesetzlich geregelt und nicht in der Macht des Landratsamts, an Inzidenzen von unter 100 gekoppelt. Schnellen die Zahlen weiter nach oben, müsse man auch über die Frage reden, ob die Abschlussklassen, zum Beispiel die Abiturienten oder Realschüler weiter zum Präsenzunterricht kommen können-
Einen konkreten Wert, ab wann diese Schüler daheimbleiben müssen, gebe es zwar nicht. Das müsse im Einzelfall entschieden werden. „Wir werden den Präsenzunterricht für die Abschlussklassen so lange ermöglichen wie es nur geht“, macht Hempfling deutlich. „Schließlich schreiben am Ende alle die gleichen Abschlussprüfungen, unabhängig davon, wie lang sie sich auf die Prüfungen in der Schule vorbereiten konnten.“