Die Mär von einem Markt und einem fairen Preis
Bei Diskussionen um systemrelevante Güter wie Gas als Wärmeträger wird häufig ein unpassendes Marktmodell bemüht, nämlich das eines nahezu idealtypischen Marktes, wie er praktisch nur an Börsen anzutreffen ist.
In einer Börse - oder, im Internetzeitalter breiter gefasst: an einem Handelsplatz - bildet sich ein Preis zwischen nahezu perfekt informierten Marktteilnehmern. Etwa an der New York Mercantile Exchange NYMEX wird Gas per "open outcry" oder seinem elektronischen Pendant gehandelt. Dabei werden Kauf- und Verkaufsangebote an alle Marktteilnehmer publiziert. Nischen, in denen ungewöhnlich wird teurer oder billig gehandelt wird, bilden sich nicht oder werden durch sogenannte "Arbitrage" binnen Sekunden neutralisiert.
Preisdifferenzen zwischen verschiedenen Marktplätzen lassen sich in Zeiten elektronischer Kommunikation binnen Sekunden schließen.
Im Börsenhandel entsteht so tatsächlich "ein" Markt" und "ein" fairer Preis.
Für Endkunden von Energieversorgern hat dieses nahezu idealtypische Marktmodell hingegen kaum Relevanz. Der Endkunde kann seinen Bedarf nicht aus einem weltweiten gestreuten Anbieterpool just in time decken, geschweige denn Arbitrage zu seinen Gunsten betrieben. Der Endkunde ist an Dauerlieferverträge mit Anbietern gebunden, die in seine Region liefern.
Deshalb gilt für Gaskunden der Kalauer zu Schillers Glocke:
"Drum prüfe, wer sich [lange] bindet ... ob er nicht doch 'was Besseres findet!"