Deutscher Gründlandtag „Grünland hat großen ökologischen Wert“

Uwe Faerber

Wiesen und Weiden werden oft unterschätzt – „dabei sind sie besondere Ökosysteme und erfüllen wichtige Funktionen für Mensch und Natur“, sagt Gerhard Riehl aus Feilitzsch, zweiter Vorsitzender des Deutschen Grünlandverbandes. Wer mehr erfahren will, ist eingeladen zum Deutschen Grünlandtag 2022 nach Selbitz, am Donnerstag und Freitag, 21. und 22. Juli.

 
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Die Bienenweide bei Bad Steben. Grünland bietet vielfältigen Lebensraum für Fauna und Flora. Foto: Manfred Köhler/Archiv

Herr Riehl, wie definieren Sie Grünland?

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Grünland ist ein wichtiger Teil unserer Kulturlandschaft, das durch den Menschen entstanden ist und ohne sein Tun wieder Wald würde.

Was wäre daran schlimm?

Nur Wald? Das Landschaftsbild wäre monoton – und vor allem: Die Artenvielfalt wäre extrem eingeschränkt. Mehr als ein Drittel aller Farn- und Blütenpflanzen wächst auf Grünland, überwiegend Gräser und Kräuter. Von den gefährdeten Arten sind es sogar 40 Prozent. Grünland ist auch Lebensraum für eine vielfältige Fauna und spielt eine große Rolle bei der Biotopvernetzung. Wälder, Wiesen, Weiden, Teiche und Tümpel: Die Abwechslung macht die Qualität. Aber auch als Kohlenstoffspeicher hat das Grünland einen sehr großen ökologischen Wert. Deshalb ist Bewirtschaftung beziehungsweise Pflege des Grünlandes so wichtig, um seine vielfältigen und für die Gesellschaft relevanten Leistungen zu erhalten.

Was ist der Unterschied zwischen Bewirtschaftung und Pflege?

Bei der Bewirtschaftung geht es um die Futtererzeugung für Nutztiere, die entweder weiden oder für die gemäht wird, um Silage oder Heu zu produzieren. In jedem Fall ist es das Ziel, mit der Milch- oder Fleischerzeugung durch das Rind oder Schaf Geld zu verdienen. Bei der Pflege steht der Naturschutz im Vordergrund. Häufig werden Ausgleichszahlungen für die verminderten Futterqualitäten und -mengen gezahlt.

Alle Welt redet davon, dass wir unseren Fleischkonsum einschränken sollen – aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen: Mit dem gleichen Aufwand wäre die Erzeugung von mehr vegetarischen Produkten möglich, um mehr Menschen zu ernähren. Weniger Fleisch, das hieße weniger Tiere, also weniger Weidefläche und mehr Wald, oder?

Sie meinen das Richtige und denken das Falsche: Richtig ist es, den Fleischverbrauch zu senken, gemeint ist aber der Konsum von „schlechtem“ Fleisch. Also Fleisch, das durch Mast mit viel Getreide, Mais und Soja entsteht, meist Schweine und Geflügel. Das sollte reduziert werden. Mit der dafür benötigten Ackerfläche könnte man vier Mal so viele Leute ernähren wie mit dem daraus „gemästeten“ Fleisch.

Und was ist „gutes“ Fleisch?

Fleisch, das überwiegend auf und aus Grünland entsteht: wenn also Rinder weiden oder sehr viel gemähtes Gras fressen. Deren Fleisch hat mehr Omega-3-Fettsäuren mit hoher Qualität. Das wollen wir haben. Meist sind Grünlandstandorte auch gar nicht als Acker geeignet, weil sie zu steil sind, zu nass oder zu trocken, zu mager oder zu flachgründig.

Zum Gründlandtag: Traditionell ist ein Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums Gast.

Darüber freuen wir uns. Diesmal erwarten wir Caroline Hendrischke, die über die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU in Deutschland spricht – mit Bezug zur Grünlandwirtschaft.

Welche Themen stehen noch auf der Tagesordnung?

Es geht um den Beitrag des Grünlands zum Natur-, Biodiversitäts- und Klimaschutz, um die Honorierung der ökologischen Leistungen, um Tierwohl sowie die Wertschöpfung mit Milch- und Mutterkühen und Schafen. Aber auch der Zielkonflikt Weide und Wolf wird thematisiert.

Wie viele Teilnehmer am Grünlandtag erwarten Sie am 21./22. Juli?

Wir erwarten 80 Teilnehmer aus unserer Region und aus ganz Deutschland.

Am zweiten Tag stehen Exkursionen auf dem Programm. Wodurch unterscheiden sich Landwirtschaftsbetriebe in Oberfranken von denen im Schleizer Oberland in Thüringen?

Bei dieser bayerisch-thüringischen Region handelt sich um einen Naturraum mit oft gleichen Problemen – nur die Größe der Höfe differiert. In Oberfranken und Bayern dominieren Familienbetriebe mit kaum Angestellten, mit tendenziell kleineren Flächen und weniger Tieren je Betrieb. In den neuen Bundesländern im Allgemeinen und in Thüringen ist alles eine Nummer größer.