Ukraine-Tagebuch „Sogar der Himmel ist auf unserer Seite“

Hans-Thomas Simmler aus Mainleus ist seit Wochen bei seiner Tochter Sofia und deren Mutter in der Ukraine. Von dort schildert er uns regelmäßig, wie sich das Leben im Krieg täglich verändert.

 
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Thomas Simmler mit Tochter Sofia und deren Mutter Irina.Foto:privat Foto:  

„An diesem Wochenende feiern wir Osterfest. Für mich ist es quasi das zweite hintereinander. Letzte Woche habe ich einen Gottesdienst der Neuapostolischen Kirche in Kulmbach live im Internet gesehen. Das war sehr bewegend. Überhaupt spielt der Glaube im Krieg wieder ein viel wichtigere Rolle hier in der Ukraine.

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Vorher war es nicht viel anders als in Deutschland. Zwar gibt es vor allem einige ältere Menschen, die sehr gläubig sind, aber die Mehrheit war an der Kirche kaum interessiert. Jetzt ist das anders. Viele beten und hoffen auf Gottes Hilfe. Das tröstet und gibt Kraft.

Vor einer Woche hat ein Berater Selenskyjs zehn Tage Regen in Folge vorausgesagt. Und tatsächlich kam es bislang so. Das erschwert den Russen den Vormarsch bei ihrer Großoffensive im Osten. Die Ukrainer deuten es so, dass sie Unterstützung aus dem Himmel erhalten. „Sogar das Wetter ist für uns“, sagt man.

Dass die Armee es geschafft hat, das Flaggschiff der russischen Marine zu versenken, gibt Auftrieb. Das war ein echter Feiertag, auch wenn es darauf eineinhalb Tage lang unterbrochen Luftalarm gab. Putin muss vor Wut gekocht haben.

Dass sich der Krieg jetzt in den Osten des Landes verlagert, könnte etwas mehr Sicherheit für uns bedeuten. Die Hoffnung, bald wieder ein normales Leben führen zu können, ist da. Aber wer will bei diesem Verrückten etwas voraussagen? Ich war bis 2012 immer wieder in Russland. Schon damals wurde das Volk belogen und die Regierung hat Aggressionen gegen die Ukraine geschürt. Im Prinzip hat Putin sein Volk fast 20 Jahren so auf diesen Krieg vorbereitet. Die Lügen mit den Faschisten oder den Chemiewaffen waren nur der letzte Schritt.

Wir hoffen jetzt auf ein bisschen Friede und Freude an Ostern. Das Fest dauert hier immer nur bis zum Sonntag. Es gibt ein spezielles Gebäck und Schaschlik vom Grill. Auch Ostereier spielen eine Rolle. Sie werden aber nicht versteckt, sondern in einer Zwiebelsauce weinrot gefärbt. Bei einem Spiel schlagen zwei Menschen je ein Ei aneinander. Sieger ist der, dessen Ei heil bleibt. Mal sehen, ob es mir gelingt.