Schüler unterrichten Schüler Denkfabrik am Hofer Gymnasium

Moritz Werner

Am Hofer Schiller-Gymnasium bringen Oberstufenschüler den jüngeren Technik und Informatik bei. Dabei sollen künftig auch Produkte entstehen, die sich verkaufen lassen.

 
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Interesse für Naturwissenschaften und Technik wecken und dabei Kreativität und Problemlösungsfähigkeit fördern – das steht im Vordergrund bei der „Denkfabrik“ im Hofer Schiller-Gymnasium. Hierbei leiten die Oberstufenschüler die jüngeren Schüler an.. Foto: Frank Wunderatsch

Ein Lehrer beugt sich über eine Gruppe junger Schüler und hilft ihnen bei der Konstruktion eines Mäusefallenautos. Doch der „Lehrer“ ist hier selbst ein Schüler: Jugendliche aller Altersstufen haben sich jüngst beim „Maker Day“ des Schiller-Gymnasiums mit dem Bauen und Ausführen verschiedener Projekte beschäftigt. Für die Ältesten ist es die zweite „Bavarian Space Elevator Challenge“, bei der von Schüler-Teams gebaute Roboter aus verschiedenen Materialien ein Seil bis auf die Höhe des Schuldachs hinauffahren. Keine so leichte Aufgabe: „Ein Team hat fast die ganze Nacht durchgearbeitet“, erzählt Bastian Schatz, Informatik-Lehrer und Organisator des Wettbewerbs und des dazugehörigen Projektseminars „Denkfabrik“.

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Für alle etwas geboten

Laut den Aussagen der Schüler, die hinter dem Projekt Denkfabrik stehen, ist eines ihrer Ziele das Wecken von Interesse an Technik, Informatik und Naturwissenschaften bei bei ihren jüngeren Mitschülern. Zu diesem Zweck wurden noch drei weitere Wettbewerbe für Schüler aller Klassenstufen neben dem Space Elevator veranstaltet.

Diese Wettbewerbe fanden in der Aula statt. Teilgenommen haben die Kinder in Teams. Die Jüngsten konstruierten Autos aus Mausefalle: Modellfahrzeuge, die allein durch die Energie der gespannten Mausefalle angetrieben werden. Andere mussten Brücken bauen – und durften dafür lediglich Eisstiele verwenden. Zehn Kilo sollten die selbst gebauten Brücken aushalten. „Das schafft die locker“, kommentiert einer der angehenden Ingenieure stolz das Werk seiner Gruppe. Bei dem letzten Wettbewerb drehte sich alles um Murmeln: Es sollte eine Murmelbahn allein aus Papier aufgebaut werden. Dem regen Treiben in der Aula nach hat die Taktik der Denkfabrik funktioniert: Die Schüler waren in ihren jeweiligen Wettbewerben mit Begeisterung bei der Sache.

Was ist die Denkfabrik?

„Denkfabrik“ ist der Name des Projektseminars, das die Wettbewerbe des „Maker Day“ ausgerichtet hat. Die Mitglieder sind technisch und naturwissenschaftlich orientierte Oberstufenschüler des Schiller-Gymnasiums. Dahinter steht die Idee eines pädagogischen Konzepts, bei dem Schülerinnen und Schüler aktiv im Lernprozess involviert sind. Laut Lehrer Bastian Schatz, Leiter des Seminars, fördert das kritische Denkfähigkeiten und Problemlösungskompetenzen. Zu diesem Zweck öffnet die „Denkfabrik“ an drei Tagen in der Woche nach Unterrichtsschluss ihre Tore.

Hier können dann interessierte Schüler mit ihren eigenen Projekten zu den Mitgliedern der „Denkfabrik“ kommen und Fragen stellen oder sich mit ihnen austauschen. Dazu gibt es einen eigenen Raum, in dem sich die Schüler meist in Kleinteams treffen und an ihren Projekten arbeiten, die teilweise monatelang laufen.

„Schüler lehren Schüler“ ist laut Schatz dabei die Devise. Das Projekt soll auch Eigeninitiative und Kreativität fördern. Die Schüler werden vom regulären Unterricht unabhängig zum eigenständigen Lernen angeregt. Und es scheint zu funktionieren: Die „Denkfabrik“ hat schon viele Projekte realisiert, unter anderem selbsterklärende Anleitungen für Schüler, Design und Druck von 3D-Modellen, und aktuell im Gange sind Bau und Programmierung einer Drohne.

Unterstützung bekommt die „Denkfabrik“ gleich von mehreren Seiten außerhalb der Schule: Als Sponsoren konnten sie die Wilo-Stiftung und die Hans-Viessmann-Technologie-Stiftung gewinnen. Auch lokale Firmen kooperieren: Die Firma Herrmann & Wittrock stellte die Hebebühne für die Space Elevator Challenge kostenlos zur Verfügung. Die Firma Bluevision baute neben der Hebebühne eine Videowand mit dazugehöriger Drohne auf, damit das Schauspiel von den Zuschauern einfacher verfolgt werden konnte.

Große Pläne für die Zukunft

Wie wird es für die „Denkfabrik“ weitergehen? Schatz und seine innovativen Schüler haben eine Menge Ideen. Langfristig möchten sie, dass sich das P-Seminar selbst finanziert. Momentan stellt die Denkfabrik kostenlos Werkzeuge und Rohmaterialien, zum Beispiel Filament für 3D-Drucker, bereit. „Das würden wir gerne so halten, wenn wir können“, sagt eines der Denkfabrik-Mitglieder. Nun soll eine Schülerfirma gegründet werden, um eventuelle Prototypen anmelden und sogar Aufträge von außen annehmen zu können.

Zudem will die Denkfabrik weiter an Wettbewerben und Messen teilnehmen. Im Oktober werden die Schüler und Schülerinnen zum Beispiel an der iENA in Nürnberg mit einem Stand vertreten sein. Der Grund hierfür ist der Gewinn des Innovationspreises des Verbands deutscher Ingenieure beim Finale des VisionING-Wettbewerbs in Erlangen.

Außerdem soll ihr Programm weiter ausgebaut werden. Zu diesem Zweck wollen die Schüler sowohl AGs und verschiedene Wettbewerbe, wie die bereits vorgestellten, ins Leben rufen, als in Kooperation mit Firmen und der Hochschule Hof Workshops zu technischen und naturwissenschaftlichen Themen auf die Beine stellen. So ist etwa geplant, dass die Hochschule wöchentlich Studenten an die Schule schickt, die dort zu verschiedenen Themen, zum Beispiel App-Programmierung, referieren. Außerdem sollen die Mitglieder der Denkfabrik regelmäßige Unterrichtsstunden für jüngere Schüler halten, zum Beispiel für den Einstieg in den 3D-Druck.

Aufruf an andere Schulen

Auch die „Bavarian Space Elevator Challenge“ soll weitergehen. „Wir wollen das jetzt jedes Jahr machen“, sagt Lehrer Bastian Schatz. 2019 fand sie schon einmal statt, wurde dann aber durch die Corona-Pandemie ausgebremst. Nun soll es zu einem jährlichen Event werden. Dazu rufen Bastian Schatz und seine Schüler alle Schulen in der Region zur Teilnahme auf. „Die Resonanz zeigt, dass Bedarf da ist“, erklärt der Lehrer.

Bei der diesjährigen Challenge waren nur zwei Teams von Schulen von außerhalb dabei: Das Walter-Gropius-Gymnasium in Selb und die Gutenbergschule aus Wiesbaden, die den Wettbewerb gewann. Im nächsten Jahr will das Schiller-Gymnasium eine breitere Teilnahme erreichen. Bis dahin wird es noch einige Herausforderungen geben, denen sich die „Denkfabrik“ aber gerne stellen wird.