Kriminelle am Werk
Die angegriffenen Unternehmen vermuten, dass die Täter hauptsächlich aus der organisierten Kriminalität stammen (70 Prozent). Sie schätzen, dass ausländische Nachrichtendienste für 20 Prozent der Angriffe verantwortlich sind. Vor einem Jahr identifizierten sie Geheimdienste nur bei 7 Prozent der Vorfälle als Täter. Bei 27 Prozent der Angriffe handelte es sich um Racheaktionen von aktuellen oder ehemaligen Mitarbeitern.
Die Umfrage des Bitkom zeigt das Ausmaß der Bedrohung. Acht von zehn Unternehmen in Deutschland (81 Prozent) berichten, dass sie in den letzten zwölf Monaten von Datendiebstahl, Diebstahl von IT-Geräten, Industriespionage oder Sabotage betroffen waren. Weitere zehn Prozent vermuten dies. Verfassungsschutz-Vizepräsident Sinan Selen geht davon aus, dass noch mehr Firmen angegriffen wurden. "Die fehlenden neun Prozent wissen es schlicht und einfach nicht. Wir müssen davon ausgehen, dass praktisch jedes Unternehmen hier Gegenstand eines Angriffs ist. Nur manche erkennen diese Angriffe nicht."
Digital und analog
Die Attacken gegen die Unternehmen in Deutschland finden nicht nur im digitalen Cyberraum statt, sondern auch in der analogen Welt. Dazu gehört der Diebstahl von IT- und Telekommunikationsgeräten, von dem 62 Prozent der Firmen betroffen waren. 74 Prozent der Unternehmen geben an, dass bei ihnen Geschäftsdaten digital ausgespäht wurden. Betroffene Unternehmen berichten häufig von gestohlenen Kundendaten (62 Prozent, plus 6 Prozentpunkte), Zugangsdaten oder Passwörtern (35 Prozent, plus 12 Prozentpunkte) sowie geistigem Eigentum wie Patenten und Informationen aus Forschung und Entwicklung (26 Prozent, plus 9 Prozentpunkte). Am häufigsten sind allgemeine Kommunikationsdaten wie E-Mails betroffen (63 Prozent, plus 1 Prozentpunkt).
Umgang mit China
Bitkom-Präsident Wintergerst sagte, die Unternehmen müssten ihre Schutzmaßnahmen weiter hochfahren. "Das gilt für digitale ebenso wie klassische Angriffe wie etwa das Abhören von Besprechungen oder den Diebstahl von physischen Dokumenten." Gleichzeitig räumte der Branchenvertreter ein, dass es insbesondere gegenüber China schwerfalle, sehr hohe Schutzmauern einzuziehen oder sogar Kontakte aufzugeben. "Was über mehrere Jahrzehnte aufgebaut wurde an Lieferketten, an Gemeinschaftsunternehmen oder anderen Konstruktionen, das lässt sich nicht innerhalb von wenigen Jahren rückabwickeln. Das ist einfach unmöglich." Man finde oftmals in der Weltwirtschaft gar keine Alternativen.
Verfassungsschutz-Vizepräsident Selen sagte, man müsse auch nicht die Mauern gegenüber China hochziehen und damit Kooperation und Handel einstellen. "Es geht schlichtweg darum, nicht nur die Chancen zu sehen, sondern auch die Risiken. Man muss den Partner China so einordnen, wie er nun mal ist." Es gebe eine enge Verzahnung staatlicher Institutionen mit den jeweiligen Partnern vor Ort. "Und daraus entstehen gewisse Risiken."