Seit ein paar Tagen haben die Kinder Ferien. In der Ukraine dauern die bis Ende August, also praktisch den ganzen Sommer. Sofia war schon sehr aufgeregt. Jetzt ist sie glücklich und froh darüber, dass der ewige Online-Unterricht mal Pause hat. 
Natürlich ist nichts wie sonst. In den vergangenen Jahren war es immer so: Wer Geld hat, fliegt mit der Familie in die Türkei oder nach Ägypten. Die anderen fahren ans Meer.  Also immer Richtung Süden.  Bis zum Asowschen Meer, wo auch Mariupol liegt, braucht man rund vier Stunden mit dem Auto.  Die Alternative ist das  Schwarze Meer. Das ist auch nicht weiter weg und vor allem die Region rund um Odessa war immer eine Reise wert. Auf meinen Reisen durch Russland und die Ukraine habe ich das immer wieder erlebt, dass die Menschen im Sommer oft sogar ein, zwei Monate an ihrem Urlaubsort verbracht haben. Das rührte noch aus sowjetischen Zeiten her. In Hotels, aber auch in ganz primitiven privaten Unterkünften. Das hat niemanden gestört. Hauptsache, man ist tagsüber am Meer. 
Vor ein paar Jahren waren wir mit dem Bus alle gemeinsam in Nikopol, das ist hier ganz in der Nähe. Dort ist am gewaltigen Fluss Dnjepr ein herrlicher weißer Sandstrand. Das waren ganz wundervolle und unbeschwerte Tage. Daran ist jetzt natürlich nicht zu denken.
Gestern bin ich um 7 Uhr aufgewacht. In der halben Stunde danach gab es fünf Mal Luftalarm. Trotzdem versuchen wir es so gut zu nehmen, wie es geht. Tagsüber klettern die Temperaturen fast jeden Tag auf über 30 Grad. Abkühlung gibt es im Garten unter der Sommerdusche. Auch die hat hier Tradition. Auf dem Dach haben die Menschen einen Tank. Das Wasser heizt sich in der Sonne auf und ist schön warm. Freibäder wie bei uns gibt es kaum. Wer baden will, tut dies meist in den Flüssen. 
Auch ohne das Meer: Sofia ist ganz guter  Laune. Das wichtigste für sie ist, dass ihre Freunde da sind. Sie spielen von früh bis abends miteinander. Eine ihrer besten Freundinnen ist die Tochter von einem Nachbarn. Deren Vater möchte, dass sein Kind immer ganz in der Nähe bleibt. Bei Luftalarm gehen sie zwar nicht in den Keller, aber das beruhigt ihn offenbar.   Klar, jeder macht sich Sorgen um die eigenen Kinder. Einen anderen Nachbarn habe ich an Pfingsten auf ein Bier eingeladen. Wir saßen an einem Biertisch, den ich mal in Polen gekauft habe. Ein bisschen war das wie bei der Kulmbacher Bierwoche. Wir haben dann die bayerische Fahne gehisst und bis Mitternacht im Garten verbraucht. Auch so etwas muss zwischendurch mal sein. Protokoll: awu