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Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hält die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Einschleppung und Verbreitung der Variante in Europa für hoch. Zu bedenken beim Thema Verbreitung ist auch: Der geografische Ursprung von Omikron muss nicht in Südafrika liegen, wie Drosten erklärt. „Angrenzende Länder, die starke Reiseverbindungen mit Südafrika unterhalten, haben eine geringer ausgeprägte Virusüberwachung als Südafrika.“ Zudem liege der Flughafen Johannesburg in der Provinz, in der das Virus in Südafrika zuerst bemerkt wurde.
Wie gut schützen die derzeit verwendeten Impfstoffe gegen Omikron?
Erste Laboruntersuchungen der Hersteller dazu laufen derzeit, mit Ergebnissen wird in etwa zwei Wochen gerechnet. Die genetischen Eigenschaften lassen Experten jedenfalls um den Impfschutz bangen: B.1.1.529 hat Mutationen an mehreren dafür entscheidenden Stellen. „Nach derzeitigem Ermessen sollte man davon ausgehen, dass die verfügbaren Impfstoffe grundsätzlich weiterhin schützen“, so Drosten. Gerade der Schutz gegen schwere Erkrankungen sei besonders robust gegen Virusveränderungen.
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Auch bei verringerter Wirksamkeit bleibe die Impfung die beste Option, betonte Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI). „Alle Menschen, die sich impfen lassen, fangen nicht bei null an, wenn sie sich mit einer neuen Variante infiziert haben.“ Sie hätten auf jeden Fall schon einen gewissen Impfschutz, das sei entscheidend zu wissen. Dem Berliner Infektionsimmunologen Leif Erik Sander zufolge hat Omikron zwar viele Veränderungen an Stellen, an denen gerade die besten Antikörper binden können. „Aber unser Körper bildet eine Unmenge an verschiedenen Antikörpern.“ Hinzu kämen spezielle Zellen der Immunabwehr, die in der Regel ganz andere Stellen erkennen als die Antikörper. „Also wir haben immer ein Netz und einen doppelten Boden“, sagte der Immunologe der Berliner Charité.
Wie sieht es beim Risiko für eine erneute Corona-Infektion aus?
„Die Genom-Veränderungen weisen darauf hin, dass dieses Virus einen Immunescape zeigen könnte“, erklärt Drosten. Auch das Fallgeschehen in Südafrika lasse plausibel erscheinen, dass Omikron eine gegen andere Sars-CoV-2-Versionen aufgebaute Immunabwehr umgehen könnte: Die derzeit nachgewiesenen Infektionen fänden in sehr großem Maße bei vorher bereits Genesenen statt - es stecken sich also Menschen an, die schon mit Delta oder einer anderen Variante infiziert waren. Dies allein könne im Fall von Südafrika auch schon eine Erklärung für eine relativ zum vorher zirkulierenden Delta-Virus erhöhte Übertragbarkeit sein. Wichtig zu wissen ist aber auch, wie Drosten betont: Für einen kompletten Ausfall des Immunschutzes wären nach wissenschaftlichem Kenntnisstand noch „bedeutend viel mehr Mutationen“ im Spike-Protein erforderlich.
„Für eine veränderte Krankheitsschwere gibt es derzeit keine Hinweise“
Erkranken mit Omikron Infizierte schwerer?
„Für eine veränderte Krankheitsschwere gibt es derzeit keine Hinweise“, betont Drosten, Leiter der Virologie in der Berliner Charité. Nach Angaben der Mediziner-Vereinigung SAMA in Südafrika erkrankten die dort Betroffenen bisher nicht schwerwiegender. Allerdings stehen die Analysen dazu noch am Anfang, Südafrika hat zudem andere Grundvoraussetzungen - etwa eine andere Altersstruktur - als Länder wie Deutschland. Hinzu kommt, dass sich in Südafrika großteils Menschen infizierten, die schon von einer anderen Variante genesen waren, also schon einen gewissen Immunschutz haben. Aussagen über den Krankheitsverlauf seien derzeit nicht möglich, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI). „Dazu haben wir momentan einfach zu wenige Fälle.“
Wenn so viele Dinge zu B.1.1.529 noch gar nicht genau bekannt sind, warum sofort die große internationale Besorgnis?
Omikron trägt so viele Mutationen wie noch von keiner Variante zuvor bekannt, davon allein mehr als 30 beim Spike-Protein, über das das Virus an menschliche Zellen andockt. Gegen das Spike-Protein bildet der Körper bei einer Ansteckung mit dem Virus Antikörper. Auch viele der Impfstoffe regen das Immunsystem zur Bildung von Antikörpern gegen dieses Protein an. Hinzu kommen - neben weiteren mit unbekannten möglichen Folgen - die Mutationen nahe der schon genannten Furin Cleavage Site.
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Omikron vereine erstmals kritische Mutationen in der Rezeptorbindungsstelle aus den Varianten Alpha (erstmals nachgewiesen Ende 2020 in England), Beta (Südafrikanische Epidemie im zweiten Halbjahr 2020), Gamma (Brasilien 2020) und Delta (Indien 2021 und jetzt global vorhanden), erklärte Drosten. Für eine Bewertung und Einordnung der Veränderungen brauche es nun weitere Daten. Reisebeschränkungen als Vorsichtsmaßnahme hält der Virologe für sinnvoll: „Eine Kontrolle der Verbreitung durch Unterbindung von Flugverbindungen nach Deutschland ist in der Frühphase der Einschleppung von Infektionen wirksam und damit zum aktuellen Zeitpunkt gerechtfertigt.“
Wie läuft der Nachweis von Omikron?
Mit einem herkömmlichen PCR-Test lässt sich lediglich feststellen, ob eine Infektion mit Sars-CoV-2 vorliegt, nicht mit welcher Variante. Daneben gibt es variantenspezifische PCR-Testungen, mit denen sich bereits bekannte Virusvarianten wie Delta erkennen lassen. Dabei werden charakteristische Mutationen meist innerhalb des Spike-Proteins mittels PCR erfasst. Omikron weist eine bestimmte Veränderung auf, die sich dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge in einzelnen diagnostischen Tests ähnlich wie bei der Alpha-Variante darstellen kann. Alpha ist derzeit in Deutschland und anderen Ländern kaum noch verbreitet, die Variante wurde von Delta weitgehend verdrängt - was einen Nachweis von Omikron bei anschlagendem Test wahrscheinlich macht. Bis zu einem speziell für Omikron geschaffenen Test gebe aber nur eine Gesamtgenomsequenzierung absolute Sicherheit, heißt es vom RKI.
Warum Omikron und nicht Ny als Name?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) benennt auffällige Varianten von Sars-CoV-2 seit einiger Zeit nach den Buchstaben des griechischen Alphabets. Damit soll verhindert werden, dass die Orte, an denen die Varianten erstmals auftreten, als Bezeichnung verwendet und sprachlich an den Pranger gestellt werden. Der Reihenfolge nach hätte nun Ny folgen sollen - doch die WHO ließ diesen und auch gleich den folgenden Buchstaben Xi aus. Warum? Ny, das auf Englisch Nu heißt, klinge zu sehr nach „new“ (deutsch: „neu“) und wäre daher missverständlich gewesen, hieß es dazu von der WHO. „Xi wurde nicht verwendet, weil es ein verbreiteter Nachname ist.“ Virus-Bezeichnungen sollten keine ethnischen oder regionalen Gruppen verletzen. Wobei Xi zwar in China und in Ländern mit Han-chinesischer Bevölkerung gebräuchlich ist, aber zumindest in China kein sehr häufiger Name. Es gibt allerdings einen sehr wichtigen Namensträger: den chinesischen Staatschef Xi Jinping.